0021 - Satans eigene Schrift
Gehirns nahm ein Gedanke Gestalt an.
Das Amulett! Es sollte ihm doch Kraft und Energie für den Kampf gegen Dämonen und Geister geben!
Warum spürte er es nicht? Warum brannte es nicht auf seiner Haut?
Langsam tastete sich seine Hand über seine Brust. Sie spürte nichts. Es dauerte einige Augenblicke, bis sein umnebelter Geist die Tatsache verarbeitet hatte.
Dann durchzuckte ihn die schreckliche Erkenntnis.
Das Amulett! Er hatte es vergessen! Hatte die Sache geplant wie ein Anfänger. Wie konnte so etwas geschehen? Er mußte nicht Herr seiner selbst gewesen sein.
Mutlos sank der Professor zurück. Jetzt gab es keine Hilfe mehr.
Und auch seine Assistentin konnte er nicht mehr warnen. Denn ehe er ins Hotel gelangen könnte, wäre es sicherlich schon längst zu spät.
Die Gestalt am Altar trieb ihr makabres Spiel weiter.
Wieder und wieder rief sie den Satan um Hilfe an. Zamorra war sich sicher, die Stimme kennen zu müssen, doch sein Gehirn war wie tot. In seinen Erinnerungen waren riesige Lücken, so als hätte eine unirdische Macht alles ausgelöscht.
Der Ruf des Mannes brannte sich in seinem Gehirn ein, wollte nicht mehr weichen.
»Hilf, Satan, hilf!«
Unwillkürlich bewegte Zamorra schon die Lippen mit. Er konnte nichts dafür. Ohne sein Amulett war er den Dämonen und ihren Einflüssen fast ebenso schutzlos ausgeliefert wie jeder Mensch.
Jetzt hob der Mann vor dem Altar die Arme.
»Ihr Sklaven des Bösen, hört mich an! Der Meister ruft euch durch mich! Meinem Ruf müßt ihr folgen. Gleich – gleich ist es soweit! Haltet euch bereit!«
Dann ließ der Alte die Arme wieder sinken und legte die Hände auf die aufgeschlagene Satansbibel. Er sank in die Knie und verharrte mit gesenktem Haupt. Ein Zittern durchlief seinen Körper. Er sank noch mehr in sich zusammen.
Und Zamorra hatte plötzlich das Gefühl, als würde der Schleier über seinen Gedanken aufreißen. Er konnte wieder halbwegs klar denken, und seine Überlegungen sagten ihm, daß er etwas unternehmen mußte, sonst war er den Mächten des Bösen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
Aber was sollte er machen? Suchend schweifte sein Blick durch die Kirche. Von irgendwoher mußte der Unheimliche ja gekommen sein.
Stand die Sakristei noch? Führte von dort aus vielleicht ein geheimer Gang in die Krypta, durch die man dann in die Kirche hineinkam?
In seiner Not klammerte Zamorra sich an die unsinnige Hoffnung, noch einen geweihten Gegenstand in diesem Trümmerhaufen zu finden. Das war zwar so gut wie aussichtslos, doch immerhin eine vage Möglichkeit.
Doch wie sollte Zamorra in die Sakristei kommen, ohne von diesem sonderbaren Kerl gesehen zu werden?
Und was war jetzt mit Nicole? Sie mußte in größter Gefahr schweben, denn eines war dem Professor klar: Hier hatte er es mit mächtigen Dämonen zu tun.
***
Das lange, ereignislose Warten zerrte an Nicoles Nerven. Endlos hatte sie auf den öde daliegenden Dorfplatz gestarrt. Der Mond war aufgegangen und tauchte die Häuser, die den Platz umstanden, in ein gespenstisches Licht.
Nach und nach verlöschten die Lichter in den Häusern. Die Bauern gingen schon zeitig zu Bett.
Nicole mußte eingenickt sein. Denn sie schreckte erst hoch, als unter ihr die Eingangstür des Gasthofes klappte. Es dauerte einen Moment, ehe sie sich zurechtfand.
Sie sprang auf und trat ganz dicht ans Fenster. Ein Schatten zeichnete sich auf dem Vorplatz des Landhotels ab, dann noch einer. Insgesamt waren es fünf Personen, die aus dem Haus kamen. Zwei Frauen und drei Männer. Nicole erkannte nun auch die beiden, deren Ankunft sie am Tag in der Halle mitbekommen hatte.
Die Leute hielten sich nicht auf und entfernten sich eilig von der Herberge. In einem plötzlichen Entschluß schickte Nicole sich an, das Zimmer ihres Chefs zu verlassen und den Davoneilenden zu folgen.
Sie suchte nach ihrer Handtasche, in der sie eine Bleistiftleuchte für Notfälle aufbewahrte. Dabei stieß ihre Hand gegen einen Gegenstand, der auf dem Tisch lag, auf den sie ihre Handtasche gestellt hatte. Sie wollte den Gegenstand beiseite schieben, da begriff sie, was ihre Finger fühlten.
Es war ein kleines Kästchen. Ein eisiger Schreck durchzuckte sie.
Die Schatulle mit dem Amulett! Wie kam die denn auf den Tisch?
Zamorra ließ sie doch sonst nie so frei herumliegen. Neugierig geworden öffnete sie das Kästchen.
Sanft schimmerte ihr das Amulett entgegen. O Gott, ihr Chef mußte es in der Eile seines Aufbruchs völlig vergessen haben!
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