Zwölf Monate, siebzehn Kerle und ein Happy End: Das Single-Experiment (German Edition)
sitze den ganzen Abend in der schönen Küche unter der neuen Lampe, trinke Rotwein und schreibe meine Gedanken auf. Nur für mich. Ohne Radio, ohne Telefon, Internet oder sonstigem. Bevor ich ins Bett gehe, schaue ich noch mal aus dem Fenster auf die dunklen Bäume. Und bin zufrieden. Heute werde ich gut schlafen, denn ich habe nur mich im Kopf.
Gelassen
Freitag, 16. Juli um 21:01 Uhr
Mir geht’s prima. Ich bin die Ruhe selbst und mache Zen-Erfahrungen. Ich gehe spazieren, ohne Hund, ohne Erwartungen, ohne Bedenken. Ich kaufe Bio-Produkte und lasse die Schokolade weg. Ich treffe die Mädels, trinke Tee und lache wissend über ihre Männergeschichten. Ja, da war ich auch mal, jetzt bin ich runter von dem Zeug. Ich weiß, ich bin anstrengend, besonders als Mona mich anherrscht, ich solle das debile Grinsen lassen und mich mal mit aufregen.
»Lass los!«, betone ich jede Silbe und nicke mit geschlossenen Augen.
»Ach, du Scheiße!«, schimpft Cora, aber nach weiteren zwei Stunden finden alle meine neue Ruhe gar nicht mehr so schlecht. Mona, die alte Mitläuferin, will auch mitmachen und beweist es, indem sie ihr Handy ausmacht. Cora will nur Loslassen light , denn sie hat ja einen Freund, aber sie plant das Wochenende mal ohne ihn und seine doofen Kumpels. Wir werden morgen früh gemeinsam auf den Markt gehen, danach schwimmen und schließlich einen Beauty-Abend mit Gemüsesnacks veranstalten, Sade hören und uns über uns und unsere Träume, Pläne und Wünsche Gedanken machen. Sehr Mädchen, aber etwas für uns, nur für uns, ohne Jungs, und ohne Gedanken an solche.
Als Mona in die Bahn steigt, ruft sie noch: »Hey, jetzt wär dein ›Mädchen‹-Abo doch noch für was gut, da sind immer Tipps drin, wie man sich selbst Gesichtsmasken macht!« Mist.
Überraschungen
Mittwoch, 21. Juli um 23:44 Uhr
Das Mädchen-Wochenende war ein voller Erfolg, ich bin so tiefenentspannt, dass ich mich selbst kaum wiedererkenne. Ein netter Zug meiner männerlosen Phase ist unter anderem auch, dass ich Kontakte zu halb verschollenen Freunden und Freundinnen wieder aufleben lasse. Zum Beispiel Sabine, mit der ich jahrelang gut befreundet war, aber die ich durch Umzüge und unterschiedliche Lebensplanung aus den Augen verloren hatte. Nach einigen langen und lustigen Telefonaten verabreden wir uns zum Essen, denn Sabine hat ein Männerproblem, das ich zu lösen gedenke.
Wir sitzen in der Sonne und speisen lecker. Doch was ich da von Sabine zu hören bekomme, lässt mich stocken, stutzen und stammeln. Sabine hat sich in Rage geredet. Ich antworte immer das Gleiche, wenn ich denn mal zu Wort komme. Die Story in Kurzfassung: Sabine ist in einen verheirateten Mann verliebt, seine Frau hat es mitbekommen und ist ausgezogen, und nun ist er sich nicht mehr sicher, ob er lieber verheiratet bleiben oder seine Affäre mit Sabine zu etwas Festerem machen möchte. Um sich Zeit zu verschaffen, beleidigt er Sabine gerne und sagt Dinge wie: »Hau ab. / Ich will dich nicht mehr. / Ich liebe meine Frau. / Ich habe keinen Respekt vor dir. / Du hast alles kaputt gemacht.«
Ich fasse es nicht. Sabine drängt mich zu sagen, dass das alles Zukunft hat, ich dränge darauf, dass sie sich von ihm trennt, und so reden wir zwei Stunden aneinander vorbei, sie drückt mir ihr Telefon in die Hand, ich solle ihn anrufen und fragen, ob er sie liebe, ich bin am Rande eines Nervenzusammenbruchs.
Als Sabine auf die Toilette muss, atme ich durch und schüttle den Kopf. In dem Moment lehnt sich der junge Mann, der seit zwei Stunden in ein Buch vertieft neben uns sitzt, zu mir rüber und fragt teilnahmsvoll: »Kannst du noch?«
Ich schaue ihn verwirrt an, muss aber lachen. »Ja, na ja, ich hab das Gefühl, ich komme hier nicht weiter, aber ich hab doch recht, oder?«
»Ja sicher, der Typ ist ein Arsch, der will sie doch nur zum Bumsen.« Er guckt mich an. »Entschuldigung.«
Ich lache wieder: »Bumsen ist in dem Zusammenhang ein gutes Wort, aber wie kann ich sie überzeugen?«
Als Sabine vom Klo kommt, schaut sie verdutzt, da Moritz bereits neben mir sitzt und eine Zigarette raucht. Ich weihe Sabine kurz ein, und sie ist dankbar über einen neuen Zuhörer.
Moritz redet weitere zwei Stunden mit ihr und weist Sabine und auch mich in die Geheimnisse der Männerwelt ein. Männer sind bequem. Und seine (die des bösen Mannes) Situation ist unbequem. Sabine ist der Auslöser dafür, und also wird Sabine verlieren. Erstaunlich einfach und nachvollziehbar. Moritz
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