Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
Vom Netzwerk:
hinaufschaffen sollte, fing Ayla an, das Pferd von dem behelfsmäßigen Zuggestell abzuschirren; da sich jedoch einer der Speerschäfte gelockert hatte, war er nach innen gedrückt worden, so daß die beiden Enden jetzt längst nicht mehr so weit auseinanderstanden. Ihr Problem hatte sich von selbst gelöst. Ayla schnallte den Schaft, der sich gelockert hatte, wieder fest, so daß er nicht ganz herausrutschen konnte, und führte Winnie dann den Pfad hinauf. Die Last schwankte hin und her, aber die Strecke war ja nur kurz.
    Winnie mußte sich ungeheuer anstrengen. Das Ren wog ungefähr soviel wie das Pferd, und der Pfad führte steil bergan. Ayla lernte jetzt erst kennen, welch große Kraft das Pferd besaß, und ihr ging erst jetzt richtig auf, was sie gewonnen hatte, als sie sich diese Kraft borgte. Vor dem Höhleneingang angelangt, entfernte Ayla alles Hinderliche und schloß die junge Stute nochmals dankbar in die Arme. Dann ging sie voran in die Höhle hinein und erwartete, daß Winnie ihr folgen würde; als das Pferd jedoch ängstlich wieherte, drehte sie sich nach ihm um.
    »Was ist denn?« fragte sie in Gebärdensprache.
    Das Löwenjunge lag genau an der Stelle, wo sie es zurückgelassen hatte. Das Löwenbaby! dachte sie. Winnie witterte den Löwen. Sie ging nach draußen.
    »Ist ja schon gut, Winnie. Dieses Baby kann dir nichts tun.«
    Sie rieb Winnies weiche Nase, legte einen Arm um ihren kräftigen Hals und drängte das Pferd dann sanft in die Höhle hinein. Wieder besiegte das Vertrauen zu der Frau die Furcht. Ayla führte Winnie zu dem kleinen Löwen. Vorsichtig schnupperte die Stute, machte ein paar Schritte zurück und schnaubte, senkte dann jedoch erneut den Kopf, um das regungslose Löwenbaby nochmals zu beschnuppern. Der Raubtiergeruch war unverkennbar vorhanden, doch hatte das kleine Tier sonst nichts Bedrohliches. Winnie schnaubte leise und stieß das Fellbündel mit der Nase an. Dann schien sie sich damit abzufinden, daß ein dritter Bewohner ihrer Höhle vorhanden war, ging hinüber an ihren Platz und fing an, Heu zu fressen.
    Ayla wendete ihre Aufmerksamkeit dem verwundeten Löwenjungen zu. Das wuschelige Geschöpf wies bräunliche Flecken auf einem hellbeigen Untergrund auf. Es schien noch sehr jung, doch war Ayla sich da nicht sicher. Höhlenlöwen waren steppenbewohnende Raubkatzen; bisher hatte sie nur Raubtiere gründlicher kennengelernt, die in der bewaldeten Umgebung der Clanshöhle gelebt hatten. Damals war sie niemals auf der offenen Steppe auf die Jagd gegangen.
    Sie versuchte, sich an alles zu erinnern, was die Jäger des Clans über Höhlenlöwen erzählt hatten. Dieser hier schien heller zu sein als diejenigen, die sie bisher zu Gesicht bekommen hatte, und ihr fiel ein, daß die Männer die Frauen oft gewarnt hatten! Höhlenlöwen seien schwer zu entdecken. Sie paßten ihre Farbe dem trockenen Steppengras und dem staubigen Boden an, so daß man fast über einen stolpern könne. Ein ganzes Rudel, das im Schatten von Buschwerk oder zwischen Steinen und Felsen in der Nähe seiner Höhle schlafe, nehme sich aus wie eine Reihe von Findlingen – selbst aus größter Nähe.
    Bei näherem Nachdenken kam sie zu dem Schluß, daß die Steppe hier in der Tat im großen und ganzen von hellerer Farbe war; die Löwen hier verschmolzen gleichsam mit dem Hintergrund. Sie hatte nie darüber nachgedacht, doch wollte es ihr nur vernünftig scheinen, daß die Löwen hier oben ein helleres Fell hatten als die weiter im Süden. Vielleicht sollte sie sich bemühen, die Höhlenlöwen genauer kennenzulernen.
    Geschickt und mit erfahrener Hand tastete die junge Medizinfrau den jungen Löwen ab, um festzustellen, wie es um seine Verletzungen bestellt sei. Eine Rippe war gebrochen, drohte jedoch nicht, irgendwelchen anderen Schaden anzurichten. Krampfartiges Zucken und leise fauchende Laute verrieten, wo es ihm wehtat; es konnte sein, daß er innere Verletzungen davongetragen hatte. Die größte Schwierigkeit stellte eine offene Kopfwunde dar, die zweifellos von einem harten Huf herrührte.
    Ihr Feuer war längst ausgegangen, doch das bekümmerte sie schon lange nicht mehr. Sie hatte ja ihre Feuersteine und das Eisenpyrit und konnte im Handumdrehen ein neues Feuer machen, sofern sie guten Zunder zur Verfügung hatte. Sie setzte Wasser zum Kochen auf und umwickelte dann die Rippen des kleinen Höhlenlöwen fest und glatt mit einem Lederband. Als sie die schwarze Rinde von dem Beinwurz abzog, das sie unterwegs

Weitere Kostenlose Bücher