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Zwischenwelten (German Edition)

Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts
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nun eine Weile still nebeneinander her.
    »Da ist ihr Haus.« Micky streckt die Hand aus. »Na ja, eines ihrer Häuser, muss ich eigentlich sagen.«
    Tio erblickt ein graues Holzhaus, gefährlich überhängend am Rand eines Kliffs festgeklammert, das aussieht, als könnte es jeden Moment abstürzen.
    Kenta bemerkt seinen misstrauischen Blick. »Keine Angst, das hängt schon ewig so da.«
    »Kenta hat in Sandbach noch ein Zuhause«, erzählt Micky. »Ein wenig außerhalb in einem Wald. Und ein Haus in einer Stadt auf der anderen Seite des Runjihafens, im salzländischen Belmonde. Noch nie da gewesen? Nein, das hat sich wohl noch nicht ergeben.« Micky lächelt geheimnisvoll. »Komm doch noch mal her, auf manchen Leveln ist es ein sehr schönes Städtchen, äh … geworden, oder, hm … gewesen.«
    Kentas Haus, vor dem sie jetzt stehen, ist ein typischer Runjibau mit den Tio schon bekannten runden Formen und einer eher schlichten Schnitzerei über der Tür.
    »Ist das nicht ein bisschen verrückt, ein Runjihaus außerhalb von Terrasse?«, meint Tio.
    »Hier draußen gibt es noch mehr«, antwortet Micky. »Sie gehörten nicht immer den Runji.« Sie macht Tio auf die Steinfundamente unter den Holzwänden aufmerksam. »Früher waren das einmal salzländische Häuser, aber die Runji kaufen sie auf und bauen sie um. Und das wird in Zukunft noch viel schlimmer. In einiger Zeit gehört hier die ganze Gegend den Runji.«
    Tio runzelt die Stirn. »Runji, die an Land wohnen … sogar auf einem Hügel.« Er erinnert sich an Ayses Enttäuschung, als sie die Fliesen im Badehaus gesehen und die Befürchtung ausgesprochen hat, dass die Runji einmal ganz normale Leute werden und von einem Volk, das auf Holzterrassen die Flüsse bewohnt, zu einem Volk würden, das an Land Häuser aus Stein baut. Vielleicht hat sie ja recht damit, aber das kann er Micky jetzt nicht fragen, denn sie stehen mitten in Kentas Küche, und Kenta bittet sie, die Rucksäcke abzusetzen und an dem großen Tisch Platz zu nehmen.
    Natürlich kann Ayse der schreibenden Ika nicht alles erzählen. Buba und die Kiste lässt sie der Einfachheit halber weg. Ika würde ihr sowieso nicht glauben, dieser Teil ihrer Geschichte ist wirklich zu sonderbar. Aber so schrecklich viel muss sich Ayse nicht aus den Fingern saugen. »Meine Eltern kommen aus einem Gebirge sehr weit weg von hier. Im Winter lag Schnee, und im Sommer war es so glühend heiß, dass die Erde knochentrocken geworden ist. Es war eine arme Gegend, und meine Eltern haben das Land verlassen, als sie gerade neunzehn waren. Dann kamen sie …«
    »Zu der reisenden Gesellschaft?«, fragt Ika interessiert. »Die Wanderbühne, von der du schon gesprochen hast?«
    »Ja.« Ayse nickt.
    »Na, da hast du ja schon ganz schön was von der Welt gesehen.«
    »Ähem, ja«, meint Ayse zögernd.
    »Ach, wie gerne wäre ich wieder unterwegs.« Ika seufzt, und ihr Blick wird sehnsüchtig. »Ich würde gerne mit dir tauschen, Kind, auch wenn ihr nicht über das Wasser, sondern über Wege reist.«
    Ayse rutscht auf ihrem Schemel hin und her.
    »Und es ist das erste Mal, dass du hier in dieser Gegend bist?«
    Ayse nickt. »Wir sind hier vor, mal überlegen … rund sechs Tagen angekommen.« In Gedanken versucht sie schnell die Nächte zu zählen, die sie jetzt schon in dieser Welt sind. Ach, was brachte das denn. Sie zieht die Schultern hoch. »Ich weiß es nicht mehr genau. Ich glaube nicht, dass ich früher schon mal von Sandbach gehört hab, und auch nicht von Terrasse. Und ich weiß nicht, ob ich es hier wirklich schön finde.« Mit zusammengezogenen Augenbrauen sieht sie Ika verschmitzt an. »Darf ich sagen, was ich denke? Ich finde, dass Sie hier komische Vorschriften haben, und die erklären Sie den Touristen und Besuchern nicht einmal. Und warum müssen auch wir uns verbeugen, wenn der Umzug kommt, wo es doch gar nicht unsere Königin ist, die da vorbeizieht?«
    »Königin?«
    »Na ja, bei Ihnen heißt sie zufällig die Maile«, brummt Ayse. »Als Sie die Bedeutendste waren, waren Sie da auch so streng?«
    »Nein, aber damals waren wir noch ein reisendes Volk und hatten ganz andere Probleme: die Versorgung mit Lebensmitteln, Boote, die leck geschlagen waren, feindliche Gebiete, durch die wir zogen, und lauter solche Sachen.«
    »Aber Salzland ist doch sicher kein feindliches Gebiet, oder?«
    »Oh, als wir uns hier gerade niedergelassen hatten nicht, aber dann durchaus, und wie!« Ika nickt so wütend mit ihrem kahlen

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