Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Feuer erhitzt worden waren, in das mit Wasser gefüllte Boot, so daß das Wasser anfing zu brodeln und zu dampfen. Der Vorgang unterschied sich grundsätzlich nicht vom Erhitzen des Wassers zur Teebereitung in dem großen Trog in der Nähe des Windschutzes – nur brauchte man viel mehr Steine. Und es ging auch um etwas anderes. Hitze und Dampf dienten nicht dazu, irgend etwas zu kochen, sondern dem Rumpf seine endgültige Form zu verleihen.
Markeno und Carlono standen einander mitschiffs gegenüber und prüften die Dehnbarkeit der Bootswandung; sie wandten beim Auseinanderziehen allergrößte Vorsicht an; es ging darum, den Mittelteil des Bootes zu verbreitern, ohne daß das Holz Risse bekam. Die gesamte harte Arbeit des Aushöhlens und Formgebens wäre zunichte gewesen, wenn es bei diesem Dehnvorgang zu Sprüngen im Holz kam. Alle waren im höchsten Maße gespannt. Während der Mittelteil des Rumpfes auseinandergezogen wurde, standen Thonolan und Jondalar bereits mit der längsten Strebe bereit, und als die Dehnung groß genug war, setzten sie die Verstrebung quer zur Längsachse ein und hielten die Luft an. Es schien zu halten.
Nachdem die Mittelstrebe festgeklemmt war, wurden in regelmäßigen Abständen verhältnismäßig kürzere Streben eingesetzt, das Wasser ausgeschöpft, bis die Männer mit dem Gewicht fertigwerden konnten; dann holten sie die Steine heraus, kippten das Boot, um den Rest des Wassers auszuschütten und setzten es zum Trocknen auf zwei Bohlen.
Die Männer atmeten nicht mehr so schwer, als sie zurücktraten und das Werk ihrer Hände bewunderten. Das Boot war nahezu fünfzehn Schritte lang und in der Mitte zweieinhalb Schritt breit. Die Dehnung hatte die Gestalt verändert, was sehr wichtig war. Da der Mittelteil gedehnt worden war, wies das Boot jetzt vorn und hinten eine anmutige, leicht in die Höhe führende Linie auf. Es war nicht nur darum gegangen, das Boot in der Mitte zu verbreitern, um mehr Raum zu schaffen und dafür zu sorgen, daß es besser im Wasser lag, sondern auch darum, Bug und Heck ein wenig anzuheben, damit die Enden etwas über das Wasser hinausragten und leichter mit Wellen und kabbeligem Wasser fertigwurden.
»Das nenne ich das Boot eines Faulpelzes«, sagte Carlono, als sie sich an eine andere Stelle der Lichtung begaben.
»Eines Faulpelzes?« rief Thonolan und dachte an die harte Arbeit.
Carlono lächelte. Er hatte diese Reaktion erwartet. »Es gibt eine lange Geschichte über einen Faulpelz mit einer ewig keifenden Gefährtin, der sein Boot den ganzen Winter über draußen liegen ließ. Als er es wiedersah, war es voll von Wasser, und Eis und Schnee hatten es dazu gebracht, sich auszudehnen. Alle hielten es für ruiniert, aber es war das einzige Boot, das er hatte. Nachdem es ausgetrocknet war, ließ er es zu Wasser und entdeckte, daß es sich viel besser handhaben ließ als alle anderen Boote. Von da an, so heißt es in der Geschichte, bauten alle ihr Boot auf diese Weise.«
»Das nenne ich eine komische Geschichte, wenn sie richtig erzählt wird«, sagte Markeno.
»Könnte sogar sein, daß sie auf Wahrheit beruht, zumindest teilweise«, fügte Carlono hinzu. »Wenn wir vorgehabt hätten, ein kleines Boot zu bauen, wäre es jetzt bis auf die Innenausstattung fertig«, sagte er, als sie sich einer Gruppe von Männern näherten, die dabei waren, mit Hilfe von Knochenbohrern Löcher in die Planken zu bohren. Das war eine mühselige, schwierige Arbeit, doch da viele Hände halfen und dabei viel gescherzt und gelacht wurde, war es nie langweilig.
»Und ich komme um so schneller dazu, mich mit meiner Gefährtin zusammenzutun«, sagte Thonolan, als er Jetamio unter den Helferinnen sah.
»Ich sehe nur lächelnde Gesichter. Das muß bedeuten, daß die Weitung des Bootes gelungen ist«, sagte die junge Frau zu Carlono, doch ihre Augen suchten rasch Thonolan.
»Genau werden wir das erst wissen, wenn es trocken ist«, sagte Carlono.
»Wie steht es mit den Spanten?«
»Sie sind fertig. Jetzt arbeiten wir an den Hausplanken«, erwiderte eine ältere Frau. Sie ähnelte auf ihre Weise Carlono, besonders wenn sie lächelte. »Ein junges Paar braucht mehr als ein Boot. Das Leben besteht wirklich aus mehr, lieber Bruder.«
»Dein Bruder ist genauso darauf erpicht, sie zusammenzugeben wie du, Carolio«, sagte Barono und lächelte seinerseits, als die beiden jungen Leute einander mit verzehrenden Blicken ansahen, jedoch kein Wort sprachen.
»Aber was nützt ein Haus, wenn man kein Boot
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