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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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auf dem Gipfel einer hohen Erhebung standen. Als sie den Blick über die Landschaft schweifen ließen, sahen sie, wie zerklüftet, wild und schön das Gebiet war; eine Schicht Weiß, die in Mulden und auf zutagetretendem Gestein liegengeblieben war, machte alles weich. Doch diese Täuschung gestaltete das Fortkommen schwierig.
    Sie waren keiner der verschiedenen Gruppen von Menschen begegnet – die Gruppen hießen »Höhlen«, ob sie nun in einer solchen lebten oder nicht –, die sich Losadunai nannten. Jondalar meinte nachgerade schon, sie verpaßt zu haben.
    »Schau!« Thonolan streckte den Arm aus.
    Jondalar folgte der angegebenen Richtung und sah aus einem Gehölz einen Rauchfaden aufsteigen. Eilends machten sie, daß sie weiterkamen und stießen bald darauf auf eine kleine um ein Feuer herum lagernde Schar. Beide Hände in die Höhe haltend, traten die beiden Brüder unter sie; die Handflächen waren dabei nach außen gekehrt – ein Gruß, der allgemein Offenheit und Freundschaft bedeutete.
    »Ich bin Thonolan von den Zelandonii. Und dies hier ist mein Bruder Jondalar. Wir sind unterwegs auf Reisen. Spricht einer hier unsere Zunge?«
    Ein in milderen Jahren stehender Mann trat vor und hielt dabei die Hände genauso nach außen gekehrt in die Höhe wie sie. »Ich bin Laduni von den Losadunai. Im Namen Dunas, der Großen Erdmutter, ihr seid willkommen.« Er packte Thonolans beide Hände mit den seinen und grüßte auf die gleiche Weise Jondalar. »Kommt! Setzt euch ans Feuer. Wir wollen gleich essen. Haltet ihr mit?«
    »Ihr seid sehr großzügig«, entgegnete Jondalar förmlich. »Ich bin auf meiner Reise gen Westen gezogen und eine Zeitlang bei einer Höhle Zelandonii gewesen. Das ist zwar schon etliche Jahre her, aber Zelandonii sind uns immer willkommen.« Er führte sie zu einem großen Baumstamm in der Nähe des Feuers. Zum Schutz vor Wind und Wetter war ein Dach darüber gebaut worden. »Hier, ruht euch aus und nehmt eure Last ab. Ihr müßt unmittelbar vom Gletscher heruntergekommen sein.«
»Vor ein paar Tagen«, erklärte Thonolan und nahm mit ruckartiger Bewegung sein Traggestell ab.
»Dann kommt ihr zu einem sehr späten Zeitpunkt. Der Föhn kann jetzt jeden Tag einsetzen.«
»Föhn?« Thonolan wußte nichts mit diesem Wort anzufangen.
»Der aus Südwesten wehende, warme und trockene Frühlingswind. Er weht mit einer solchen Heftigkeit, daß er ganze Bäume entwurzelt und dicke Äste herunterbrechen läßt. Allerdings bringt er den Schnee in kürzester Zeit zum Schmelzen. Binnen weniger Tage kann all dies hier verschwunden sein und die Bäume anfangen zu knospen«, erklärte Laduni und machte eine weitausgreifende Armbewegung, um anzudeuten, daß er den Schnee meinte. »Wenn er einen auf dem Gletscher überrascht, kann das tödlich sein. Das Eis schmilzt so schnell, daß sich Spalten auftun. Schneebrücken und -ränder können unter deinem Fuß nachgeben. Bäche, ja, ganze Flüsse fließen über das Eis.«
»Er bringt aber auch immer das Übel mit«, fügte eine junge Frau hinzu und nahm den Faden von Ladunis Bericht auf.
»Übel?« Thonolan richtete diese Frage an sie.
»Böse Geister, die sich vom Wind tragen lassen. Sie machen jedermann reizbar. Leute, die nie ein lautes Wort sagen, fangen plötzlich an, sich zu streiten. Leute, die sonst glücklich sind, weinen den ganzen Tag. Die Geister können dich krank machen, oder wenn du schon krank bist, können sie dich dazu bringen, daß du den Tod herbeisehnst. Es hilft, wenn man weiß, was auf einen zukommt; aber auf jeden Fall ist dann jeder schlechtgelaunt.«
»Wo hast du denn so gut Zelandonii sprechen gelernt?« fragte Thonolan und lächelte die attraktive Frau bewundernd an.
Diese erwiderte Thonolans Lächeln nicht minder freimütig, doch statt zu antworten, blickte sie hinüber zu Laduni.
»Thonolan von den Zelandonii, das hier ist Filonia von den Losadunai. Sie ist die Tochter meines Herdfeuers«, sagte Laduni rasch und verstand sehr wohl ihren unausgesprochenen Wunsch, dem Fremden in aller Form vorgestellt zu werden. Was wiederum Thonolan zu verstehen geben sollte, daß sie durchaus etwas auf sich hielt und sich nicht ohne förmliche Vorstellung mit Fremden unterhielt, nicht einmal mit hübschen, aufregenden, auf einer Reise begriffenen Fremden.
Thonolan hielt die Hände in der Geste der förmlichen Begrüßung in die Höhe; seine Augen drückten dabei Wohlgefallen und Bewunderung aus. Sie zögerte einen Moment, gleichsam als müsse sie

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