Zwoelf Rosen fuer ein Herz
sind.« Das Müllteam grüÃte routiniert, also so »Hand an orange Kappe«, und machte sich wieder an die Arbeit. Und ich stammelte perplex: »Welche Liebesbriefe?«
Einer sah mich kaugummikauend an und meinte cool: »Püppi, wir sind Profis. Wenn eine Frau so hinter ihrem Müll herspringt, dann hat sie am Abend vorher die Briefe von ihrem Lover da reingeschmissen und es sich dann plötzlich noch mal anders überlegt.« Die Jungs von der Müllabfuhr lachten wohlwollend, aber es ärgerte mich tierisch! Püppi nannte der mich!
Und so hörte ich mich zu meiner eigenen Ãberraschung ruhig und deutlich sagen: »Dann müssen die Profis mal was dazulernen. A) Ich bin nicht Püppi und B) ich springe hier hinter Literatur her, hinter einem antiken Poesiealbum, das versehentlich in den Müll geraten ist.« Na, ist das schlagfertig oder ist das schlagfertig?? Und die Müllmänner wussten ja nicht, dass das Poesiealbum gar nicht versehentlich in den Müll geraten war â¦
Jedenfalls hielten sie alle brav die Klappe und tauschten nur noch ein paar verunsicherte Blicke. Ich hing derweil schon kopfüber in der Tonne und wühlte im Müll. Wie ich aussah, war mir völlig egal, ich brauchte das Album!! Und da war es! Wie erwartet fettig und voller Kaffeesatz und dazu noch mit angegammeltem Sahnehering beschmiert. Aber egal, ein Triumphschrei entfuhr mir, und als ich das Album wie eine Formel- 1-Trophäe in die Luft hielt, klatschten die Müllmänner Beifall. Dann leerten sie unsere Tonne und rumpelten mit dem dicken Fahrzeug weiter.
Ich stand also nun auf der StraÃe und drückte das dreckige Album wie einen Schatz an meine Brust. Erst jetzt fiel mir auf, dass sich eine ganze Menge Zuschauer um mich gesellt hatte.
Aber mir war das vollkommen schnurzfurzegal. Früher wäre ich in so einer Situation gestorben vor Peinlichkeit. Aber jetzt? Jetzt nickte ich den Leuten locker zu und schnippte den Kaffeesatz vom Album. Die Leute verzogen sich. Bis auf eine ältere Dame. Die sah auf das Album und sagte verträumt: »Ach ja, so eins hatte ich auch mal ⦠Bis ich mich mit meiner besten Freundin verkracht hab und das Album weggeschmissen hab â¦Â«
Ich lächelte etwas irritiert und ging ins Haus.
Dort hatte ich dann doch das starke Bedürfnis, mich erst mal zu waschen und umzuziehen. Und als ich dann, selbst wieder sauber, das Buch mit Reinigungsspiritus entfettet und entsahneheringt hatte, setzte ich mich damit an den Küchentisch. Was jetzt? Das Buch war zwar gerettet, aber meine Freundschaft zu Pia, die war weiterhin in der Mülltonne. Sollte ich sie kontaktieren? Wann? Wie? Traute ich mich das?? Was sollte ich sagen? Ein klarer Fall für das Poesiealbum-Orakel!
Ich schloss die Augen und mit vor Aufregung zitternden Händen blätterte ich im Album, suchte lange eine Seite und lieà meinen Finger auf das Papier sinken. Augen auf â¦
Glücklich ist, wer vergisst,
was nicht mehr zu ändern ist.
Umpf. Blöder Spruch. Ich wollte nichts vergessen, und ich wollte unbedingt was ändern, und zwar den jetzigen Zustand meiner Freundschaft zu Pia! Also schnell eine weitere Runde Poesie-Roulette â¦
Werde glücklich, werde froh,
wie der Mops im Paletot.
Unsre Freundschaft endet nicht,
ehâ der Mops Französisch spricht!
Hmmm, schon besser. Der Mops war natürlich der Mops-Terrier von Malte. Und meines Wissens konnte der kein Französisch. Oder doch? Ohne lang nachzudenken, schnappte ich mir mein Handy und wählte Maltes Nummer. Die hatte ich, weil wir letzten Herbst während der Projektwoche in derselben Bio-AG gewesen waren und unsere Gruppe sich immer zum Farne-und-Moose-Sammeln im Grüngürtel verabreden musste. Und zack, es hatte kaum einmal geklingelt, da meldete sich Malte.
»Annette!«
In dem einen Wort lag so viel Ãberraschung und Freude, dass ich ganz platt war und dann ganz durcheinander. So konnte ich nur »Ãh, ja, Annette hier« sagen. Wahnsinnig geistreich. Dann entstand eine seltsame Pause. Und dann sprachen wir beide gleichzeitig.
Ich sagte: »Dein Into, kann der irgendwelche Fremdsprachen?« Und Malte sagte zur selben Zeit: »Wo bist du? Wie geht es dir?«
Wir lachten beide etwas dämlich und es dauerte noch ein paar Versuche, bis einer nach dem anderen seine Frage stellte. Malte schien sich nicht zu wundern über meine beknackte Frage nach den
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