003 - Im Kabinett des Grauens
geschlossen und die Arme vor dem
Gesicht gekreuzt, um unter dem sich auftürmenden Berg etwas Spielraum zu haben,
damit der nasse Kohlenstaub ihm nicht Augen und Mund verklebte. Der nasse Berg
drückte ihn nieder, und er wurde schwerer und schwerer. Larry fühlte den Druck
in der Lunge. Er hielt den Atem an, doch länger als zwei Minuten würde er diese
Belastung nicht ertragen können. Dann musste er atmen – aber hier gab es keinen
Sauerstoff.
Mit
letzter Verzweiflung begann er zu graben und versuchte, seine Hände und seine
Arme durch den Berg zu wühlen, um einen Luftschacht zu schaffen, durch den er
seinen Kopf stecken konnte. Ihm wurde schwindelig, der Druck auf seinen Körper
verstärkte sich. Er hätte es garantiert nicht aus eigener Kraft geschafft. Doch
dann lockerte sich der Boden plötzlich vor ihm. Fremde Hände, kräftig und
breit, wühlten sich durch den Berg und ertasteten seinen Körper. Larry
reagierte sofort. Er griff nach den Händen und stemmte sich mit den Beinen ab.
Der Druck über ihm ließ nach. Er fühlte, wie der schwere, nasse Kohlenstaub auf
die Seite rutschte, wie sich förmlich ein Krater an der Stelle bildete, an der
er herausgezogen wurde.
Noch
ehe er die Augen öffnen konnte, um zu sehen, wer sein Retter war, hörte er
schon die Stimme.
»Verdammt,
Mr. Brent!« Die Worte schienen durch eine dicke Wattewand in sein Bewusstsein
zu dringen. Seine Ohren waren mit feuchtem Kohlendreck verstopft. »Das hätte
ins Auge gehen können. Mir scheint, dass ich im letzten Augenblick hinter Ihnen
hergekommen bin. Ich sah, wie die Kippvorrichtung einrastete und wie der
Kohlenberg ins Rutschen kam. Wenn ich mir nicht die Stelle gemerkt hätte, an
der Sie vergraben wurden, dann wäre es fast aussichtslos gewesen, Sie herauszuholen.
Zum Glück lagen Sie mit Ihrem Kopf so weit außerhalb, dass das Hauptgewicht auf
Ihre Beine drückte.«
Es
war der Detektiv, den Sir Harold Perkins engagiert hatte. Larry murmelte ein
»Danke«, während er sich über Gesicht und Augen wischte, den nassen Dreck aus
den Ohren bohrte und seine Kleidung ein wenig abklopfte. Doch der schwarze
Schmutz ging nicht ab.
»Sie
haben mir das Leben gerettet, Fedderson«, sagte er, während er nach Luft
schnappte. Es tat gut, Sauerstoff in die Lungen zu pumpen, zu fühlen, wie
Spannungs- und Leistungskraft wieder zurückkehrten. Fedderson, der Detektiv,
winkte ab. Er sah sich um. »Mir scheint, dass er verschwunden ist«, sagte er
heiser. »Wir haben ihn aus den Augen verloren, Mr. Brent.« X-RAY-3 nickte kaum
merklich. »Dennoch werde ich ihn finden«, sagte Larry, und Fedderson sperrte
Mund und Augen auf, als er die feste, sichere Stimme des Agenten hörte. Eben
noch blickte Larry Brent dem Tod ins Auge – und jetzt traf dieser Mann schon
wieder Entscheidungen, war selbstsicher und ungebeugt. Fedderson spürte
Bewunderung in sich aufsteigen. Auch er hatte sich immer gewünscht, aus solchem
Holz geschnitzt zu sein.
Larry
sah den Detektiv ernst an. »Ich glaube, ich weiß, wo ich nachsehen muss«, sagte
er dann leise, »ich weiß es sehr genau.« Er schickte den Detektiv zu Jane und
Sir Harold Perkins zurück. »Sagen Sie, dass ich sofort zurückkommen und Bericht
erstatten werde, wenn ich einen greifbaren Anhaltspunkt habe, Fedderson!«
»Seien
Sie vorsichtig, Mr. Brent«, warnte der Detektiv. »Denken Sie an die Kugeln, die
ihn nicht umwerfen konnten!«
Larry
nickte ernst. »Ich weiß, Fedderson. Tote kann man nicht umbringen ...«
Eine
Viertelstunde später befand er sich mit dem silbergrauen Rolls Royce bereits
auf der Ausfallstraße. Er kam verhältnismäßig schnell voran. Fuhr wie der
Teufel, sich und den Wagen nicht schonend, jede Minute herausschindend, um so
früh wie nur irgend möglich in Longtown zu sein.
Und
dann erreichte er sein Hotel. Er ließ den Motor laufen, hastete die Stufen hoch
und stürmte auf den Portier zu. »Ist Miss Sorente schon zurückgekommen?« fragte
er, abgehetzt, verdreckt, verschwitzt. »Nein, Sir, Miss Sorente ist diese Nacht
nicht in ihrem Zimmer gewesen.« Der Portier schluckte. »Hatten Sie einen
Unfall, Sir?« erkundigte er sich mitfühlend, doch Larry hörte ihn schon nicht
mehr. Er war bereits wieder auf der Straße.
Er
glitt hinter das Steuer, gab Gas und warf den Wagen herum, dass die Reifen
förmlich über den betonierten Parkplatz rutschten. Er musste auf dem
schnellsten Weg in das Wachsfigurenkabinett des Mr. Flemming. Er wusste, dass
dort der Schlüssel zu dem Geheimnis
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