Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0022 - Die Hexe von Java

0022 - Die Hexe von Java

Titel: 0022 - Die Hexe von Java Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
Vom Netzwerk:
Poren.
    Sie hielt sich wahrhaftig für verrückt.
    Eine andere Erklärung hatte sie nicht für das, was sie sah.
    Die unheimliche Erscheinung löste sich ganz langsam von der Tür. Dieser Menschenkopf auf dem gläsernen Körper kam auf Katherin Colfax zu. Die schreckliche Aufregung drohte der jungen Frau die Besinnung zu rauben. Verstört blickte sie der unheimlichen Erscheinung entgegen. Der Mann verursachte nicht das geringste Geräusch. Lautlos schwebte er über den Boden. Seine gläsernen Füße berührten nicht den Teppich.
    Katherin biß sich zitternd in die Faust.
    Sie konnte diesen Horror kaum noch verkraften.
    In ihrer maßlosen Erregung faltete sie die Hände. Sie wollte Gott um Hilfe anflehen, wollte ihn bitten, er möge ihr dies hier ersparen, denn es ging allmählich über ihre Kräfte. Aber sie war nicht fähig zu sprechen. Sie hockte wie erschlagen auf ihrem Bett und zum Zuschauen verurteilt.
    Ein Schreckensfilm lief vor ihren verdatterten Augen ab, und sie war nicht in der Lage, ihn anzuhalten!
    Wahadin grinste sie teuflisch an.
    Sie bebte. Ihr Blut rauschte in den Ohren. Sie war dermaßen durcheinander, daß sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.
    Der Diakon des Teufels blieb stehen.
    Katherins Herzschlag setzte aus. Ihre gefalteten Hände krampften sich zu kleinen Fäusten zusammen. Alles in ihr war auf Abwehr eingestellt. Sie rechnete damit, von dieser unheimlichen Erscheinung angegriffen zu werden.
    Gott im Himmel, schrie sie im Geist, wie soll ich mich vor ihm schützen?
    Gab es den Mann überhaupt?
    Ein Kopf auf einem durchsichtigen Körper. Das konnte doch nur einer kranken Phantasie entsprungen sein!
    Nun bewegte sich Wahadin wieder. Er wandte sich dem Bad zu. Katherin Colfax schüttelte verzweifelt den Kopf. »Nein!« wollte sie schreien. »Nicht Henry! Wenn es schon sein muß, dann nimm mich an seiner Stelle!« Das wollte sie laut herausbrüllen, aber ihr Mund blieb stumm.
    Der schwere Schock lähmte ihre Stimmbänder.
    Sie wollte Henry warnen, aber auch dazu war sie nicht fähig. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, während sie tatenlos zusehen mußte, wie der Diakon des Teufels das Bad betrat, ohne die Tür aufzumachen.
    Sie wußte nicht, woher sie die Gewißheit nahm, aber für sie stand fest, daß ihr Mann verloren war. Niemand konnte ihm jetzt mehr helfen.
    Das Grauen war zu ihm gekommen und würde ihn nun vernichten.
    Henry Colfax durchstöberte die kleine Bereitschaftstasche, die er auf allen Reisen mitnahm. In ihr bewahrte er Seren gegen Schlangenbisse, Beruhigungsspritzen und zahlreiche Tabletten auf. Er war zwar kein studierter Medizinmann, aber er hatte mehrere Ambulanzschulungen hinter sich und war im Krankheitsfall nicht so leicht in Verlegenheit zu bringen.
    Katherin gefiel ihm im Moment nicht, aber er war zuversichtlich, daß er das wieder hinkriegen konnte.
    Vielleicht sollten sie in den nächsten Tagen etwas zurückschalten. Colfax nahm sich vor, die erstellten Programme noch einmal gründlich zu überdenken. Er wollte alle jene Dinge streichen, die man als nebensächlich ansehen konnte.
    Es hatte keinen Sinn, Katherin zu überfordern.
    Und die Fahrten ohne sie zu machen, kam für ihn nicht in Frage. Schließlich war er mit Katherin seit zehn Jahren glücklich verheiratet und hatte noch niemals einen Schritt ohne sie getan.
    Sie hatten immer alles gemeinsam in Angriff genommen, und so wollte er es auch weiterhin halten.
    Endlich fand er das flache Schächtelchen mit den Baldrianperlen. Er schüttelte die braunen Dinger durch eine kleine Öffnung in seine hohle Hand. Fünf Stück. Das würde reichen.
    Anschließend goß er einen der Zahnputzbecher mit Sprudelwasser voll. Da merkte er, daß er sich nicht allein im Bad befand. Merkwürdigerweise hatte er das Öffnen der Tür nicht gehört. Er war der Meinung, Katherin wäre eingetreten. Als sich eine Hand auf seine Schulter legte, sagte er rügend: »Katherin, ich habe dir doch gesagt, du sollst auf dem Bett sitzenblei…«
    Während er sprach, wandte er sich um.
    Und dann blieb ihm die letzte Silbe im Hals stecken…
    Henry Colfax’ Schrei löste die Starre aus Katherins Körper. Die junge Frau schnellte vom Bett hoch. Ihr Mann stieß einen zweiten, noch entsetzteren Schrei aus.
    Da fand Katherin ihre Stimme wieder. »Henry!« kreischte sie in größter Sorge um ihren Mann. »O Gott, Henry!«
    Sie eilte zur Badezimmertür. Dahinter zerschellte Glas. Das Klirren schnitt Katherin schmerzhaft durch das Trommelfell.

Weitere Kostenlose Bücher