Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
Vom Netzwerk:
ausgerechnet heute beschlossen, gen Westen zu reiten? Warum hatte sie ausgerechnet in dem Augenblick da sein müssen, da er geschrien hatte? Und warum hatte es von all den vielen Höhlenlöwen auf der Steppe ausgerechnet Baby sein müssen, den sie in der Schlucht vorfand? Ihr Totem mußte sie dorthin geführt haben. Und was war mit ihrem Traum von dem Mann mit dem gelben Haar? Wer war dies? Warum war er hierhergebracht worden? Sie hatte keine Ahnung, was für eine Bedeutung er in ihrem Leben haben sollte; nur eines wußte sie: Es würde nie mehr das Gleiche sein. Sie hatte das Gesicht der Anderen gesehen.
Sie fühlte, daß Winnie von hinten ihre Schnauze unter ihre Hand schob, und so drehte sie sich um. Das Pferd schob seinen Kopf über die Schulter der Frau, und Ayla hob beide Arme in die Höhe über die Schulter und umschlang seinen Hals damit. Dann legte sie den Kopf daran. Da stand sie, klammerte sich an das Tier, wollte ihr gewohntes behagliches Leben fortführen und hatte Angst vor der Zukunft. Dann streichelte sie die Stute, klopfte und liebkoste sie und fühlte die Bewegung des Jungen, mit dem sie trächtig ging.
»Lange kann es nicht mehr dauern, Winnie. Allerdings bin ich froh, daß du mir geholfen hast, diesen Mann hierherzubringen. Allein hätte ich das nie geschafft.«
Ich sollte hineingehen und nachsehen, daß mit ihm alles in Ordnung ist, dachte sie, beunruhigt, daß ihm etwas zustoßen könnte, wenn sie ihn auch nur einen Moment allein ließ. Er jedoch hatte sich nicht bewegt. Trotzdem blieb sie bei ihm, beobachtete, wie sein Atem ging, und brachte es nicht fertig, die Augen von ihm abzuwenden. Dann fiel ihr etwas Außergewöhnliches auf: er hatte keinen Bart! Alle Männer im Clan hatten Bärte, buschige braune Bärte. Hatten die Männer der Anderen keine Bärte?
Sie berührte sein Kinn und fühlte die rauhen Stoppeln neuen Bartwuchses. Also hatte er doch einen Bart, nur einen sehr kurzen. Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Wie jung er aussah! Und dafür war er sehr groß und muskulös. Trotzdem kam er ihr plötzlich mehr wie ein Junge denn wie ein Mann vor.
Er wandte den Kopf, stöhnte auf und murmelte etwas. Seine Worte konnte sie nicht verstehen, doch hatte sie etwas, das ihr das Gefühl gab, eigentlich müßte sie sie verstehen. Sie legte ihm die Hand auf die Stirn, dann auf die Wange, und spürte, daß Fieberhitze in ihm aufstieg. Ich sollte sehen, daß ich ihn dazu bringe, etwas Weidenrinde einzunehmen, dachte sie und stand wieder auf.
Während sie die Weidenrinde hervorholte, sah sie ihren Vorrat an Heilkräutern durch. Immer wieder hatte sie sich gefragt, warum sie wohl eine ganze Heilkräutersammlung aufbewahrte, wo sie doch niemand zu behandeln hatte außer sich selbst. Rein aus Gewohnheit offenbar. Aber jetzt war sie froh darüber. Es gab viele Pflanzen, die sie weder im Tal noch auf den Steppen gefunden hatte, die aber in der Nähe der Clanshöhle häufig vorgekommen waren; doch was sie hatte, reichte; außerdem hatte sie noch einige gefunden, die weiter im Süden unbekannt waren. Iza hatte sie gelehrt, unbekannte Pflanzen an sich selbst auszuprobieren, um herauszufinden, ob sie sich für Heilzwecke oder zum Essen eigneten; allerdings war sie mit keinem der neu gewonnenen Kräuter ganz zufrieden – jedenfalls genügte ihre Erfahrung ihr nicht, sie an dem Mann auszuprobieren.
Neben der Weidenrinde nahm sie noch eine Pflanze herunter, in deren Anwendung sie sich gut auskannte. Der behaarte Stengel wies keinerlei Blätter auf, schien aber aus der Mitte breiter, spitz zulaufender Doppelblätter hervorzuwachsen. Als sie sie gepflückt hatte, waren Trauben von weißen Blüten daran gewesen, die jetzt zu einem Braun verwelkt waren. Die Pflanze sah dem Odermennig so ähnlich, daß sie sie für eine Verwandte dieses Krauts hielt – doch eine der anderen Medizinfrauen auf der Clansversammlung hatte sie Wasserdost genannt und Knochenbrüche damit behandelt. Ayla verwendete es, um Fieber zu senken; allerdings mußte der Pflanzensaft zu einem dicken Sirup zusammengekocht werden, und das brauchte seine Zeit. Nahm man diesen Sirup ein, schwitzte man ausgiebig; er war jedoch so stark, daß sie es bei dem durch den Blutverlust sehr geschwächten Mann eigentlich nicht anwenden wollte – es sei denn, es ließ sich nicht vermeiden. Immerhin war es gut, auf diese Möglichkeit vorbereitet zu sein.
Auch Luzerne fiel ihr ein. Frische Luzerneblätter, in heißem Wasser eingeweicht, halfen bei der Blutgerinnung.

Weitere Kostenlose Bücher