Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
Zauber. Haduma segnen, Noria machen. Großer Zauber. Frau keine Kinder. Haduma …«Mit ausgestrecktem Finger zeigte er auf Jondalars Schritt.
»Berühren?« schlug Jondalar vor, und die Ohren brannten ihm.
»Haduma berühren, Frau machen Baby. Frau keine … Milch. Haduma berühren, Frau machen Milch. Haduma machen Jondalar … große Ehre. Viele Männer wollen, Haduma sie berühren. Machen lange Mann. Machen Mann … Vergnügen?« Alle lächelten. »Frau Vergnügen machen immer. Viele Frauen, viele Male. Haduma großer Zauber.« Er hielt inne, und das Lächeln schwand aus seinem Gesicht. »Nicht Haduma zornig machen. Haduma böser Zauber, Zorn.«
»Und ich habe gelacht«, sagte Thonolan. »Meinst du, ich könnte sie dazu bringen, mich zu berühren?«
»Kleiner Bruder, die einzige Zauberberührung, derer es bei dir jemals bedurft hat, war der einladende Blick einer hübschen Frau.«
»Na und? Mir ist nie aufgefallen, daß es bei dir besonderer Nachhilfe bedurft hätte. Sieh doch, wem jetzt die Ehre dieser Ersten Wonnen zuteil wird. Jedenfalls nicht deinem kleinen Bruder mit seinen glanzlosen grauen Augen.«
»Armer kleiner Bruder. Ein Lager voller Frauen, und er soll die Nacht allein verbringen. Um alles auf der Welt nicht!« Sie lachten, und Tamen, der wohl spürte, worum es bei diesem Geplänkel ging, stimmte in ihr Lachen ein.
»Tamen, vielleicht weihst du mich in eure Sitten und Gebräuche ein, was die Erste Nacht betrifft«, sagte Jondalar, jetzt ernsthafter.
»Ehe du dich darüber ausläßt«, sagte Thonolan, »kannst du dafür sorgen, daß wir unsere Speere und Messer zurückerhalten? Mir ist da ein Gedanke gekommen. Während mein Bruder damit beschäftigt ist, die junge Schöne mit seinen großen blauen Augen zu umgarnen, mache ich wohl besser euren erbosten Jäger glücklicher.«
»Und wie?« fragte Jondalar.
»Selbstverständlich mit einer Großmutter.«
Tamen machte ein verwirrtes Gesicht, tat das Ganze dann jedoch kopfschüttelnd als Sprachschwierigkeit ab.
Weder an diesem Abend noch am folgenden Tag bekam Jondalar viel von Thonolan zu sehen; dazu war dieser viel zu sehr mit den Reinheitsritualen beschäftigt. Selbst mit Tamens Hilfe noch erwies sich die Sprachschwierigkeit als hinderlich für die Verständigung, und wenn er mit den finster dreinblickenden älteren Frauen allein zusammensaß, war es womöglich noch schlimmer. Nur in Hadumas Gegenwart konnte er etwas entspannen, und er war sich sicher, daß sie beschwichtigend auf die anderen einwirkte, wenn er in irgendwelche Fettnäpfchen getreten war.
Haduma herrschte zwar nicht über die Leute, doch war es offenkundig, daß sie ihr nichts abschlagen würden. Man kam ihr mit wohlwollender Ehrerbietung entgegen, hatte aber auch ein wenig Angst vor ihr. Es mußte Magie sein, daß sie so alt geworden war und ihre geistigen Fähigkeiten voll und ganz behalten hatte. Sie schien gleichsam zu riechen, wenn Jondalar in Schwierigkeiten war. Einmal – er war sich sicher, unwissentlich gegen irgendein Tabu verstoßen zu haben – kam sie mit zornfunkelnden Augen herein und drosch mit ihrem Stab auf den Rücken etlicher sich zurückziehender Frauen ein. Sie duldete keinerlei Widerstand ihm gegenüber; die sechste Generation nach ihr sollte Jondalars blaue Augen haben.
Am Abend, als er schließlich in den großen Rundbau geführt wurde, war er sich erst in dem Augenblick sicher, daß es soweit war, als er eintrat. Er blieb stehen und sah sich um. Zwei Steinlampen mit schalenähnlichen Vertiefungen waren mit Fett gefüllt; ein aus getrocknetem Moos geflochtener Docht brannte und erhellte die eine Seite des Raums. Auf dem Boden lagen Felle, wohingegen die Wände behangen waren mit RindenstoffWebereien, die sehr verschlungene Muster aufwiesen. Hinter einer mit Fellen bedeckten Plattform hing das dicke weiße Fell eines Albino-Pferdes, das mit den roten Köpfen noch nicht ganz flügger Spechte geschmückt war. Am äußersten Rand der Plattform saß Noria und betrachtete nervös ihre im Schoß liegenden Hände.
Auf der anderen Seite war ein kleiner Teil des Raumes abgeteilt mit Lederhäuten, die mit geheimnisvollen Symbolen bemalt waren; eine der Häute war in so feine Streifen zerschnitten und am oberen Rand belassen worden, daß es wie riesige Fransen wirkte. Hinter diesem Fransenvorhang stand jemand. Er sah, wie eine Hand ein paar der Fransen beiseiteschob, und dann blickte er für einen kurzen Augenblick in das verrunzelte Gesicht Hadumas. Erleichtert seufzte
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