Zyklus der Erdenkinder 04 - Ayla und das Tal der Grossen Mutter
Dasselbe könnte man auch von den Nashörnern sagen."
"Das verstehe ich nicht", sagte Ayla.
"Es bedeutet, daß ein Schneesturm heraufzieht", sagte Jondalar. "Sie spüren das. Diese großen Zotteltiere mögen den Schnee nicht besonders. Er verdeckt ihre Nahrung. Und wenn er richtig hoch liegt, können sie ihn nicht mehr mit ihren Stoßzähnen und Rüsseln wegfegen und bleiben stecken. Besonders schlimm ist es, wenn es taut und friert. Gegen Abend, wenn alles noch von der Nachmittagssonne aufgeweicht ist, legen sie sich nieder, und am Morgen ist ihr Fell am Boden festgefroren. Sie können sich nicht mehr bewegen. Dann sind sie leicht zu jagen, oder sie verhungern langsam, wenn es nicht taut."
"Wieso ziehen sie dann nach Norden?"
"Je näher man dem Eis kommt, desto weniger Schnee gibt es. Weißt du noch, als wir mit den Mamutoi auf Mammutjagd gingen? Das einzige Wasser weit und breit war der Strom, der vom Gletscher kam, und das war im Sommer. Im Winter ist alles gefroren."
"Gibt es deshalb auch hier so wenig Schnee?"
"Ja, diese Gegend ist immer kalt und trocken, besonders im Winter, weil die Gletscher so nahe sind. Sie bedecken die Berge im Süden, und das Große Eis im Norden ist nicht sehr weit. Das meiste Land dazwischen ist Flachschädelgebiet - ich meine Clan-Land. Es beginnt etwas westlich von uns." Jondalar fühlte sich unbehaglich, als sich Aylas Miene bei seinem Ver-sprecher verzog. "Es gibt noch ein Sprichwort über die Mam-muts und das Wasser, aber ich kann mich nicht mehr genau da-ran erinnern. Es heißt ungefähr: >Wenn du kein Wasser finden kannst, halte nach einem Mammut Ausschau. <"
"Das verstehe ich", sagte Ayla und blickte über ihn hinweg. Auch Jondalar drehte sich um.
Die weiblichen Mammuts waren flußaufwärts gezogen und hatten sich mit einigen männlichen Tieren zusammengetan. Die Kühe mühten sich an einem steilen Eiswall ab, der sich am Flußufer aufgetürmt hatte. Die männlichen Tiere, darunter ein würdiger Alter mit grauen Strähnen im Fell, dessen Stoßzähne so lang gewachsen waren, daß sie sich vor seinem Haupt kreuzten, stemmten und brachen große Eisstücke aus dem Wall. Unter lautem Brüllen, Schnauben, Trampeln und Trompeten hoben sie das Eis auf ihren Stoßzähnen hoch in die Luft und warfen es mit lautem Krachen herunter, damit es in brauchbare
Stücke zersprang. Den riesigen, wolligen Geschöpfen schien das Spaß zu machen.
Ayla bemerkte, daß noch andere Tiere herbeigekommen waren. Die Herde der wolligen Mammuts brach genug Eis auf - für sich, ihre Jungen und die Alten und für die Gesellschaft, die ihnen folgte. Viele Tiere profitierten davon, wenn sie den wandernden Mammuts nachzogen.
Ayla und Jondalar ritten ziemlich nahe am Ufer des Großen Mutter Flusses entlang. Der geringe Schneefall hatte keine weiche, weiße Decke über das Land gebreitet, die ruhende Vegetation zeigte ihr graubraunes Wintergesicht. Die hohen Stengel des Schilfrohrs vom letzten Sommer und die Schäfte der Rohrkolben ragten trotzig aus ihrem gefrorenen Sumpfbett, während an den Eishügeln am Ufer abgestorbene Farne und Riedgräser darniederlagen. Flechten überzogen das Gestein wie Schorf eine Wunde, und Moospolster waren zu spröden, harten Matten verdorrt.
Meist erlegten sie kleines Wild; Großwild erforderte mehr Zeit zum Heranpirschen und Jagen, als sie sich gönnen durften. Dennoch setzten sie einem Hirsch nach, wenn sie seiner ansichtig wurden. Das Fleisch gefror schnell, und sogar Wolf brauchte eine Zeitlang nicht auf die Jagd zu gehen. Kaninchen, Hasen und gelegentlich ein Biber, die die bergigen Gegenden in großer Zahl bevölkerten, waren ihre gewöhnliche Kost; doch auch Steppentiere aus trockeneren Zonen wie Murmeltiere und Riesenhamster gab es reichlich, und sie freuten sich immer, auf Schneehühner zu stoßen, die fetten, weißen Vögel mit den gefiederten Füßen.
Aylas Schleuder tat ihnen häufig gute Dienste; mit der Speer-schleuder jagten sie nur größeres Wild. Steine zu finden war leichter, als neue Speere zu machen und Spitzen zu ersetzen, wenn sie verloren oder zerbrochen waren. Doch an manchen Tagen brauchten sie mehr Zeit zum Jagen, als ihnen lieb war; und alles, was Zeit kostete, machte Jondalar unruhig.
Sie ergänzten ihre schmale Kost, die hauptsächlich aus magerem Fleisch bestand, mit der inneren Rinde der Koniferen und anderer Bäume, die sie mit Fleisch zu einer Brühe kochten;
und sie waren heilfroh, wenn sie gefrorene, aber immer noch am Busch
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