Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Titel: Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Pan
Vom Netzwerk:
killers«, seine Tat verläuft deswegen so dramatisch, weil er schon lange vorher unter gravierenden psychischen Problemen litt und dabei nicht genügend Zuwendung erfuhr (Goodstein & Glaberson, 2000).
    Nun mag es ja sein, daß bei dieser extremen Form von Gewalt der öffentliche Auftritt das entscheidende Merkmal ist. Wie aber verhält es sich bei den alltäglichen Varianten von Aggressivität? Werden sie auch durch das Fernsehen verstärkt, und welche Rolle spielt dabei eine histrionische Charakterstruktur?
    Allgemein ist die Frage des Zusammenhangs von TV-Gewalt und realem aggressivem Verhalten von Zuschauern die am intensivsten untersuchte Frage der Medienwirkungsforschung. Beispielsweise wurden in den USA 1972 und 1982 zwei zusammenfassende Untersuchungen vorgelegt, der Surgeon General's Report on Televison and Social Behavior (Surgeon General's Scientific Advisory Committee, 1972) und der Bericht »Television and Behavior: TenYears of Scientific Progress and Implications for the Eighties« (Pearl et al., Bouthilet & Lazar, 1982). Danach zeigte sich: Das sporadische Sehen aggressiver Medieninhalte allein hat kaum Auswirkungen auf das Verhalten der Zuschauer. Wenn die befürchteten Wirkungen auftreten, dann durch kontinuierlichen, häufigen Konsum und im Zusammenhang mit Umweltfaktoren, wie etwa Konflikten mit den Eltern, aggressiven Konfliktlösungsmustern im kulturellen und sozialen Umfeld oder in einer Lebenswelt mit hoher Kriminalität. Ferner müssen individuelle Faktoren vorliegen – wie eine aggressive Grundeinstellung des Kindes oder Persönlichkeitsstörungen. Schließlich spielen medieninterne Kontextfaktoren eine Rolle, z. B. fehlende Bestrafung aggressiven Verhaltens im Medium, besonders realistische Gewaltdarstellungen oder gerechtfertigt erscheinende Gewaltakte.
    Allerdings sind die gefundenen Zusammenhänge auf den ersten Blick nicht sonderlich hoch: Sie betragen zwischen 3% und 10%. Das heißt, daß von allen Faktoren, die zur Auslösung des aggressiven Verhaltens beitragen (= 100%), drei bis 10% auf das Konto der TV-Wirkungen gehen. Treffen aber spezielle Zuschauergruppen und Medieninhalte aufeinander – etwa heranwachsende männliche Jugendliche und gewalthaltige Spielfilme -, können auch Werte bis zu 25% erreicht werden. Diese Werte sind dann doch ziemlich besorgniserregend, sie liegen auch nur wenig unter denen zum Zusammenhang von Rauchen und Lungenkrebs und deutlich über den Werten zum Zusammenhang von Passivrauchen und Lungenkrebs (vgl. Bushman & Anderson, 2001, S. 481).
    Aus diesem Grund haben im Juli 2000 sechs bedeutende amerikanische Berufsverbände – die »American Psychological Association«, die »American Academy of Child and Adolescent Psychiatry«, die »American Medical Association«, die »American Academy of Family Physicians« und die »American Psychiatrie Association« – eine gemeinsame Erklärung herausgegeben, in der es u.a. heißt: »... gegenwärtig weisen über 1.000 Untersuchungen eindeutig auf einen kausalen Zusammenhang zwischen Gewalt in den Medien und aggressivem Verhalten bei einigen Kindern hin. Die auf über 30 Jahren Forschung basierende Folgerung, welche die mit öffentlicher Gesundheit befaßte Gemeinschaft daraus zieht, ist die, daß das Ansehen unterhaltender Gewalt zu einer Zunahme der aggressiven Einstellungen und Werte sowie des aggressiven Verhaltens besonders bei Kindern führt« (Amercian Academy of Pediatrics, www.aap.org/advocacy/releases/jstmtevc.htm , eigene Übersetzung).
    Soweit die in der Forschung ermittelten Zusammenhänge. Es fehlt noch die psychologische Erklärung: Wie kommt es denn nun zu medial ausgelöstem, aber real gezeigtem aggressivem Verhalten? Vermutlich so: Zuschauer sehen sich (durchaus lustvoll) aggressive Verhaltensweisen an, die als mögliche Muster zukünftigen eigenen Verhaltens im Gedächtnis gespeichert werden. Dies gilt besonders für realistisches Verhalten von positiv erlebten Medienakteuren, das erfolgreich und im Dienste einer guten Sache eingesetzt wird. Unter bestimmten Umständen – der Einfluß einer Peer-Gruppe, vorangegangene Frustration, die Verfügbarkeit einer Waffe, aber auch Lärm oder Hitze – führen insbesondere impulsive und latent aggressive Individuen diese Verhaltensmuster dann auch selbst aus.
    In diesem Zusammenhang sind histrionische Charaktermerkmale von Bedeutung: Insbesondere der aggressive Typ des männlichen Histrio wird seine hohe und schnell entflammbare Aggressionsbereitschaft

Weitere Kostenlose Bücher