Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Wenn keine Frau stark genug ist, meine Liebe ›zu ertragen‹, denkst du dann, ich … ich bräuchte einen Mann?«
Serenio lächelte und kicherte dann. »Ich meine nicht, daß du deinen Bruder liebst wie eine Frau. Du bist nicht wie der Shamud, mit dem Körper des einen und den Neigungen des anderen Geschlechts. Das hättest du inzwischen herausgefunden, wärest deiner Berufung gefolgt und hättest, wie der Shamud, hier eine Liebe gefunden. Nein«, sagte sie, und Wärme überflutete sie, als sie daran dachte, »dazu magst du den weiblichen Körper viel zu sehr. Nur liebst du deinen Bruder mehr, als du jemals eine Frau geliebt hast. Deshalb habe ich dich heute nacht ja so begehrt. Du wirst fortgehen, wenn er uns verläßt, und dann sehe ich dich nie wieder.«
Kaum hatte sie das gesagt, wußte er, daß sie recht hatte. Egal, zu welchem Entschluß er sich durchgerungen zu haben meinte – wenn es soweit war, würde er mit Thonolan fortgehen.
»Woher hast du das gewußt, Serenio? Ich habe das nicht getan. Ich bin mit dem Vorsatz hergekommen, mich mit dir zusammenzutun und Sharamudoi zu werden, wenn ich dich nicht mit mir zurücknehmen könnte.«
»Ich glaube, jeder weiß, daß du ihm folgen wirst, wohin er auch geht. Der Shamud sagt, es ist dein Schicksal.«
Jondalars Neugier in bezug auf den Shamud war nie befriedigt worden. Der Regung des Augenblicks nachgebend, fragte er: »Sag mir, ist der Shamud ein Mann oder eine Frau?«
Lange sah sie ihn an. »Willst du das wirklich wissen?«
Er überlegte. »Nein, es spielt wohl keine Rolle. Der Shamud wollte es mir nicht sagen – vielleicht ist ihm dieses Geheimnis wichtig.«
In dem Schweigen, das diesen Worten folgte, starrte Jondalar Serenio an; er wollte sie so in der Erinnerung behalten, wie sie jetzt war. Ihr Haar war immer noch feucht und zerzaust, doch war sie mittlerweile wieder warm geworden und hatte inzwischen den größten Teil der Felle beiseitegeschoben. »Und was ist mit dir, Serenio? Was wirst du tun?«
»Ich liebe dich, Jondalar.« Das war eine schlichte Feststellung, eine Erklärung. »Es wird nicht leicht sein, darüber hinwegzukommen, aber du hast mir etwas gegeben. Ich hatte Angst vor der Liebe. Ich habe so viele Menschen verloren, die ich liebte, daß mir alle Liebesgefühle ausgetrieben worden sind. Ich habe gewußt, daß ich dich wiederhergeben muß, Jondalar, aber ich habe dich trotzdem geliebt. Und jetzt weiß ich, daß ich auch wieder lieben kann, und wenn ich denjenigen, den ich liebe, verliere, dann bleibt mir immer noch die Liebe, die gewesen ist. Das verdanke ich dir. Und vielleicht noch etwas.« Das Geheimnis der Frau tat sich in ihrem Lächeln kund. »Vielleicht wird bald jemand in mein Leben treten, den ich – ungestraft – lieben kann. Es ist zwar noch ein bißchen früh, um ganz sicher zu sein, aber ich glaube, die Mutter hat mich gesegnet. Ich dachte, das sei nicht mehr möglich, nachdem ich das letzte Kind verloren habe – wo ich doch jetzt so viele Jahre ohne Ihren Segen geblieben bin. Möglich, daß es das Kind deines Geistes ist. Das werde ich wissen, wenn das Baby deine Augen hat.«
Die vertrauten Falten bildeten sich zwischen den Augen. »Serenio, dann muß ich bleiben. Du hast keinen Mann am Herdfeuer, der für dich und das Kind sorgt«, sagte er.
»Jondalar, da mach dir keine Sorgen. Eine Mutter und ihre Kinder haben bei uns nichts auszustehen. Mudo sagt, allen, denen Ihr Segen zuteil wird, muß geholfen werden. Deshalb hat Sie ja die Männer gemacht, damit sie den Müttern die Gaben der Großen Erdmutter bringen. Die Höhle wird schon für uns sorgen, genauso, wie Sie für all Ihre Kinder sorgt. Du mußt deinem Schicksal folgen, und ich dem meinen. Ich werde dich nie vergessen, und wenn ich ein Kind deines Geistes habe, wird es mich an dich erinnern, genauso wie Darvo mich an den Mann erinnert, den ich liebte, als er geboren wurde.«
Serenio hatte sich verändert, erhob jedoch immer noch keinerlei Ansprüche, erlegte ihm keinerlei Verpflichtungen auf. Er schloß sie in die Arme. Sie sah in seine bezwingenden blauen Augen. Ihr Blick hielt mit nichts zurück, weder mit der Liebe, die sie empfand, noch ihrer Trauer darüber, daß sie ihn verlor, und auch nicht mit der Freude über den Schatz, den sie, wie sie hoffte, unterm Herzen trug. Durch einen Spalt in den Planken sahen sie, daß fahles Licht den kommenden Tag verkündete. Er stand auf.
»Wohin willst du, Jondalar?«
»Nur nach draußen. Ich habe zuviel Tee getrunken.« Er
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