Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
ihr stand? Was, wenn er zuließ, daß sie ihr das antaten? Nein, dachte er. Er würde nicht zulassen, daß sie ihr das antaten. Er liebte sie.
Ihre Erklärung erschien ihm zu einfach. Seine Überzeugung, daß die Große Mutter ihn bestrafte, ließ sich nicht so ohne weiteres abtun. Vielleicht aber hatte Ayla recht, vielleicht hatte die Doni ihn zu ihr geführt; aber war es denn keine Strafe, wenn diese schöne Frau, die er liebte, für seine Leute genausowenig akzeptabel wäre wie die erste Frau, die er geliebt hatte?
Doch bei den Mamutoi herrschten ähnliche Glaubensvorstellungen wie bei den Zelandonii, und die Mamutoi wiesen sie auch nicht ab. Das Löwen-Lager adoptierte sie, obwohl die Leute sich darüber im klaren waren, daß sie unter Flachschädeln aufgewachsen war. Sie hatten sogar ein Kind von gemischten Geistern bei sich aufgenommen. Vielleicht sollte er nicht versuchen, sie mit nach Hause zu nehmen. Vielleicht war sie glücklicher dran, wenn sie hierblieb. Vielleicht sollte auch er hierbleiben, sich von Tulie adoptieren lassen und ein Mamutoi werden. Aber er war kein Mamutoi. Er war ein Zelandonii. Die Mamutoi waren gute Leute und ihre Lebensweise der seinen sehr ähnlich; trotzdem waren es nicht seine Leute. Was konnte er Ayla hier bieten? Er hatte keine verwandtschaftlichen Bande hier, keine Familie, keine Angehörigen bei ihnen. Doch – was hatte er ihr zu bieten, wenn er sie mit heimnahm?
Er fühlte sich innerlich zerrissen. Ayla sah, wie erschöpft er aussah.
»Es ist spät Jondalar. Komm, trink dies und laß uns zu Bett gehen«, sagte sie und reichte ihm einen Becher.
Er nickte, trank das warme Getränk, stieg aus seinen Kleidern und kroch unter die Felle. Ayla legte sich neben ihn, betrachtete ihn nachdenklich, bis sein Gesicht sich entspannte, sein Atem tief und regelmäßig ging. Bei ihr jedoch ließ der Schlaf noch länger auf sich warten. Jondalars Kummer bedrückte sie. Sie war froh, daß er ihr mehr über sich und seine jungen Jahre erzählt hatte. Sie war seit langem überzeugt gewesen, daß irgend etwas in ihm bohrte und nagte. Er hatte ihr nicht alles erzählt, und das beunruhigte sie sehr.
Sie lag wach da. Wie viele schlaflose Nächte hatte sie allein in dieser Höhle verbracht? Dann fiel ihr der Lappen ein. Vorsichtig aus den Fellen herausschlüpfend, kramte sie in ihren Sachen, zog ein weiches, altes Stück Leder hervor und hielt es sich an die Wange. Der Lappen war eines der wenigen Dinge, die sie bei ihrem Fortgehen vom Clan aus dem Durcheinander der Höhle mitgenommen hatte. Sie hatte es als Tragetuch für den kleinen Durc benutzt, es sich über die Schulter geschlungen, um ihn als Kleinkind auf der Hüfte tragen zu können. Warum sie es mitgenommen hatte, wußte sie nicht. Nötig war es nicht gewesen, und doch hatte sie sich mehr als einmal, wenn sie sich einsam gefühlt hatte, damit in den Schlaf gewiegt. Allerdings nicht mehr, seit Jondalar gekommen war.
Sie knüllte das weiche Leder zusammen und legte es sich auf den Bauch. Dann wickelte sie sich hinein. Erst danach konnte sie die Augen schließen und einschlafen.
»Es ist zuviel, selbst wenn Winnie Körbe trägt und das Schleppgestell zieht. Ich brauche zwei Pferde, um all dies fortzubringen«, sagte Ayla und ließ den Blick auf den Bündeln und sauber verpackten Dingen ruhen, die sie mitnehmen wollte. »Ich werde noch mehr zurücklassen müssen, dabei habe ich alles schon mehrere Male durchgesehen. Ich weiß nicht, worauf ich noch verzichten kann.« Sie sah sich in der Höhle um.
Die Höhle schien verlassen. Alles Nützliche, was sie nicht mitnahmen, hatten sie wieder in den Speicherlöchern und Verstecken unter Steinhaufen verstaut; man konnte ja nicht wissen, ob sie nicht eines Tages doch noch einmal hierherkommen würden, um die Sachen zu holen. Doch im Grunde glaubte keiner von beiden daran. Das einzige, was man sah, war ein Haufen von Sachen, die sie wegwerfen wollten. Sogar Aylas Kräuterdarre war leer.
»Du hast doch zwei Pferde. Zu schade, daß du sie nicht beide beladen kannst«, sagte Jondalar.
Nachdenklich sah Ayla die Pferde an. »Für mich ist Renner immer noch Winnies Füllen, dabei ist er fast schon genauso groß wie sie. Vielleicht könnte er doch schon etwas tragen.«
Jondalars Interesse war sofort hellwach. »Ich habe mich schon die ganze Zeit über gefragt, wann er groß genug ist, einiges von dem zu tun, was Winnie tut – und wie du es ihm beibringen würdest, es zu tun. Wann hast du Winnie das erste Mal
Weitere Kostenlose Bücher