Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
einem breiten Grinsen. Die Liebe und das Verständnis, das aus ihren Augen leuchtete, als sie sich ansahen, hatte für alle etwas Herzerwärmendes. Auch Ayla empfand diese Herzlichkeit, und tief in ihrer Seele spürte sie, daß beider Nähe und Verbundenheit daher rührte, daß sie in einem Leben gemeinsamer Erfahrungen gelernt hatten, einander so zu akzeptieren, wie sie waren.
Allerdings weckte Taluts und Nezzies Zufriedenheit auch beunruhigende Gedanken in ihr. Ob sie selbst wohl jemals so akzeptiert werden würde? Ob sie wohl je einen anderen so gut kennenlernte? In Gedanken verloren saß sie da, starrte über den Fluß hinweg und bot zusammen mit den anderen einen friedlichen Anblick, während die weite leere Landschaft ein schreckenerregendes Schauspiel bot.
Die nach Norden wandernden Wolken hatten, als das LöwenLager mit seinem Festmahl zu Ende war, ihr Reich ausgedehnt und boten ihre den Widerschein der Sonne reflektierende Unterseite dem rasch sich zurückziehenden Feuerball dar. In glutvoller Herrlichkeit verkündeten sie ihren Triumph über den fernen Horizont, schwenkten orangefarbene und scharlachrote Siegesbanner, unbekümmert ob ihres dunklen Bundesgenossen, der anderen Seite des Tags. Das durchsichtige Schauspiel aus durcheinanderschwimmenden Farben in funkelnder Pracht stellte ein kurzlebiges Fest dar. Das unerbittliche Näherrücken der Nacht entzog dem flüchtigen Farbenrausch allen Glanz, ließ die Feuerlohen zu blutigen Karmin- und Karneoltönen verblassen. Flammendes Rosa verblich zu rauchigem Lavendel, der wiederum von aschfarbenem Violett verdrängt wurde und schließlich rußiger Schwärze wich.
Je weiter der Abend fortschritt, desto stärker wurde der Wind, und Wärme und Geborgenheit der Erdhütte lockten. Jeder scheuerte im schwindenden Licht seine Eßgeräte und spülte sie im Wasser ab. Was von Nezzies Eintopf noch übriggeblieben war, wurde in eine Schale getan, die große Kochhaut auf die gleiche Weise gereinigt und dann zum Trocknen über den Rahmen gehängt. Im Inneren des Langhauses zogen die Leute ihre Überwürfe aus und hängten sie an Pflöcke; dann wurde das Feuer an den Feuerstellen geschürt und wieder zu neuem Leben entfacht.
Tronies Baby, Hartal, war genährt worden und schlief gesättigt ein, doch die dreijährige Nuvie, die damit kämpfte, die Augen offen zu halten, wollte zu den anderen, die sich am Herdfeuer des Mammut einfanden. Ayla nahm ihr Händchen, als sie auf unsicheren Beinen hinüber wollte; nachdem sie endlich doch eingeschlafen war, trug sie sie zurück zu Tronie, ehe die junge Mutter ihr Herdfeuer auch nur verlassen hatte.
Am Herdfeuer des Kranichs bemerkte Ayla, daß Fralies zwei Jahre alter Sohn Tasher, obwohl er vom Teller seiner Mutter mitgegessen hatte, unbedingt an ihrer Brust nuckeln wollte, dann aber ärgerlich greinte, was Ayla davon überzeugte, daß die Milch seiner Mutter versiegt war. Kaum war er eingeschlafen, kam es zu einem Streit zwischen Crozie und Frebec, was ihn wieder wach machte. Fralie, die viel zu erschöpft war, um irgendwelche Energie für Zorn aufzubringen, wollte nur ihre Ruhe haben und nahm ihn auf den Arm, was bei dem siebenjährigen Crisavec ein ärgerlich verzogenes Gesicht zur Folge hatte.
Er schloß sich Brinan und Tusie an, als diese hindurchkamen. Sie fanden Rugie und Rydag, und alle fünf Kinder, die ungefähr im gleichen Alter waren, unterhielten sich mit Worten und mit Handzeichen und Gekicher. Dann drängten sie sich auf einer Bettplattform ganz in der Nähe derjenigen, die Ayla und Jondalar teilten.
Druwez und Danug steckten nahe dem Herdfeuer des Fuchses die Köpfe zusammen. Latie stand in der Nähe, doch keiner von beiden nahm Notiz von ihr oder richtete das Wort an sie. Ayla verfolgte, wie sie den Jungen schließlich den Rücken zukehrte, den Kopf hängen ließ und mit schlurfenden Schritten zu den jüngeren Kindern hinüberging. Ayla vermutete, daß aus dem Mädchen noch keine richtige junge Frau geworden war, es wohl aber kurz davor stand. Das war die Zeit, da Mädchen andere Mädchen brauchten, sich mit ihnen zu unterhalten; aber es gab im ganzen Löwen-Lager keine anderen Mädchen ihres Alters, und die Jungen nahmen sie einfach nicht zur Kenntnis.
»Latie, möchtest dich zu mir setzen?« fragte sie. In Laties Gesicht leuchtete es auf, und sie setzte sich neben Ayla.
Der Rest vom Herdfeuer des Auerochsen kam durch den Mittelgang herunter. Tulie und Barzec gesellten sich zu Talut, der sich mit Mamut beriet.
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