0005 - Ich griff »Nummer eins«
versuchen, seine Plane fehlschlagen zu lassen, damit er aus der Klemme nicht herauskommt.«
Die Besprechung dauerte noch lange, und sie artete zum Schluß in so etwas Ähnliches wie die Beratung eines Generalstabes aus. Doch als wir am Abend endgültig auseinandergingen, wußten wir, was gegen Harry Brian unternommen werden mußte.
In der gleichen Nacht, genau vierundzwanzig Stunden nach der Festnahme, wurden ›Nummer eins‹ und die sechs Patt-Leute entlassen, nachdem der Rechtsanwalt Loying achtundvierzigtausend Dollar auf den Tisch der Gerichtskasse geblättert hatte.
***
Der nächste Morgen brachte die Meldung, die ich nach dem Gang der Ereignisse erwarten mußte. Ein Toter war gefunden worden, genau dort, wo die meisten Vermißten New Yorks noch einmal ans Licht kommen, im Hafen.
Phil und ich fuhren im Jaguar hin. Die Hafenpolizei hatte die Leiche zunächst in der Garage ihres Dienstgebäudes untergebracht. Der Tote lag auf einer Bahre und war mit einer Zeltbahn zugedeckt. Unter ihm tropfte das Wasser mit einem monotonen Geräusch auf den Betonboden.
Ich zog die Decke vom Gesicht. Es war John Patt, und man brauchte kein Arzt zu sein, um zu erkennen, woran er gestorben war.
Die Kugel hatte ihm die Stirn zerschlagen.
Nach einem kurzen Blick bedeckte ich ihn wieder mit der Zeltbahn.
»Lassen Sie ihn ins Schauhaus bringen. Ich werde dem Gerichtsarzt Bescheid sagen. Ich brauche die Kugel, die ihn umgebracht hat, falls sie sich noch in seinem Körper befindet.«
Der Leutnant der Hafenpolizei, der uns begleitete, nahm die Anordnungen mit einem Kopfnicken zur Kenntnis.
»Es ist scheußlich, Phil«, sagte ich auf dem Rückweg. »Zum erstenmal vielleicht in seiner Laufbahn beging ›Nummer eins‹ einen Fehler, mußte er einen Fehler begehen. Er tötete eigenhändig einen Mann in Gegenwart von sechs Zeugen, und er kann es sich nicht einmal leisten, die sechs Zeugen — so, wie er es früher sicher getan hätte — ebenfalls vom Erdboden verschwinden zu lassen. — Nur, wir haben im Augenblick keine Möglichkeit, einen von den sechs zur Aussage zu bringen.«
»Ein bißchen Zwang«, knurrte Phil und sah angestrengt geradeaus.
»Abgesehen davon, daß es verboten ist«, antwortete ich »so ist es auch zwecklos. Vielleicht belastet unser Mann Brian unter Druck, vor dem Gericht aber fällt er aus Angst vor ›Nummer eins‹ wieder um und widerruft. Nein, der Mann muß selbst mit irgendwelchen Vergehen geringerer Ordnung belastet sein, so daß er sich von seiner Aussage Milde für sich selbst verspricht, und Brian muß von uns so ans Ende gebracht worden sein, daß er nicht einmal mehr einem hirnlosen Gangster von der Sorte der Patt-Leute gefährlich erscheint. — Wenn wir unser Vorgehen übereilen, verderben wir alles.«
Als wir das Hauptquartier betraten, wurden wir zum Chef befohlen.
»Neue und interessante Telefongespräche«, meldete Mr. High. »Brian verliert nicht viel Zeit, um seine Macht neu zu installieren. Hören Sie zu. Es sind je ein Gespräch mit Matterson, Reive und Ginger.«
Er bediente selbst das Tonbandgerät.
»Hier spricht Matterson«, begann die fette Stimme des Buchmacherracketteers, und die höhnische und schneidende Stimme von ›Nummer eins‹ antwortete:
»Morgen, Mad. Ich habe dir einige Neuigkeiten zu erzählen. Upton Ginger hat euch John Patt als den richtigen Mann gegen mich empfohlen. Ich habe mich mit Patt geeinigt. Er ist abgereist und hat mir seine Leute hiergelassen. Wie gefällt dir das, Mad?«
Zwei Sekunden lang war nur Mattersons schweres Keuchen zu hören, dann stotterte er:
»Das… glaube… ich… dir nicht, Harry!«
»Okay, wann soll ich dich mit Patts Leuten besuchen, damit du siehst, welches gute Einvernehmen zwischen ihnen und mir besteht?«
Wieder Schweigen und nur das Keuchen. Matterson mochte genau wissen, was ein gemeinsamer Besuch von ›Nummer eins‹ und seiner Garde bedeutete: gespaltene Lippen, wacklig gewordene Zähne, ein zerschlagenes Gesicht. Vielleicht auch Schlimmeres, den Tod.
»Was… willst du, Harry?« brachte er schließlich hervor.
»Das weißt du. Herstellung des alten Zustandes. Vielleicht vergesse ich dann alles andere.«
»Harry, ich habe dich damals nicht verraten«, begann Matterson eine Litanei von Beteuerungen, aber Brian schnitt ab:
»Willst du in der alten Form mit mir Zusammenarbeiten oder nicht?«
»Aber wir müssen doch über die Einzelheiten reden«, jammerte sein ehemaliger Direktor.
»Gewiß müssen wir das«,
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