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Zwoelf Schritte

Zwoelf Schritte

Titel: Zwoelf Schritte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilja Sigurdardóttir
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Tod ab jetzt wie ein Mord behandelt werde und sie alle Unterlagen benötige. Dann sitzen wir beide da und starren uns eine Weile an. Ich habe einen Kloß im Hals, denn plötzlich überkommt mich Mitleid mit Aðalsteinn. Die Wut, die ich auf ihn hatte, weil er so nachlässig mit seinem Leben umging, ist verschwunden, und stattdessen schaudert es mich bei dem Gedanken, wie sich sein Tod wirklich zutrug.
    «I like you», sagt Megan und schaut mich ernst an. «Du denkst wie ein Kriminalpolizist.» Ich bin ein bisschen stolz, auch über meinen Erfolg, denn etwas am Tod von Aðalsteinn hat mich seit den Morden irritiert. Dieses gute Gefühl weicht, als Iðunn und Njörður den Raum betreten, denn ich sehe an ihrer Miene, dass ich ihre Arbeit verdoppelt und -dreifacht habe, und in ihrem Blick liegt Enttäuschung, als ob ich ihnen etwas weggenommen hätte.
     
    Gut zwei Stunden später warte ich vor einem Haus im Stadtteil Norðurmýri zusammen mit Megan, die darauf bestand, dass ich mitkäme, als die Meldung eintraf. Jetzt beobachten wir, wie die Spurensicherung in weißen Overalls mit Taschen und Fotoapparaten und allerhand seltsamem Gerät hinein- und hinausläuft. Wir hatten oben im Polizeipräsidium kaum mit der Sitzung angefangen, als ein junger Polizist hereinkam und Iðunn etwas ins Ohr flüsterte. Sie ging mit ihm hinaus auf den Flur und kehrte dann zurück und teilte uns mit, dass noch eine Leiche gefunden worden sei, die mit den anderen in Verbindung zu stehen scheine.
    «Wir haben es wohl mit einem der effektivsten Serienmörder der isländischen Geschichte zu tun», sagt Megan und hält ihr Gesicht mit einem, wie mir scheint, zufriedenen Ausdruck in die Wintersonne.
    «War nicht Axlar-Björn der bisher einzige isländische Serienmörder?», frage ich, ohne unbedingt zu erwarten, dass Megan Axlar-Björn kennt.
    «Doch, er ist der Einzige, von dem man weiß, aber hier verschwindet jedes Jahr jemand spurlos, also wird es wahrscheinlich auch hierzulande Serienmörder geben. Sie können sich hier einfach ihrer Leichen besser entledigen als in anderen Ländern.» Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken, wenn ich an die sterblichen menschlichen Überreste in den weitläufigen und zerklüfteten Lavagebieten Islands denke.
    «Ihr könnt jetzt hereinkommen», sagt Iðunn in ihrem weißen Overall mit Kapuze, aus dem nur das Gesicht herausschaut. Sie nimmt die Kapuze ab und atmet tief die frische Luft ein, bevor sie sich umdreht und vor uns in den dunklen Flur zur Wohnung geht. «Trotzdem bitte nichts anfassen, sicherheitshalber, falls sie noch einmal pudern müssen.»
    Aus dem dunklen Flur gelangen wir in ein ziemlich großes, zweigeteiltes Wohnzimmer, das zweifellos hell wäre, wenn die Vorhänge nicht sorgfältig zugezogen wären. Scheinwerfer auf dreibeinigen Stativen richten ihr weißes Licht auf ein Sofa-Set weiter hinten im Zimmer.
    «Warum habt ihr Scheinwerfer?», fragt Megan.
    «Die Lampen im Wohnzimmer funktionieren nicht», antwortet Iðunn, «die Birnen sind zerbrochen.»
    «Er wollte also, dass es dunkel ist, wenn wir kommen», sagt Megan mehr zu sich selbst und ordnet an, die Scheinwerfer auszumachen. Unsere Augen brauchen eine Weile, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Währenddessen bewegt Megan sich nicht, und auch Iðunn und ich wagen es nicht, uns vom Fleck zu rühren. Njörður leitet die Tatortuntersuchung draußen, und die Techniker und Polizisten, die noch hier waren, verlassen die Wohnung, da sie ohne Licht nicht weiterarbeiten können. Es ist still in der Wohnung, abgesehen von einer leisen Musik, einem monotonen endlosen Gesumme ohne Refrain. Megan tastet sich langsam, aber sicher weiter in das Zimmer vor. Ich folge dicht hinter ihr und fürchte mich im Dunkeln. Am liebsten würde ich Iðunn fragen, ob sie wirklich alles so gründlich abgesucht haben, dass mit Sicherheit der Mörder nicht mehr in der Wohnung ist. Die Musik kommt vom Fernseher, dessen bläulicher Schein den einzigen schwachen Schimmer verbreitet und ausreicht, den riesenhaften Körper eines Mannes auf dem Sofa zu beleuchten. Er nimmt tatsächlich zwei Sitze ein, und wenn der Kopf nicht so eigenartig nach hinten hinge, könnte man glauben, dass er sich einfach vor dem Fernseher entspannt. Megan dreht eine Runde im Wohnzimmer, und ich taste mich langsam hinter ihr her, sie scheint in Ruhe den Tatort zu erkunden, sich jedes Detail einzuprägen und in ihrem Kopf alles zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen. Ich wünschte, sie

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