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Zwischenwelten (German Edition)

Zwischenwelten (German Edition)

Titel: Zwischenwelten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mariëtte Aerts
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geschlafen haben.« Sie werden sie sehr mutig finden, vielleicht wird ihr Porträt an einem bedeutenden Ort aufgehängt … Ein Standbild von ihr auf irgendeinem Platz in Sandelenbach aufgestellt.
    Den Kopf voller herrlicher Fantasien, geht Ayse zurück in die kleine Hafenstadt.
    »Komm.« Kivan gibt Tio ein Zeichen. »Ich nehme dich mit zum Angelsteg. Nicht dass ich irgendwann mal angeln würde, aber da kannst du schön rumhängen und nichts tun.«
    »Darf ich denn hier raus? Ich hab gedacht, dass ich gefangen gehalten werde.«
    Kivan schnaubt nur verächtlich. »Na komm, wir wissen doch schon alles von dir. Und nach deinen Briganten sollen ein paar Kundschafter schauen.«
    Widerwillig geht Tio hinter Kivan her. Er mag den Jungen nicht besonders, aber hier in dem kleinen Zimmer hocken zu bleiben, ist grausam langweilig.
    Kivan bringt ihn zu einem Holzsteg, der weiter vorn direkt in den Fluss ragt. Er liegt ein Stück von dem Runjidorf entfernt. Von einem hohen Schilfgürtel vor dem Wind geschützt, kann man hier tatsächlich wunderbar sitzen.
    »Da haben ein paar Leute ihre Angelruten vergessen«, meint Tio.
    »Natürlich nicht«, sagt Kivan kopfschüttelnd. »Die sind für alle.«
    »Bei uns ist Angeln mehr was für alte Männer«, rutscht es Tio raus, ohne dass er sich dessen bewusst wäre, wie herablassend das für den Runjijungen klingen muss. Er geht in die Hocke und setzt sich auf den Stegrand.
    »Ach ja?« Kivans Stimme klingt eisig.
    Tio dreht sich zu ihm um. Zu spät begreift er, dass er den Jungen beleidigt hat. Natürlich, die Runji sind ein Volk von Fischern, und sie scheinen alles schrecklich ernst zu nehmen, was mit Fischen zu tun hat. Beschämt tut Tio so, als müsste er sich um den Riemen seiner Sandale kümmern. »Ich zieh mal meine Sandalen aus.« Die Runji werden doch wohl nicht auch noch beleidigt sein, wenn er seine (verschwitzten) Füße in ihren (sauberen) Fluss baumeln lässt? Nein, Kivan folgt seinem Beispiel und setzt sich neben ihn.
    Tio beschließt, Kivan ein paar Fragen zu stellen. Hoffentlich beleidigt er ihn damit nicht schon wieder. »Warum wollen die Runji alle Häuser der Salzländer kaputt schießen?«
    »Na … das ist doch wohl klar … Sie haben uns hier nun wirklich nicht besonders freundlich aufgenommen.« Kivan wirkt ziemlich sauer.
    »Aber warum seid ihr hergekommen?«
    »Wir sind hier jedes Jahr hergekommen«, meint Kivan und zuckt mit den Schultern. »Da haben sie nie so ungastlich auf uns reagiert. Bis wir gekommen sind, um hier zu wohnen.«
    »Aber hier jedes Jahr mal vorbeizusehen ist ja auch was anderes, als hier zu wohnen.«
    »Ach ja? Wem macht das denn was aus?«
    »Mir nicht«, sagt Tio. »Aber die Salzländer haben damit offenbar Probleme.«
    Kivan lacht verächtlich. »Na klar, denen gehen ein paar Fische durch die Lappen. Als ob die ihr Eigentum wären! Die Fische gehören niemandem, soviel ich weiß. Erst wenn sie gefangen sind, gehören sie dem Fischer, in dessen Netz sie liegen.«
    »Ist das alles, dass ihr ein paar Fische aus ihren Flüssen fangt?« Es musste doch um mehr gehen, das konnte doch gar nicht anders sein. »Das ist wirklich alles, worum ihr euch streitet? Das kann ich mir kaum vorstellen. Ich meine, wegen so was führt man doch keinen Krieg?«
    Kivan trommelt mit seinen Knöcheln einen langsamen Rhythmus auf die Stegbretter. Er wirft Tio einen finsteren Blick zu. »Nicht aus ihren Flüssen«, sagt er dann. »Die Fische holen wir vor allem aus dem Meer. Früher nicht. Da hatten wir keine seetüchtigen Schiffe. Aber die Runji sind Wassermenschen und außerdem hochbegabte Holzhandwerker. Leichte, schelle Boote zu entwerfen, die außerdem noch einen Stoß vertragen können, das war für uns ein Kinderspiel. Die Salzländer beklagen sich jetzt, dass wir ihnen ganze Fischschwärme vor der Nase wegfangen, und das stimmt auch. Wir sind nämlich viel schneller und wendiger als sie mit ihren plumpen Booten.«
    »Hm«, macht Tio. »Also haben sie schon ein bisschen Grund, sich zu beklagen?« Er späht über das Wasser. »Und wo liegen eure seetüchtigen Schiffe, doch nicht hier irgendwo?«
    »Nein, weiter vorne bei der Flussmündung, am anderen Ufer. Da haben wir unsere eigenen Anleger gebaut.« Kivan schnalzt mit der Zunge. »Es hat ganz schön gedauert, bis die fertig waren. Während sie gebaut wurden, sind sie dreimal in Brand gesteckt worden. Von Fischern aus Sandelenbach.«
    »So hat das ganze Gezerre also angefangen?«
    »Na ja, wir konnten ihnen

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