0024 - Wir gruben ihm das Wasser ab
mir meinen Hut auf den Kopf und ging hinaus. Die Straße herauf kamen drei Männer gerannt. Na, irgendetwas stimmte nicht, das war klar. Ich stellte mich mitten auf die Straße, um die drei Kerle im Empfang zu nehmen. Als die mich sahen, machten sie kehrt. Hoho, dachte ich, so haben wir nun auch nicht gewettet. Wer am hellichten Tag so über die Straße rennt, der hat Dreck am Stecken, das ist amtlich. Ich springe also in meinen Wagen und brause hinter den Kerlen her. Ich musste aufpassen, denn die Straße ist verdammt eng und von unten kam ein hellgrauer Ford entgegen. Zuerst dachte ich, die drei saßen da drin, aber dann wäre der Wagen ja schnell gefahren. Er fuhr aber ganz gemütlich. Im Vorbeifahren sah ich dann, dass eine Frau am Steuer saß, die reichlich verdattert in die Gegend blinzelte. Wahrscheinlich hatte sie die drei Renner auch gesehen. Ich wartete bis sie an mir vorbei war, trat auf den Gashebel und zischte die Straße hinunter. Ein Stück hinter der Bank sah ich die drei Männer gerade in einen dunkelblauen Mercury klettern. Und aus der Bank kamen Leute herausgerannt und schrien aufgeregt und zeigten in die Richtung des Mercury. Als mir dann von dort die erste blaue Bohne entgegenzischte, wusste ich, was los war. Na, ich blieb hinter ihnen, obwohl die Burschen ein selbstmörderisches Tempo hielten. Allmählich kamen wir auf bessere Straßen, wo es nicht mehr so holperte wie auf unserer Dorfstraße. Da konnte ich ihnen die beiden hinteren Reifen und den Tank zerschießen. Mit einem Male gab es auch schon einen Heidenknall und der ganze Kasten stand hinten in Flammen. Da gaben sie es auf. Inzwischen hatten mir die Strolche aber auch meinen Wagen ganz schön zugerichtet. Die Windschutzscheibe war viermal zerschossen, der Suchscheinwerfer hatte eins abgekriegt und der Kühler erinnerte ein bisschen an ein Sieb.«
»Mein Gott«, sagte Phil verblüfft, »warum haben Sie denn nicht über Ihre Funksprechanlage Verstärkung angefordert?«
Der Riese warf ihm einen geringschätzigen Blick zu.
»Die Linke hatte ich am Steuer. Die Rechte musste mit der Kanone ballern. Womit hätte ich den Hörer halten sollen?« fragte er zurück.
Ich musste leise lächeln. Der Mann war ein Polizist, wie es nicht mehr viele gibt. Einer von der Sorte, die noch vor achtzig Jahren mit zwei umgeschnallten Colts und einem Sheriffstern auf der Lederweste im Mittleren Westen unter dem Desperadopack aufgeräumt hatte.
Wir unterhielten uns noch über eine Menge Einzelheiten, aber es kam eigentlich nichts dabei heraus, was uns tatsächlich weitergeholfen hätte. Nach ungefähr einer Stunde brachen wir wieder auf. Ich notierte mir allerdings vorsichtshalber seine Telefonnummer.
»Merkwürdig«, brummte Miller unterwegs.
»Was?«, fragte Phil. »Die Geschichte mit dem Überfall und dem Geld. Sie haben doch Geld erbeutet, an die fünfzigtausend sogar. Aber als dieser Hüne sie stellte, war nichts mehr von dem Geld da. Auch in dem brennenden Wagen nicht. Wieso?«
Phil zuckte mit den Schultern.
»Dafür gibt es mindestens zwei Erklärungen«, sagte er. »Einmal können die Burschen das Geld noch auf der Dorfstraße weggeworfen haben. Es könnte also ein Dorfbewohner gefunden und für sich behalten haben. Bei so einer großen Summe schmelzen bei manchen Leuten die moralischen Widerstände.«
»Und die zweite Erklärung?«, fragte ich gespannt.
»Sie haben das Geld zum Wagenfenster hinausgeworfen, als der Bär noch hinter ihnen her war. Der könnte es übersehen haben. Denn in Höllentempo fahren, beschossen werden und selber schießen - dass ist ein Kunststück für sich. Da hat man nicht Zeit, auch noch dauernd nach rechts und nach links auf die Straße zu- peilen, ob da nicht vielleicht plötzlich eine Aktentasche liegt.«
»Stimmt«, sagte Miller. »So könnte es auch gewesen sein.«
Aber ich glaubte nicht für fünf Cent daran.
***
Gegen fünf Uhr nachmittags saßen wir wieder in Millers Dienstzimmer. Wir holten uns aus der Kantine jeder eine Tasse Kaffee und neue Zigaretten, dann taten wir etwas, was Kriminalisten gar nicht oft genug tun können, wir kauten wieder einmal sämtliche Einzelheiten, die wir bisher in Erfahrung gebracht hatten, gründlich durch. Das empfiehlt sich schon aus dem Grunde, damit man ständig alle die tausend Kleinigkeiten, aus denen ein Kriminalfall in der Regel besteht, nicht aus dem Gedächtnis verliert. Ganz abgesehen davon, dass einem manche Zusammenhänge erst beim zwanzigsten Überlegen
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