Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
sie in feinen Mustern gewebt hatte, hatten an etlichen Stellen ihre Losung hinterlassen und aus allem, was sie fanden, ein furchtbares Durcheinander gemacht. Dabei war der Schaden weit geringer ausgefallen, als es zunächst den Anschein hatte, und ihre umfangreiche Sammlung von getrockneten oder sonst haltbar gemachten Heilkräutern war im wesentlichen unberührt geblieben.
Als der Abend hereinbrach, hatte Aylas Stimmung sich gehoben. Sie hatten die Höhle gesäubert, einigermaßen wieder Ordnung hereingebracht und waren dabei zu dem Schluß gekommen, daß der Verlust so groß nicht sei. Sie hatten etwas zu essen gekocht und sich gesättigt und einen Erkundungsgang durchs Tal unternommen, um festzustellen, was sich seit ihrem Fortgehen alles verändert hätte. Da das Feuer gloste, die Schlafpelze über den flachen, mit Heu gefüllten Mulden ausgebreitet worden waren, die Ayla als Bett benutzt hatte, und Winnie und Renner sich an ihrem Platz auf der anderen Seite vom Eingang niedergelassen hatten, fühlte sich Ayla wieder daheim.
»Es ist schwer zu glauben, daß ich wieder zurück bin«, sagte Ayla, die neben Jondalar auf einer Matte vorm Feuer saß. »Mir ist, als wäre ich ein ganzes Leben fortgewesen, dabei ist es gar nicht so lange gewesen.«
»Nein, es ist nicht lange gewesen.«
»Ich habe soviel gelernt, vielleicht ist das der Grund, warum es mir so lange vorkommt. Wie gut, daß du mich überredet hast mitzugehen, Jondalar. Und ich bin froh, daß wir auf Talut und die Mamutoi gestoßen sind. Weißt du eigentlich, wieviel Angst ich davor hatte, den Anderen zu begegnen?«
»Ich weiß, daß du dir deswegen Sorgen machtest, aber ich war mir sicher, sobald du ein paar Leute kennengelernt hättest, würdest du sie mögen.«
»Es ging ja nicht nur darum, irgendwelchen Leuten zu begegnen. Es ging darum, den Anderen zu begegnen. Das waren sie nämlich für den Clan; obwohl man mir mein Leben lang gesagt hatte, ich stammte von den Anderen ab, hielt ich mich selbst für eine vom Clan. Selbst als sie mich verfluchten und ich wußte, daß ich nicht zurückkehren könnte, hatte ich noch Angst vor den Anderen. Nachdem dann Winnie bei mir lebte, wurde das noch schlimmer. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. Ich hatte Angst, sie würden mir nicht erlauben, sie zu behalten oder würden sie umbringen, nur um sie zu essen. Und dann hatte ich auch Angst, sie würden mir nicht erlauben zu jagen. Ich wollte nicht mit Menschen zusammenleben, die mir nicht gestatteten zu jagen, wie und wann ich wollte, oder die mich zwingen würden, etwas zu tun, was ich gar nicht tun wollte«, sagte Ayla.
Plötzlich erfüllte die Erinnerung an ihre Ängste und Befürchtungen sie mit Unbehagen und machte sie ganz unruhig. Sie stand auf und begab sich zum Höhleneingang, schob dann den schweren Windschutz beiseite und trat hinaus auf den vorspringenden Felsen, der gleichsam eine Art Veranda vor der Höhle bildete. Draußen war es kalt und sternenklar. Die Sterne leuchteten hart und hell aus einem tiefschwarzen Himmel; ihre Ränder waren so scharf wie der Wind. Sie umfaßte sich und rieb sich die Arme; dann trat sie an den Rand des Simses.
Sie fing an zu zittern und spürte, wie ihr ein Pelz um die Schulter gelegt wurde. Als sie sich umdrehte, blickte sie in Jondalars Gesicht. Er schloß sie in die Arme, und sie kuschelte sich an ihn und wärmte sich.
Er beugte sich herunter, um sie zu küssen, und sagte dann: »Es ist kalt hier draußen. Komm wieder herein.«
Ayla ließ sich zurückführen, doch als sie das schwere Fell, das sie gleich in ihrem ersten Winter als Windschutz vor den Eingang gehängt hatte, zurückfallen ließen, blieb sie stehen.
»Das war mein Zelt … nein, Crebs Zelt«, verbesserte sie sich. »Er hat es allerdings nie benutzt. Es war das Zelt, das ich benutzte, als ich eine der Frauen war, die ausgewählt wurden, die Männer auf der Jagd zu begleiten – um die Tiere zu zerlegen und zu helfen, das Fleisch zurückzutragen. Aber gehört hat es mir nicht. Es war Crebs. Ich nahm es mit, als ich fortging, weil ich dachte, Creb hätte gewiß nichts dagegen. Fragen konnte ich ihn nicht mehr. Er war tot, aber er hätte mich ja auch nicht gesehen, selbst wenn er noch gelebt hätte. Ich war ja gerade verflucht worden.« Tränen liefen ihr über das Gesicht; dabei schien sie das gar nicht zu bemerken. »Ich war tot. Aber Durc sah mich. Er war noch zu klein, um zu wissen, daß er mich eigentlich nicht sehen durfte. Ach, Jondalar, ich wollte ihn
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