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Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition)

Titel: Zwölf Jahre Ein Sklave: 12 Years a Slave (Gesamtausgabe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Solomon Northup
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bereits neun Jahre versklavt, immer wachsam und auf der Hut, bevor ich das Glück hatte, ein Blatt Papier zu ergattern. Während Epps eines Winters in New Orleans weilte, um seine Baumwolle loszuwerden, schickte mich die Herrin nach Holmesville, um einige Dinge zu besorgen – darunter auch Kanzleipapier. Ich unterschlug ein Blatt davon und versteckte es in meiner Hütte unter dem Brett, auf dem ich schlief.
     
    Nach einigen Experimenten gelang es mir Tinte herzustellen, indem ich weiße Ahornrinde auskochte, und eine Entenfeder diente mir als Ersatz für einen Stift. Als alle in der Hütte schliefen gelang es mir im Licht der glimmenden Kohlen und auf meinem Brett liegend, eine längere Epistel zu schreiben. Sie war an einen alten Bekannten in Sandy Hill adressiert, beschrieb meine Lage und enthielt die Bitte, Maßnahmen zu meiner Befreiung einzuleiten. Diesen Brief hatte ich längere Zeit bei mir und konnte so ausklügeln, wie ich ihn sicher im Postamt abgeben konnte. Nach geraumer Zeit kam ein mieser Kerl namens Armsby, der nicht aus dieser Region war, in unsere Nachbarschaft und suchte eine Anstellung als Aufseher. Er bewarb sich bei Epps und war einige Tage auf der Plantage. Dann ging er rüber zu Shaw und blieb dort einige Wochen. Shaw war üblicherweise von solchen undurchsichtigen Charakteren umlagert, war er doch selbst als Mann ohne Prinzipien und Spieler bekannt. Er hatte seine Sklavin Charlotte zu seiner Frau gemacht und eine ganze Brut junger Mulatten wuchs in seinem Haus auf. Zum Schluss war Armsby soweit heruntergekommen, dass er gezwungen war, mit den Sklaven zu arbeiten. Ein weißer Mann, der auf dem Feld arbeitet, ist am Bayou Boeuf ein seltener und spektakulärer Anblick. Ich versuchte bei jeder Gelegenheit, ihn privat besser kennenzulernen und damit sein Vertrauen soweit zu gewinnen, dass ich ihm den Brief anvertrauen konnte. Er berichtete oft, dass er regelmäßig nach Marksville kam – und dort, so hatte ich beschlossen, sollte der Brief aufgegeben werden.
     
    Ich überlegte reiflich, wie ich ihn am besten bezüglich dieses Themas ansprechen sollte. Dann beschloss ich, ihn einfach zu fragen, ob er bei seinem nächsten Besuch in Marksville einen Brief aufgeben könnte – ohne zu verraten, dass der Brief bereits geschrieben war oder was darin geschrieben stand; ich hatte Angst, dass er mich verraten würde und wusste, dass ich ihm einen monetären Anreiz setzen musste, um mir seiner Verschwiegenheit sicher zu sein. Gegen ein Uhr nachts stahl ich mich lautlos aus der Hütte, überquerte das Feld hinüber zu Shaws Anwesen und fand ihn schlafend auf dem Vorplatz. Ich hatte nur wenig Geld – die Einkünfte aus meinen Geigenauftritten, aber ich versprach ihm alles, was ich auf dieser Welt hatte, wenn er mir den Gefallen tun würde. Und ich bat ihn, mich nicht zu verraten, wenn er Nein sagen würde. Er versprach mir bei seiner Ehre, dass er den Brief im Postamt von Marksville aufgeben würde und dass dieses Geheimnis auf ewig bei ihm ruhen würde. Obwohl ich den Brief in meiner Tasche hatte, traute ich mich nicht ihn hier und jetzt zu übergeben; stattdessen erklärte ich, dass ich ihn in zwei oder drei Tagen geschrieben hätte, wünschte eine Gute Nacht und kehrte in meine Hütte zurück. Es war mir unmöglich, das Misstrauen gegen ihn auszublenden und lag die ganze Nacht wach, in meinem Kopf immer wieder den sichersten Weg von hier aus suchend. Ich war bereit, sehr viel dafür zu riskieren, mein Unterfangen erfolgreich enden zu lassen  - aber sollte der Brief irgendwie in die Hände von Epps fallen wäre dies der Todesstoß für meine Hoffnungen. Ich war so verwirrt wie nie zuvor.
     
    Mein Misstrauen war wohlberechtigt, wie sich nun zeigen wird. Am übernächsten Tag, während wir Baumwolle kratzten, setzte sich Epps auf den Zaun zwischen Shaws Plantage und seiner und beaufsichtigte unsere Arbeiten. Sogleich trat auch Armsby in Erscheinung und setzte sich neben ihn auf den Zaun. Dort blieben sie zwei oder drei Stunden und bereiteten mir quälende und dunkle Vorahnungen.
     
    In dieser Nacht, während ich meinen Bacon briet, kam Epps mit der Geißel in der Hand in meine Hütte.
     
    "Gut, Junge", sagte er, "ich habe vernommen, dass ich einen gebildeten Neger habe, der Briefe schreibt und Weiße bittet, diese für ihn aufzugeben. Ich frage mich ob du weißt, wer das ist?"
     
    Meine schlimmsten Befürchtungen waren wahr geworden und, obwohl das sicher nicht lobenswert erscheinen wird, war meine

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