Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
Platz für die Pferde zu haben, wo doch Ayla und ihr Pferd uns eine so große Hilfe gewesen sind.«
»Haue und Schaufel erleichtern die Arbeit, Talut, aber Arbeit ist Arbeit … ihr müßt viel gegraben haben«, sagte Ayla überrascht, aber auch tief beeindruckt.
»Es haben aber auch viele Leute mit Hand angelegt, Ayla. Nahezu alle meinten, es wäre eine gute Idee, und wollten helfen … um dich willkommen zu heißen.«
Die junge Frau wurde von ihren Gefühlen überwältigt und schloß die Augen, um die Tränen der Dankbarkeit zurückzudrängen, die ihr zu kommen drohten. Jondalar und Talut sahen es ihr an und wandten rücksichtsvoll den Blick ab.
Jondalar war sehr von dem Bau eingenommen und untersuchte die Wände. »Es sieht aus, als hättet ihr auch zwischen den Plattformen den Boden ausgehoben«, meinte er.
»Ja, für die Hauptpfosten«, sagte Talut und zeigte auf sechs gewaltige Mammutstoßzähne, die unten am Fuß mit kleineren Knochen – Teilen vom Rückgrat und Tarsengliedern – dergestalt verkeilt waren, daß die Spitzen zur Mitte hinwiesen. Diese Stoßzähne waren in regelmäßigen Abständen zwischen den beiden gleichfalls aus Stoßzähnen bestehenden Eingangsbögen aufgestellt. Die kräftigen, langen und gebogenen Stoßzähne bildeten die Hauptkonstruktionselemente der Erdhütte.
Als Talut und die Mammutjäger fortfuhren, die Bauweise der halbunterirdischen Erdhütte zu beschreiben, beeindruckte das Ayla und Jondalar immer mehr. Der ganze Bau war wesentlich komplizierter, als es beide sich vorgestellt hatten. Etwa mittwegs zwischen der Raummitte und der Stoßzahnwand standen sechs Holzpfosten – sich verjüngende, entrindete und oben gegabelte Baumstämme. Draußen um den Anbau herum waren – zwischen Erdwall und Wand verkeilt – Mammutschädel aufgestellt, die von Schulterblättern, Becken- und Rückgratknochen, strategisch angebrachten langen Knochen wie Beinen und Rippen gehalten wurden. Der obere Teil der Wand, der vor allem aus Schulterblättern, Beckenknochen und kleineren Stoßzähnen bestand, ging in das Dach über, das von Holzbalken getragen wurde, die zwischen dem äußeren Kreis aus Stoßzähnen sowie dem inneren Kreis aus Baumstämmen ruhten. Das Mosaik aus Knochen, die alle bewußt gewählt und zum Teil zurechtgestutzt worden waren, hatten die Mamutoi ineinander verkeilt und durch Riemen mit den kräftigen Stoßzähnen verbunden, so daß eine leicht gewölbte Wand entstanden war, die aus den genau ineinanderpassenden Teilen eines Knochendurcheinanders zu bestehen schien.
Zwar konnte man sich aus Flußtälern einiges an Holz verschaffen, doch standen Mammutknochen zu Bauzwecken reichlicher zur Verfügung. Allerdings lieferten die Mammuts, die sie erlegten, nur einen kleinen Teil der von den Mamutoi benötigten Knochen. Den weitaus größeren Teil ihres Baumaterials suchten sie sich aus den riesigen Knochenhaufen heraus, die an der Flußschleife angeschwemmt worden waren. Manche Knochen stammten sogar von Kadavern, die von Aasfressern abgenagt worden waren und die sie auf der umliegenden Steppe fanden. Allerdings lieferte das offene Grasland auch Baumaterial einer anderen Art.
Die wandernden Herden der Rentiere warfen Jahr für Jahr ihr Geweih ab, um dem Sprießen der neuen Geweihe Platz zu machen, und diese Geweihe wurden Jahr für Jahr eingesammelt. Um die Unterkunft fertigzustellen, wurden die Rentiergeweihe dergestalt zusammengebunden, daß ein kräftiges Gerüst von miteinander verschränkten tragenden Teilen eines Dachgewölbes entstand und in der Mitte ein Loch frei blieb, aus dem der Rauch abziehen konnte. Dann wurden Weidenruten aus dem Flußtal zu einer dicken Matte verflochten, diese über das Geweihgerüst gelegt, fest damit verbunden und über die Wand aus Knochen nach unten verlegt, um überm Dach und über der Wand eine tragfähige Decke zu schaffen. Darüber kam eine womöglich noch dickere Schicht von Gras, das übereinandergedeckt wurde, um das Wasser abfließen zu lassen; diese Grasschicht reichte von der Spitze bis hinunter auf den Boden. Auf diese Grasschicht wiederum wurden Grassoden gelegt, die zum Teil von den Ausschachtungsarbeiten stammten, zum Teil aber auch von weiter her geholt wurden.
Die Wände des ganzen Bauwerks waren zwischen einem halben und einem ganzen Meter dick, doch fehlte die letzte Schicht auf dem Anbau noch. Er war also noch nicht ganz fertig.
Sie standen draußen und bewunderten den neuen Bau, und Talut beendete seine bis ins einzelne gehenden
Weitere Kostenlose Bücher