Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
gekommen sei – und sie mühte
sich, ihren Schutzwall aus Gelassenheit um sich herum wieder
zu errichten.
Sie begaben sich unter den Sandsteinüberhang und spürten
die Wärme von dem großen Feuer der Hauptfeuerstelle. Auf ihr
Erscheinen hin suchten sich alle einen Platz um Thonolan und
Jetamio herum, die auf einem offenen Platz hinter dem Feuer
standen. Das Fest des Versprechens bedeutete den festlichen
Beginn der rituellen Periode, die ihren Höhepunkt in der
Hochzeitszeremonie fand. Kommunikation und Kontakt
zwischen dem jungen Paar sollten in der Zwischenzeit auf das
Allernotwendigste beschränkt bleiben.
Der von den Menschen gebildete, herzliche, von tiefem
Gemeinschaftsgefühl erfüllte Kreis umschloß das Paar. Sie
reichten sich die Hände, und da sie nur Vollkommenheit in den
Augen des anderen sahen, wollten sie ihre Freude der Welt
verkünden und sich selbst ihr wechselseitiges Gelöbnis
bestätigen. Der Shamud trat vor. Jetamio und Thonolan knieten
nieder, um dem Heiler und geistigen Führer zu gestatten, jedem
von ihnen einen Kranz aus gerade knospenden
Weißdornzweigen auf den Kopf zu drücken. Immer noch Hand
in Hand, umschritten sie gemeinsam mit den Versammelten
dreimal das Feuer und wurden dann an ihren Platz
zurückgeleitet; auf diese Weise wurde ein Kreis geschlossen, der
die Höhle der Sharamudoi mit ihrer Liebe einschloß.
Der Shamud wandte sich ihnen zu und sprach mit erhobenen
Armen:
»Ein Kreis beginnt und endet an derselben Stelle. Das Leben
ist wie ein Kreis, der mit der Großen Mutter beginnt und endet; der Ersten Mutter, die in Ihrer Einsamkeit alles Leben erschuf.« Die bebende Stimme war trotz der knisternden Flammen für
alle Versammelten mühelos zu hören.
»Die Gesegnete Mudo ist unser Anfang und unser Ende. Von
Ihr stammen wir; zu Ihr kehren wir zurück. Sie ist es, die in
jeder Weise für uns sorgt. Wir sind Ihre Kinder, alles Leben geht
von Ihr aus. Sie schenkt freigiebig aus Ihrer Fülle. Ihr Leib
versorgt uns mit allem: mit Nahrung und Wasser und warmer
Wohnung. Aus Ihrem Geiste kommen die Gaben der Weisheit
und der Herzlichkeit: Können und Wissen, Feuer und
Freundschaft. Doch die größeren Gaben stammen aus Ihrer
allumfassenden Liebe.
Die Große Erdmutter zieht Freude aus dem Glück Ihrer
Kinder. Sie freut sich, wenn wir genießen, und daher hat Sie uns
Ihr wunderbares Geschenk der Lust gemacht. Wir ehren Sie,
beweisen Ihr unsere Ehrfurcht, wenn wir Ihre Gabe teilen. Doch
den Gesegneten unter uns hat Sie Ihre größte Gabe zuteil
werden lassen, hat ihnen Ihre eigene wundersame Macht
verliehen, Leben hervorzubringen.« Der Shamud sah die Frau
an.
»Jetamio, du gehörst zu den Gesegneten. Wenn du Mudo in
jeder Weise ehrst, wird dir vielleicht die Gabe des
Lebensspendens zuteil und wirst du gebären. Und doch kommt
der Lebensgeist, den du hervorbringst, nur von der Großen
Mutter.
Thonolan, wenn jemand feierlich gelobt, für jemand anders zu
sorgen, wird er wie Sie, die für uns alle sorgt. Indem du Sie
ehrst, wird vielleicht auch dir die Schöpferkraft zuteil, damit ein
Kind, das eine Frau hervorbringt, für die du sorgst, oder noch
eine von Mudos Gesegneten, deines Geistes sein kann.« Der
Shamud richtete die Augen auf die Gruppe der Versammelten. »Wenn wir einander zugetan sind und für einander sorgen,
ehren wir Die Mutter und sind gesegnet mit Ihrer Fruchtfülle.« Thonolan und Jetamio lächelten einander an, und als der
Shamud zurücktrat, nahmen sie auf geflochtenen Matten Platz.
Auf dieses Zeichen hin begann das Fest. Als erstem wurde dem
jungen Paar ein mildes berauschendes Getränk aus
Löwenzahnblüten und Honig gereicht, das seit letztem
Neumond gegoren hatte.
Aufreizende Düfte ließen jedem bewußt werden, wie hart man
an diesem Tag gearbeitet hatte. Selbst diejenigen, die auf der
hochgelegenen Terrasse zurückgeblieben waren, hatten die
Hände nicht in den Schoß gelegt, wie sich erwies, als das erste
herrlich aromatische Gericht aufgetragen wurde. Markeno und
Tholie – Thonolans und Jetamios Bezugsfamilie bei den
Ramudoi – brachten dem jungen Paar auf einem Brett
appetitlich angerichtet frischen, am offenen Feuer gebackenen
Weißfisch, der erst heute morgen in den Reusen gefangen
worden war. Als scharfe Sauce dazu gab es gekochten und zu
einem Brei gestampften Sauerampfer.
Jondalar kannte diese Sauce nicht, mochte sie aber und fand,
daß sie den Geschmack des Fisches wunderbar ergänzte. Körbe,
gefüllt mit kleinen Happen wohlschmeckender Beilagen
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