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Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde

Titel: Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean M. Auel
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bemühte sich bewußt um einen ganz neutralen Ton, doch Thonolan hatte den Eindruck, daß sein Bruder ihm nicht ganz glaubte.
Rasch kletterten sie hinauf und waren ganz außer Atem, als sie den Gipfel erreichten. Dann hielten sie überrascht den Atem an. Sie befanden sich in so großer Höhe, daß sie ziemlich weit sehen konnten. Hinter der Flußbiegung verbreiterte die Große Mutter sich, wurde das Wasser unruhig, und als es die riesige Wasserfläche erreichte, brodelte es und warf Gischt auf. Die große Wasserfläche war durch den vom Boden aufgewühlten Schlamm milchig trüb. Abgebrochene Äste, verendete Tiere und ganze Bäume schaukelten und drehten sich im Sog der miteinander in Widerstreit liegenden Strömungen.
Nicht das Ende der Mutter war es, das sie erreicht hatten. Sie waren vielmehr auf die Schwester gestoßen.
Hoch in den Bergen vor ihnen hatte die Schwester in einer Vielzahl von Rinnsalen und Bächen begonnen. Aus den Bächen wurden Flüsse, die durch Stromschnellen hindurchgurgelten, über Wasserfälle hinwegschäumten und steil die Westhänge des zweiten großen Gebirgszugs hinunterflossen. Da weder Seen noch andere Sammelbecken sie in ihrem Lauf aufhielten, gewannen die turbulenten Wassermassen immer mehr an Gewicht und an Kraft, bis sie sich unten auf der Ebene zu einem einzigen Fluß zusammenfanden. Das einzige, was die durcheinanderwirbelnde Schwester aufhielt, war die bereits übersättigte Mutter selbst.
Der nahezu gleichgroße Nebenfluß stürzte sich in den Mutterstrom und kämpfte gegen den herrschenden Einfluß einer raschen Strömung an. Die Fluten bäumten sich auf, strömten dann reißend weiter und bildeten ein Durcheinander von sehr unterschiedlichen Strömungen und Gegenströmungen; plötzlich sich bildende Strudel rissen Treibholz und andere Trümmer auf das Flußbett herunter und spien es kurze Zeit darauf flußabwärts wieder aus. Der alles mit sich reißende Zusammenfluß weitete sich zu einem gefährlichen See, der so groß war, daß man das andere Ufer nicht erkennen konnte.
Die Herbstüberflutung hatte ihren Höhepunkt erreicht, und ein schlammiger Morast hatte sich weit über die ursprünglichen Ufer hinaus ausgedehnt, zwischen denen das Wasser in der letzten Zeit sogar schon zurückgegangen war und einen Sumpf der Verwüstung zurückgelassen hatte: umgerissene Bäume, deren Wurzeln himmelwärts ragten, Stämme, die sich mit Wasser vollgesogen hatten, abgebrochene Äste; Tierkadaver und sterbende Fische, die in austrocknenden Wasserlachen gelandet waren. Wasservögel taten sich an der leichten Beute gütlich; auf dem nahegelegenen Ufer wimmelte es nur so von ihnen. Nicht weit von ihnen machte eine Hyäne, ohne sich vom Flügelschlagen schwarzer Störche stören zu lassen, einem Hirsch den Garaus.
»Große Mutter!« entfuhr es Thonolan leise.
»Das muß die Schwester sein.« Jondalar war zu sehr von ehrfürchtiger Scheu erfüllt, als daß er seinen Bruder hätte fragen können, ob er es jetzt glaube.
»Wie kommen wir da nur hinüber?«
»Das weiß ich nicht. Vielleicht müssen wir stromaufwärts gehen.«
»Wie weit? Sie ist doch genauso mächtig wie die Mutter.«
Jondalar konnte nur den Kopf schütteln. Besorgt runzelte er die Stirn.
»Wir hätten uns nach Tamens Rat richten sollen. Es kann jetzt jeden Tag anfangen zu schneien; uns bleibt nicht viel Zeit, wieder stromaufwärts zu ziehen. Wenn ein großer Sturm kommt, möchte ich nicht im Freien sein.«
Ein plötzlicher Windstoß fuhr Thonolan unter die Kapuze und drückte sie nach hinten, so daß sein Kopf unbedeckt war. Er zog sie wieder drüber, tiefer ins Gesicht und erschauerte. Zum erstenmal, seit sie aufgebrochen waren, befielen ihn ernstliche Zweifel, ob sie den langen vor ihnen liegenden Winter auch überstehen würden. »Was machen wir jetzt Jondalar?«
»Wir suchen uns einen Lagerplatz.« Jondalar spähte von ihrer Höhe herab das Gelände ab. »Dort drüben, ein wenig weiter stromaufwärts, dort bei dem etwas höher gelegenen Ufer mit der Erle. Dort fließt ein Bach in die Schwester – das Wasser müßte eigentlich gut sein.«
    »Wenn wir beide Traggestelle an einem Stamm festmachen und uns beiden eine Leine um den Leib binden, könnten wir hinüberschwimmen, ohne daß wir getrennt werden.«
    »Ich weiß, daß du kühn bist, kleiner Bruder, aber das wäre sträfliche Tollkühnheit. Ich bin mir nicht sicher, ob ich es schwimmend bis hinüber schaffe – und dann auch noch mit einem Stamm und allen unseren

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