Zyklus der Erdenkinder 02 - Ayla und das Tal der Pferde
nicht mehr so zum Lachen. Aus ihrer gemeinsamen Sorge um Thonolan war Freundschaft geworden, obwohl die Verständigung zwischen ihnen sich auf ein paar grundlegende Gesten und die wenigen Worte beschränkte, die er gelernt hatte.
Sie reichte ihm einen Becher mit einer heißen Flüssigkeit. Er dankte ihr mit den Worten, die er gelernt hatte und mit denen sie Dank zum Ausdruck brachten; dabei wünschte er, eine Möglichkeit zu haben, ihnen ihre Hilfe zu vergelten. Er nippte an dem heißen Getränk, runzelte die Stirn und nippte nochmals. Es war ein Kräutertee, nicht unangenehm, wohl aber überraschend. Für gewöhnlich nahmen sie morgens eine nach Fleisch schmeckende Brühe zu sich. Sein Geruchssinn verriet ihm, daß in dem kerbengeschmückten Kochgefäß in der Nähe des Feuers zwar Wurzeln und Körner vor sich hinkochten, aber kein Fleisch. Ein einziger rascher Blick genügte, um ihm die Veränderung in der Morgenmahlzeit klarzumachen. Es war kein Fleisch vorhanden; keiner war Jagen gegangen.
Er leerte den Beinbecher mit wenigen Schlucken und eilte dann zurück in sein Zelt. In der Wartezeit hatte er aus den Erlenstämmchen kräftige Speere gearbeitet und sie sogar noch mit Feuersteinspitzen versehen. Jetzt nahm er die beiden schweren Schäfte, die an der Rückwand seines Zeltes gelehnt standen, auf, griff dann in seine Kiepe, nahm ein paar von den leichteren Wurfspeeren heraus und kehrte ans Feuer zurück. Er kannte nicht viele Worte, doch bedurfte es auch nicht vieler, um den Wunsch auszudrücken, auf die Jagd zu gehen, und noch ehe die Sonne wesentlich höher gestiegen war, versammelte sich eine aufgeregte Menge.
Jetamio war hin- und hergerissen. Einerseits wollte sie bei dem verwundeten Fremden bleiben, dessen lachende Augen ihr jedesmal das Lächeln ins Gesicht trieb, wenn er sie ansah, andererseits wollte sie auch mit auf die Jagd. Wenn es sich vermeiden ließ, ließ sie sich nie eine entgehen, seit sie überhaupt mit auf die Jagd hatte ziehen können. Roshario drängte sie auch diesmal mitzugehen. »Um ihn brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Der Shamud wird auch ohne dich eine Zeitlang mit ihm zurechtkommen. Schließlich bin ja auch ich noch da.«
Die Jäger hatten sich bereits auf den Weg gemacht, als Jetamio hinter ihnen herlief, sie rief und ihre Kapuze am Kopf feststeckte. Jondalar hatte darüber nachgedacht, ob sie auf die Jagd ging oder nicht. Junge Zelandonii-Frauen taten das oft. Frauen stand die Wahl frei, ob sie jagen wollten oder nicht; das gehörte zu den Sitten und Gebräuchen ihrer Höhle dazu. Sobald sie erst einmal Kinder bekamen, hielten Frauen sich für gewöhnlich mit Ausnahme einer Treibjagd in größerer Nähe von daheim auf. Bei einer Treibjagd wurde jeder gesunde Clansangehörige gebraucht, um eine Herde in Fallen hinein- oder über eine tödliche Klippe hinwegzutreiben.
Jondalar mochte jagende Frauen – den meisten Männern seiner Höhle ging es ebenso. Inzwischen hatte er erfahren, daß das keineswegs überall so war. Es hieß, daß Frauen, die selber jagten, die die Schwierigkeiten des Jagdlebens erst richtig einzuschätzen verstünden, verständnisvollere Gefährtinnen abgäben. Seine Mutter war besonders um ihrer Fähigkeiten als Fährtenleserin berühmt gewesen und war oft mit auf die Jagd gegangen, auch nachdem sie schon Kinder gehabt hatte.
Sie warteten, bis Jetamio sie eingeholt hatte, und zogen dann zügig weiter. Jondalar meinte, es müsse kälter geworden sein, doch bewegten sie sich so rasch, daß er sich nicht sicher war, bis sie an einem kleinen Fluß haltmachten, der sich über flaches Grasland dahinwand und einen Weg suchte, die Mutter zu erreichen. Als er hinging, um seinen Wasserbeutel aufzufüllen, bemerkte Jondalar, daß das Eis am Rand des Baches dicker wurde. Er schob die Kapuze zurück, da der Pelzrand um sein Gesicht seine Sicht einengte, doch dauerte es nicht lange, und er zog sie sich wieder über den Kopf, wie alle anderen übrigens auch. Die Luft war entschieden zu eisig.
Jemand entdeckte weiter stromaufwärts Spuren. Alle standen im Kreis herum, während Jondalar sie untersuchte. Auch eine Nashornfamilie hatte haltgemacht, um zur Tränke zu gehen, und das war noch nicht lange her. Als Jondalar eine Skizze in den nassen Ufersand zeichnete, um klarzumachen, wie man angreifen solle, fiel ihm auf, daß Eiskristalle den Boden hart machten.
Dolando stellte mit Hilfe eines eigenen Stocks eine Frage, und Jondalar führte seine Zeichnung genauer aus. Man
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