Zyklus der Erdenkinder 01 - Ayla und der Clan des Bären
wünschte er, dass er eines Tages vielleicht doch einen richtigen Lehrling hätte, der es wie er verstehen würde, auf diese Feinheiten zu achten.
Ayla glaubte, der Alte hätte sie schon vergessen, als er seine Geräte ausbreitete, sorgsam die Steine musterte, schließlich die Hände sinken ließ, um ganz still dazusitzen und mit geschlossenen Augen sein Amulett zu halten. Es überraschte sie, als er die Arme wieder hob und sie in seine Arbeit einwies.
"Die Werkzeuge, die ich mache, haben hohe Bedeutung. Der Clan-Führer hat beschlossen, im Herbst das Mammut zu jagen. Wenn die Blätter fallen, werden wir dorthin ziehen, wo es niemals richtig warm wird und das Mammut lebt. Wir brauchen Glück für die Jagd und den Beistand der Geister. Die Messer, die ich mache, werden als Waffe dienen, und mit dem anderen Werkzeug und Gerät, das ich auch machen muss, werden neue Waffen für diese große Jagd gefertigt. Der Mog-ur wird einen mächtigen Zauber über sie verhängen, damit sie uns Glück bringen; und wenn mir die Arbeit leicht von der Hand geht, wird das ein günstiges Vorzeichen sein."
Ayla war sich nicht sicher, ob Droogs bedächtige Handzeichen an sie gerichtet waren oder ob er mit sich selber redete. Sie wusste nur, dass sie sich still zu verhalten hatte und nichts tun durfte, was Droog bei seiner Arbeit stören konnte. Fast erwartete sie, von nun an fortgeschickt zu werden.
Sie wusste nicht, dass Droog, seit sie damals Brun die Höhle gezeigt hatte, des festen Glaubens war, sie trüge das Glück mit sich, und dass sie Ona das Leben gerettet, hatte ihn nur in dieser Überzeugung bestärkt. Das fremde Mädchen war ihm wie ein ungewöhnlicher Stein erschienen, den man von seinem Totem erhalten hatte und hinfort in seinem Amulett mit sich trug. Es dünkte ihn, es müsste sich günstig für ihn erweisen, wenn er sich von Ayla bei seiner Arbeit zusehen ließ. Aus dem Augenwinkel bemerkte Droog, wie sie nach ihrem Amulett griff, als er den ersten Steinbrocken vom Boden aufhob. Es war, als riefe sie ihr mächtiges Totem an, ihm eine glückliche Hand zu geben.
Droog hockte auf dem Boden, die Tierhaut über seinen Schoß gebreitet, in der linken Hand den Flintsteinbrocken. Er griff nach einem oval geformten Stein und wog ihn in der Hand, bis er den Fingern gut zum Greifen lag. Lange hatte er nach einem Schlagstein gesucht, der genau in seine Hand passte und weich zurückprallte, wenn er aufschlug. Diesen besaß er nun schon seit Jahren. Die vielen Schrunden zeugten vom langen Gebrauch. Mit dem Schlagstein klopfte Droog die graue Kreidehülle ab und legte den dunkelgrauen Flintstein bloß. Als das getan war, hielt er inne, um das Gestein zu prüfen. Beschaffenheit und Farbe waren gut, Einschlüsse waren nicht vorhanden. Danach machte er sich daran, die Grundform einer Handaxt herauszuhauen. Die groben Splitter, die zu Boden fielen, hatten scharfe Kanten; viele würden so, wie sie vom Stein gefallen waren, als Schneidezeug verwendet werden. Am Ende jedes Splitters, dort wo der Schlägel das Gestein traf, befand sich eine verdickte Stelle, die zum anderen Ende hin dünner wurde; und jeder Steinspan, der da absprang, hinterließ in dem Flintsteinknollen eine tiefe, geriffelte Schrunde.
Droog legte den Steinschlägel aus der Hand und griff zu einem Knochen. Nachdem sein Auge Maß genommen hatte, schlug er gegen den Flintstein, sehr nahe dem scharfen, geriffelten Rand. Unter dem weicheren Beinschlägel sprangen längere, dünnere Splitter ab, die gleichmäßige Ränder hatten. Mit dem Steinschlägel hätte er die dünne Kante, die er herausgearbeitet hatte, gröblich zerschlagen.
Und dann hielt Droog das fertige Werkzeug hoch. Das Handbeil war handspannenlang, an einem Ende zugespitzt; die Kanten waren scharf und gerade, die beiden Seiten glatt. Nur flache Schrunden zeigten, wo der Stein herausgehauen worden war. Holz war damit zu schlagen wie mit einer Axt; auch konnte man damit, einem Querbeil ähnlich, einen Holzklotz aushöhlen, um eine Schüssel herzustellen, oder den Stoßzahn eines Mannmuts abschlagen oder die Knochen eines Tieres zerschlagen. Es war für alles zu verwenden, wozu ein scharfes Schlagzeug nötig war.
Droog sah den Splitterhaufen durch und suc hte mehrere Splitter heraus, die breite, scharfe Schneidekanten hatten. Bedächtig legte er sie auf die Seite. Sie gaben Hackmesser ab beim Schlachten und taugten zum Aufschlitzen zäher Häute.
Nun wandte Droog sich einem anderen Flintsteinknollen zu, den er
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