Zyklus der Erdenkinder 03 - Ayla und die Mammutjäger
den Blick wieder zurückwandern zu Ayla, die Winnie ausschirrte und vom Schleppgestell befreite. Der Mann war ein Fremder, genauso wie Ayla, und schien mit den Pferden genauso vertraut wie sie. Doch schien auch der kleine Flachschädel mit dem Wolf vertraut, und der Junge war ihm kein Fremder mehr. Er mußte was mit der Frau zu tun haben. Der Anführer vom MammutLager wandte seine Aufmerksamkeit wieder Ayla zu. Dabei fiel ihm auf, daß der dunkelhäutige Bildschnitzer sich dauernd in ihrer Nähe herumdrückte; Ranec hat schon von jeher ein Auge für das Schöne und Ausgefallene gehabt, dachte er. Wie Vincavec bemerkte, benahm er sich auch so, als hätte er Besitzrechte auf Ayla; doch wer war dann der Fremde? Hatte der nichts mit der Frau zu tun? Vincavec warf einen Blick auf Jondalar und bemerkte, daß dieser Ayla und Ranec nicht aus den Augen ließ.
Irgendwas ging hier vor, zu diesem Schluß kam Vincavec. Dann lächelte er. Wie immer die Beziehungen untereinander aussehen mochten, wenn sie beide interessiert waren, war aller Wahrscheinlichkeit nach die Frau noch nicht förmlich gebunden. Noch einmal ließ er den Blick auf ihr ruhen. Sie war eine hinreißende Frau, dazu eine Tochter vom Herdfeuer des Mammut, zudem eine Heilkundige, zumindest behaupteten sie das; und im Umgang mit Tieren war sie nun mit Sicherheit begabt. Eine Frau von hoher Stellung, kein Zweifel – doch woher kam sie? Und warum war es immer das Löwen-Lager, das mit etwas Ungewöhnlichem aufwartete?
Die beiden Anführerinnen standen im Inneren der fast fertigen, doch noch ganz leeren neuen Erdhütte. Wiewohl die Außenwand jetzt geschlossen war – das Zickzackband der Wand war von innen immer noch leicht erkennbar.
»Willst du wirklich nicht mit uns zusammen reisen, Avarie?« sagte Tulie. Eine neue Kette großer Bernsteinkugeln zierte ihren Hals. »Wir können gern ein paar Tage warten, bis ihr soweit seid.«
»Nein, zieht ihr nur schon los. Ich weiß, alle brennen darauf, zum Treffen zu kommen, und ihr habt schon soviel getan. Die Hütte ist so gut wie fertig. Ohne euch wären wir noch lange nicht soweit.«
»Es war uns ein Vergnügen, zusammen mit euch zu arbeiten. Ich muß zugeben, die neue Hütte ist durchaus eindrucksvoll. Sie ist eine Ehre für Die Mutter. Dein Bruder ist ein bemerkenswerter Mann. Hier drinnen spürt man die Anwesenheit Der Mutter geradezu körperlich.« Das war ganz aufrichtig gemeint, und Avarie wußte das.
»Vielen Dank, Tulie. Wir werden euch eure Hilfe nicht vergessen. Gerade deshalb möchten wir euch nicht länger festhalten. Ihr kommt ohnehin bereits zu spät, weil ihr uns geholfen habt. Die besten Plätze werden schon besetzt sein.«
»Wir brauchen nicht mehr lange bis dorthin. Unsere Lasten sind beträchtlich leichter geworden. Das Mammut-Lager versteht sich aufs Handeln.«
Avaries Augen streiften die neue Halskette der großen Anführerin.
»Längst nicht so trefflich wie das Löwen-Lager«, sagte sie.
Tulie war der gleichen Meinung. Sie fand, das Löwen-Lager sei ein harter Verhandlungspartner gewesen, nur geziemte es sich nicht, das zuzugeben, und so wechselte sie das Thema. »Nun, wir freuen uns, euch wiederzusehen. Wenn möglich, werden wir einen Platz reservieren, wo ihr euer Lager aufschlagen könnt.«
»Das wäre sehr nett von euch, nur fürchte ich, wir werden zu den Letzten gehören. Wir werden nehmen müssen, was übrigbleibt. Trotzdem werden wir nach euch Ausschau halten«, sagte Avarie, als sie hinausgingen.
»Dann brechen wir morgen früh auf«, sagte Tulie. Die beiden Frauen umarmten sich und legten die Wangen aneinander, dann ging die Anführerin des Löwen-Lagers zu den Zelten hinüber.
»Übrigens, Tulie, falls ich Ayla nicht mehr sehe, ehe ihr loszieht, danke ihr bitte nochmals für den Pyritwürfel zum Feuermachen«, sagte Avarie und fügte dann wie beiläufig noch hinzu: »Hast du eigentlich schon einen Brautpreis für sie festgesetzt?«
»Wir haben zwar schon darüber nachgedacht, aber sie hat so viel zu bieten, daß es nicht leicht sein wird, ihn zu bestimmen«, sagte Tulie und wandte sich zum Gehen. Nach ein paar Schritten drehte sie sich jedoch noch einmal um und lächelte. »Sie und Deegie haben sich so sehr miteinander angefreundet, daß Ayla fast wie eine Tochter für mich ist.«
Tulie konnte sich ein Lächeln kaum verkneifen. Sie meinte sehr wohl bemerkt zu haben, daß Vincavec Ayla mit besonderer Aufmerksamkeit betrachtete, und sie wußte, daß Avaries Bemerkung keineswegs so
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