geblieben und verborgen im trüben Licht. Margaret bückte sich.
Drei Sekunden später lag ihre Gegnerin rücklings auf dem Boden, einen Strom dunklen Blutes im Dämmerlicht vergießend und Mimis stabiles Taschenmesser in der ziemlich dicken, weißen Kehle. »Kommt aus Schweden, Liebes«, hatte Mimi gesagt. »Ist verboten, sowas hier zu verkaufen.«
Margaret mußte nicht lange in den Jackentaschen der toten Frau suchen, um Beechs Schlüsselbund zu finden. Das war ein Glück, da dem Schrei der getöteten Frau, der in den Gang der Ereignisse unten hineingeplatzt war, hastende Schritte auf der finsteren Treppe folgten. Die flinke Mimi stürzte schreiend ins Zimmer: »Schließ ab! Um Gottes Willen, schließ ab!« Und Margaret hatte die ganze Länge des Dachbalken-Zimmers durchquert und die Tür verriegelt, ehe Wendley Roper, schwerfällig und nicht gewohnt, sich zu bewegen, den Treppenabsatz draußen erreicht hatte. Der große Schlüssel drehte sich mit einem quietschenden Schnappen in dem tauglichen, teuren Schloß, das ihm nicht entgangen sein konnte. Die Eisenbahnhoteltür war ungemein stabil, ein schönes Stück Tischlerarbeit. Margaret wartete mit gesenktem Körper auf Ropers Attacke. Doch hier war eine Axt vonnöten, und es geschah überhaupt nichts – weder Schläge gegen die Tür, noch eine Stimme, nicht einmal sich entfernende Schritte.
Mimi, die nicht wußte, daß das Zimmer einen dritten Bewohner hatte, saß auf der Kante ihres Bettes und dehnte mit den Händen ihre Hosentaschen. Sie keuchte ein wenig, aber ihr Haar war wie stets zu kurz, um zerzaust aussehen zu können. Margaret hatte ihr Benehmen zuvor geschmacklos gefunden, jetzt war es unerträglich. Sie begann, einen Sturzbach von Flüchen hervorzustoßen, der in Gegenwart der toten Frau besonders abstoßend wirkte.
»Mimi, meine Liebe«, sagte Margaret sanft. »Was sollen wir jetzt machen?« Immer noch im Pyjama, wurde sie von Krämpfen geschüttelt.
Mimi, ihre Hände noch immer in den Taschen vergraben, wandte sich nach ihr um: »Den ersten Zug zur Hölle nehmen, würde ich sagen.« Obwohl sie nicht weinte, war etwas unerträglich Verzweifeltes um sie. Margaret wollte sie trösten. Mimis Erlebnisse waren unvorstellbar schlimm, schlimmer noch als ihre eigenen gewesen. Sie legte ihre Arme um Mimis kalten, steifen Körper. Dann versuchte sie, Mimis Hände aus den Taschen zu ziehen, um sie in die ihren zu nehmen. Mimi half zwar nicht, wehrte sich aber auch nicht sonderlich. Als Margaret, die ihre Handgelenke umfaßt hielt, ihre Hände befreite, rieselte etwas Merkwürdiges zu ihren beiden Seiten auf den Boden. Mimis Taschen waren vollgestopft mit Zugfahrkarten.
Margaret ließ Mimis Handgelenke los, hob eine der Fahrkarten auf und las sie beim Licht der Lampe der fremden Frau. »Diamond Jubilee Spezial. Pudsley-Hasselwickett. Dritte Klasse. Bahnsteig 2/11. Gott schütze unsre Königin.« Mimis Fäuste ballten sich um bunte kleine Haufen aus Papprechtecken.
Es war unmöglich, ihr von der toten Frau zu erzählen.
»Ich ziehe mich an. Dann gehen wir.« Margaret fing an, die Kleider überzustreifen, die sie beim Abendessen getragen hatte. Sie knöpfte den Hemdkragen zu, der sich warm und angenehm um ihren Hals schloß. Sie suchte ihr Tuch und entdeckte einen Zipfel davon in einer Hand der toten Frau, die zusammengerollt auf dem Boden am Ende des Zimmers hinter Mimis Rücken lag.
»Ich packe unsere Rucksäcke«. Vollständig angekleidet fühlte sich Margaret tapferer und weniger verletzlich. Sie tastete zu Füßen der Leiche nach Mimis Rucksack und sammelte den verstreuten Inhalt ein. Doch obwohl sie die Unterlassung für albern hielt, verzichtete sie darauf, Mimis Messer zu holen. Endlich hatte sie beide Rucksäcke gepackt und zurrte sorgfältig die Riemen fest. Mimi hatte ihre Taschen offenbar von Zugfahrkarten geleert und hinterließ vier kleine Haufen auf dem dunklen Teppich, einen aus jeder Tasche. Jetzt saß sie sichtlich entspannt da, unternahm aber keinerlei Anstrengungen, Margaret zu helfen.
»Bist du soweit? Wir müssen nachdenken.«
Mimi sah zu ihr auf. Dann sagte sie leise: »Wir können jetzt nirgendwo hingehn.« Mit einer kaum merklichen Geste deutete sie auf die vier Fahrkartenhäufchen.
Keines der Argumente, die Margaret vorbrachte, hatte die geringste Wirkung auf Mimi. Sie hockte bloß auf dem Bett, behauptete, daß sie Gefangene wären und daß sie gar nichts tun könnten.
Margaret, die glaubte, daß Mimis Verstand gelitten hatte,
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