Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
wurde.«
»Dann war deine Mutter auch die Gefährtin von Dalanar?«
»Ja. Sie war bereits die Anführerin, als er ihr Gefährte wurde. Sie standen einander sehr nahe. Die Leute erzählen heute noch Geschichten über Marthona und Dalanar und singen traurige Lieder über ihre Liebe. Zelandoni hat mir einmal gesagt, sie hätten einander zu sehr geliebt. Dalanar wollte sie nicht mit seiner Höhle teilen. Er haßte nachgerade die Zeit, die sie mit Höhlenangelegenheiten beschäftigt war. Aber sie nahm ihre Verantwortung sehr ernst. Schließlich durchschnitten sie den Knoten, und er zog fort. Später gründete Marthona mit Willomar ein neues Herdfeuer und bekam danach Thonolan und Folara. Dalanar zog in den Nordosten, entdeckte eine Flintgrube und lernte Jerika kennen. So gründete er dort die Erste Höhle der Lanzadonii.«
Er versank für eine Weile in Schweigen. Jondalar hatte das Gefühl, über seine Familie sprechen zu müssen, deshalb lauschte Ayla ihm auch dann, wenn er Dinge erzählte, die sie bereits von ihm kannte. Sie erhob sich, schenkte den Rest des Tees in ihre Becher, legte Holz nach, hockte sich dann auf die Felle am Ende des Bettes und verfolgte, wie das flackernde Licht Schatten über Jondalars nachdenkliches Gesicht huschen ließ. »Was bedeutet das, Lanzadonii?« fragte sie.
Jondalar lächelte. »Es bedeutet … Leute … Kinder der Doni … Kinder der Großen Erdmutter, genau genommen, Kinder der Großen Erdmutter, die im Nordosten leben.«
»Du hast doch auch dort gelebt, nicht wahr? Bei Dalanar?«
Er schloß die Augen. Seine Wangenmuskeln strafften sich, als er mit den Zähnen knirschte, und auf seiner Stirn traten schmerzliche Stränge hervor. Es war nicht das erste Mal, daß Ayla diesen Ausdruck bei ihm wahrnahm, und sie fragte sich, was er zu bedeuten habe. Zwar hatte er auch im Sommer schon von diesem Abschnitt seines Lebens erzählt, aber es hatte ihn jedesmal sehr erregt, und sie wußte, daß er mit irgend etwas hinterm Berg hielt. Sie spürte förmlich die Spannung in der Luft, einen großen Druck, der auf Jondalar lastete, gleichsam als schickte die Erde sich an, aus großer Tiefe aufzureißen.
»Ja, ich habe dort gelebt«, sagte er. »Drei Jahre lang.« Er sprang völlig unvermittelt hoch, stieß dabei seinen Tee um und ging mit großen Schritten in den hinteren Teil der Höhle. »Ach, Mutter! Es war furchtbar!« Er legte den Arm an die Wand, lehnte im Dunkeln den Kopf dagegen und versuchte sich zu beherrschen. Schließlich kehrte er zurück, blickte auf den Fleck hernieder, wo die Flüssigkeit in den festgetretenen Boden eingesickert war, und ließ sich auf ein Knie nieder, um den Becher wieder hinzustellen. Er drehte ihn in den Händen und starrte ins Feuer.
»Wie war es denn, bei Dalanar zu leben?« fragte Ayla schließlich.
»Bei Dalanar? Nein.« Er machte ein erstauntes Gesicht. »Nein, das war es nicht, was so schlimm war. Er freute sich, mich zu sehen. Hieß mich an seinem Herdfeuer willkommen und brachte mir zusammen mit Joplaya sein Handwerk bei. Er behandelte mich wie einen Erwachsenen … und verlor nie ein Wort darüber.«
»Worüber verlor er kein Wort?«
Jondalar atmete tief durch. »Über den Grund, warum ich zu ihm geschickt wurde«, sagte er und starrte den Becher in seiner Hand an.
Da das Schweigen sich vertiefte, erfüllte der Atem der Pferde die Höhle, und das Knistern und Knacken des brennenden Holzes hallte von den Steinwänden wider. Jondalar setzte den Becher auf den Boden und erhob sich.
»Ich war immer groß für mein Alter – und älter als meine Jahre«, begann er und ging mit weit ausholenden Schritten in der Höhle auf und ab. »Ich reifte schon in jungen Jahren. Ich war kaum älter als elf, als mir die Donii im Traum das erste Mal erschien … und sie hatte das Gesicht von Zolena.«
Da war der Name wieder. Die Frau, die ihm soviel bedeutet hatte. Er hatte durchaus von ihr gesprochen, aber immer nur kurz und offensichtlich stets mit einer gewissen Traurigkeit. Ayla hatte nie begriffen, was ihn eigentlich so traurig machte.
»Alle jungen Männer wollten sie zu ihrer Donii-Frau haben; alle brannten darauf, daß sie es wäre, die sie einführte. Es wurde auch von ihnen erwartet, daß sie sie wollten – oder eine andere wie sie« – bei diesen Worten fuhr er zu Ayla herum und sah sie an –, »aber es wurde auch von ihnen erwartet, daß sie sich nicht in sie verliebten! Weißt du, was das heißt, sich in eine DoniiFrau zu verlieben?«
Ayla schüttelte den
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