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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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äußeren Wunden zu behandeln. Sie säuberte die Wunde gründlich sowohl direkt als auch außen herum. Unter der tiefgehenden Schnittwunde war ein Teil seines Hüftmuskels zerrissen. Sie bestreute die Wunde reichlich mit Geraniumwurzel-Pulver und stellte fest, daß es sofort wirkte: das Blut gerann augenblicklich.
Die entscheidende Stelle mit einer Hand festhaltend, tauchte Ayla Beinwurz ins Wasser, um es abzuspülen. Dann zerkaute sie es zu einem Brei und spuckte diesen in den heißen Ringelblumen-Aufguß; das ergab einen Breiumschlag, den sie direkt auf die offene Wunde auftragen konnte. Sie hielt die klaffende Wunde zu und legte den zerrissenen Muskel wieder dorthin, wo er hingehörte, doch als sie dann losließ, klaffte die Wunde erneut auf, und der Muskel rutschte wieder heraus.
Wieder drückte sie sie zusammen, doch sie wußte, daß sie nicht halten würde und meinte auch, daß sie das nicht tun würde, wenn sie das Bein fest bandagierte; sie wollte aber auch nicht, daß das Bein des Mannes schlecht heilte und eine bleibende Schwächung zur Folge hätte. Wenn sie nur dasitzen und die Wunde zuhalten konnte, solange sie heilte, dachte sie und kam sich ganz hilflos vor. Wenn doch Iza da wäre! Sie war überzeugt, daß die alte Medizinfrau genau wissen würde, was zu tun sei, obwohl Ayla sich nicht an irgendwelche Anweisungen erinnern konnte, wie in einer Lage wie dieser vorzugehen sei.
Doch fiel ihr etwas anderes ein – etwas, das Iza ihr über sich selbst erzählt hatte, als sie gefragt hatte, ob sie, Ayla, denn überhaupt Izas Nachfolgerin als Medizinfrau werden könne. »Ich bin schließlich nicht deine richtige Tochter«, hatte sie gesagt. »Ich habe nicht deine Erinnerungen. Ja, ich verstehe nicht wirklich, was für Erinnerungen du hast.«
Woraufhin Iza ihr erklärt hatte, ihre Familie genieße höchstes Ansehen, weil sie die besten wären; jede Mutter habe ihrer Tochter weitergegeben, was sie wisse und gelernt habe; in diesem Sinne sei auch sie von Iza ausgebildet worden. Iza hatte ihr alles Wissen übermacht, das sie besaß – vielleicht nicht alles, was sie wußte, doch immerhin genug, weil Ayla noch etwas anderes hatte. Eine Gabe, wie Iza sie genannt hatte. »Du hast zwar nicht die Erinnerungen, Kind, aber du hast eine Art zu denken, und ein Verständnis … und eine Art zu wissen, wie du helfen kannst.«
Wenn mir bloß etwas einfiele, wie ich diesem Mann helfen kann, dachte Ayla. Dann fiel ihr Blick auf den Stapel Kleider, von denen sie den Mann befreit hatte, und dabei kam ihr ein Gedanke. Sie ließ das Bein los und griff jenes Kleidungsstück, das den unteren Teil seines Körpers bedeckt hatte. Die Stücke waren zurechtgeschnitten und mit einer feinen Schnur zusammengefügt worden – einer aus Sehnen gedrehten Schnur. Sie sah sich genau an, wie die einzelnen Teile zusammengefügt worden waren und zog sie auseinander. Die Sehne war durch ein Loch auf der einen Seite und durch ein Loch auf der anderen Seite hindurchgeführt und dann zusammengezogen worden.
Ähnlich verfuhr sie, wenn sie Gefäße aus Birkenrinde machte: sie drückte dann Löcher in die Rinde und verknotete die Enden der Schnur. Ob sie wohl etwas Ähnliches machen konnte, um die Beinwunde des Mannes geschlossen zu halten? Die Wunde solange geschlossen zu halten, bis sie verheilt war?
Rasch erhob sie sich und holte etwas herbei, das aussah wie ein dürrer brauner Ast und in Wirklichkeit ein getrocknetes Stück Sehne vom Hirsch war. Mit einem glatten runden Stein klopft Ayla die getrocknete Sehne so lange weich, bis lange Fäden weißer Kollagenfasern sich voneinander lösten, die sie auseinanderriß und zu einem zähen dünnen Faden zusammenzwirbelte, den sie in den Ringelblumen-Aufguß tauchte. Genauso wie Leder wurden Sehnen weich, wenn sie naß wurden, und unbehandelt und getrocknet steif. Nachdem sie mehrere Fadenlängen bereitliegen hatte, sah sie ihren Bestand an Messern und Bohrern durch und suchte denjenigen heraus, mit dem sie glaubte, die kleinsten Löcher in das Fleisch des Mannes drücken zu können. Dann fiel ihr das Päckchen mit den Splittern ein, die sie von dem Baum hatte, in den der Blitz eingeschlagen hatte. Iza hatte derlei Splitter benutzt, um Beulen, Blasen und Schwellungen aufzustechen, die trockengelegt werden mußten. Sie würden ihrem Zweck dienen.
Sie wischte das heraussickernde Blut fort, war sich aber nicht ganz sicher, wo anfangen. Als sie mit einem der Splitter ein Loch in das Fleisch steckte, zuckte der

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