Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
war, als ich es ihr schließlich begreiflich machte.«
Er trat vom Höhleneingang zurück, baute sich vor ihr auf und schrie sie fast an. »Ayla, es ist ein geheiligter Akt, aus einem Mädchen eine Frau zu machen; der Mann trägt große Verantwortung, und ich habe es wieder besudelt!« Wieder lief er auf und ab. »Und es war nicht das letztemal. Ich nahm mir fest vor, es nie wieder zu tun, und doch geschah es beim nächstenmal genauso wieder. Ich sagte mir, ich würde die Rolle nie wieder übernehmen, schließlich hätte ich sie nicht verdient. Aber beim nächstenmal wurde ich wieder ausgewählt, und ich konnte nicht ablehnen. Ich wollte es. Sie wählten mich oft aus, und ich fing an, mich darauf zu freuen, auf die Gefühle der Liebe und der Wärme in dieser Nacht, auch wenn ich mich am nächsten Tag dafür haßte, diese jungen Frauen und den heiligen Ritus der Mutter für meine eigenen Zwecke ausgenutzt zu haben.«
Er hielt inne, klammerte sich an einen der Pfosten ihrer Kräuterdarre und blickte auf sie hernieder. »Aber nach ein paar Jahren erkannte ich, daß irgend etwas daran nicht recht war, und ich begriff, daß die Mutter mich strafte. Die Männer meines Alters fanden eine Frau, ließen sich nieder, waren stolz auf die Kinder ihres Herdfeuers. Aber ich konnte keine Frau finden, sie auf diese Weise zu lieben. Ich kannte viele Frauen und genoß ihre Gesellschaft und die Wonnen mit ihnen, aber Liebe … Liebe empfand ich immer nur dann, wenn ich es nicht sollte, bei den Ersten Riten … und nur in dieser Nacht.« Er ließ den Kopf hängen.
Erschrocken sah er auf, als er ein sanftes Lachen vernahm. »Ach Jondalar. Aber du hast dich verliebt. Schließlich liebst du mich, oder etwa nicht? Verstehst du denn nicht? Du bist nicht bestraft worden. Du hast nur auf mich gewartet. Ich habe dir gesagt, mein Totem hat dich zu mir geführt, und vielleicht war es auch Die Mutter; jedenfalls mußtest du von weither kommen. Du mußtest warten. Hättest du dich vorher verliebt, wärest du nie gekommen. Du hättest mich dann nie gefunden.«
War es möglich, daß das stimmte? fragte er sich. Er wollte es glauben. Zum ersten Mal seit Jahren spürte er, daß die Last, die ihn so beschwert hatte, von ihm genommen wurde, und ein hoffnungsvoller Ausdruck spielte auf seinem Gesicht. »Und was ist mit Zolena, meiner Donii-Frau?«
»Ich glaube nicht, daß es unrecht war, sie zu lieben, aber selbst wenn es gegen eure Sitten verstieß – du wurdest gestraft, Jondalar. Du wurdest fortgeschickt. Das ist jetzt vorbei. Du brauchst nicht mehr immer daran zu denken und dich selbst zu bestrafen.«
»Aber die jungen Frauen bei den Ersten Riten, die …«
Der Ausdruck auf Aylas Gesicht wurde hart. »Jondalar, hast du eine Ahnung, wie furchtbar es ist, beim ersten Mal gezwungen und mit Gewalt genommen zu werden? Bist du dir darüber klar, was es heißt, zu hassen und es über sich ergehen zu lassen, etwas, das mit Wonnen nichts zu tun hat, sondern vielmehr schmerzhaft und häßlich ist? Vielleicht solltest du dich nicht in diese Frauen verlieben, aber es muß für sie wunderbar gewesen zu sein, sanft behandelt zu werden, die Wonnen zu erfahren, die du so großartig zu schenken verstehst, und sich bei diesem ersten Mal geliebt zu fühlen. Wenn du ihnen auch nur ein bißchen von dem gegeben hast, was du mir gibst, dann hast du ihnen eine wunderschöne Erinnerung geschenkt, die sie ihr ganzes Leben behalten werden. Ach, Jondalar, du meinst, du hättest ihnen weh getan, aber du hast genau das Richtige getan. Warum, meinst du, hat man dich überhaupt so oft gewählt?«
Die Last der Schande und der Selbstverachtung, die er so lange getragen hatte, begann leichter zu werden. Vielleicht erfüllten die schmerzlichen Erlebnisse und Erfahrungen seiner Kindheit einen bestimmten Zweck, und sein Handeln war vielleicht doch nicht so verwerflich und verächtlich gewesen?
Doch die Bürde, die er so lange mit sich herumgeschleppt hatte, ließ sich nicht einfach abwerfen. Gewiß, am Schluß hatte er eine Frau gefunden, die er lieben konnte. Doch was, wenn er sie mit heimbrachte und sie jedem erzählte, unter Flachschädeln aufgewachsen zu sein? Oder noch schlimmer: daß sie einen Sohn von gemischten Geistern hatte? Ein Scheusal? Ob man ihn dann wieder verunglimpfte, zusammen mit ihr, ihn mit Hohn überhäufte, eine solche Frau mitgebracht zu haben?
War das ihr gegenüber fair? Was, wenn sie sie ablehnten, sie mit Beleidigungen bedachten? Und was, wenn er dann nicht zu
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