003 - Rom sehen und sterben
Mann löste sich aus den Schatten, und endlich schlug er die Kapuze zurück. Das Kerzenlicht ließ die Furchen und Falten seines seltsam alterslosen Gesichts tiefer und dunkler wirken als sie es tatsächlich sein mochten. Schwarzes Haar stand ihm borstig und drahtig von Kopf und Wangen ab.
Dann legte der Mann, der sich als Moss vorgestellt hatte, auch die Kutte ab. Darunter trug er ein ledernes Wams und Hosen aus gleichem Material, dazu Fellstiefel, die von Lederriemen zusammengehalten wurden.
Moss war nicht groß, er reichte Matt gerade bis über die Schultern, aber ungeheuer breitschultrig, und seine Muskeln waren nicht minder beeindruckend.
Auch auf seinen Armen spross dunkles drahtiges Haar. Und an seinen Händen klebte getrocknetes Blut. Das Blut des Echsenreiters, den er geköpft hatte. Mit bloßen Händen, wie es schien.
Matt schluckte hart, dann nannte er ihre Namen und fragte über Aruula: »Was soll das? Warum hast du uns hier hergebracht?«
Moss hob die Schultern. Die Geste wirkte beinahe bedrohlich. »Weil ihr sonst tot wäret.« Er sprach langsam und betont.
»Aber wie hast du uns gefunden?« hakte Matt nach.
»Ich halte Augen und Ohren offen. So lebt es sich länger. Vor allem in dieser Stadt.«
Matt entsann sich des Gefühls, beobachtet worden zu sein, als sie durch die Straßen gegangen waren. Gut möglich, dass dieser Moss da schon ein Auge auf sie geworfen hatte.
»Du bist ein Schamane«, behauptete Aruula, scheinbar unvermittelt. Es klang erstaunt und vorwurfsvoll zugleich.
»Wie kommst du denn auf die Idee?« Moss lachte rau auf.
»Deine Gedanken sind… stumm. Ich spüre nichts. Wie bei Baloor. Er war der Schamane meiner Horde. Auch die Tür zu seinem Geist blieb mir verschlossen.«
Aruulas Stimme klang unangenehm berührt.
»Ah, eine Lauscherin, wie?« Milder Spott schwang in Moss' Tonfall mit. Dann winkte er ab. »Nein, ich bin kein Schamane, Herzchen. Aber du solltest dich daran gewöhnen, dass sich nicht jedermann in die Birne gucken lässt. Hier gehts anders zu als droben im Norden bei deinen Brüdern und Schwestern.«
Matt verstand kaum ein Wort von dem, was Moss sagte. Aber den Sinn immerhin begriff er. Und er konnte nicht behaupten, dass dieser Typ ihm dadurch geheurer wurde. Im Gegenteil…
»Wer bist du?« fragte er noch einmal, und sein Tonfall machte deutlich, dass er mehr wissen wollte als nur einen Namen.
»Ein Mann, der versucht, Schwierigkeiten zu vermeiden.«
»Für sich und andere, wie?«
Moss nickte und nebelte sich in Zigarrenqualm ein.
Matt griff nach seiner Pistole. Aus der Qualmwolke drang dumpf ein drohender Laut. Matt hob beschwichtigend die Hand.
»Keine Sorge«, meinte er und behielt die Waffe auf der flachen Hand. »Ich glaube, du weißt, was das ist?« Diesen Eindruck hatte er jedenfalls gehabt, unmittelbar bevor Moss sie auf der Piazza zur Flucht aufgefordert hatte.
Aruula übersetzte. Wieder zuckte Moss die breiten Schultern. »Ein Ding, das Schwierigkeiten macht.«
Ein flüchtiges Grinsen huschte über Matt Drax' Gesicht. Damit lag Moss nicht einmal so falsch. Genaugenommen hatte seine Einschätzung beinahe etwas Philosophisches…
Matt steckte die Waffe weg, beschäftigte seine Hände stattdessen mit der Zigarre und begann in dem Raum hin- und herzugehen. Er betrachtete die Gegenstände in den Regalen, ohne sie wirklich zu sehen. Dann fuhren seine Hände über das Klavier. Es war uralt, natürlich, zerschrammt und schief.
»Da draußen«, fragte Aruula nach einer Weile, »auf dem großen Platz, dieser Kampf - was war das?«
»Sie haben neue Kämpfer ausgesucht«, antwortete Moss.
»Kämpfer wofür?«
»Für die Arena.«
Aruula dolmetschte, und Matt nickte. Er hatte so eine Ahnung gehabt.
Das alte Rom war hier nicht nur architektonisch reanimiert worden…
»Wer sind sie?« nahm sie den Faden dann wieder auf. »Diese Reiter.«
Moss winkte ab. »Die Reiter sind nur Helfer. Oder Diener.«
»Wem helfen oder dienen sie?« wollte die Barbarin wissen.
»Den Göttern«, sagte Moss. Aber in seiner Stimme lag keine Spur von Ehrfurcht. Nur Spott.
Aruula jedoch schauderte. Matt spürte es, als liefe ihm selbst eine Gänsehaut über den Rücken.
Aruula glaubte an Götter, und ebenso an ihre finsteren Pendänte, dämonische Wesen, die der Legende nach in den Schlünden und Tiefen der Erde hausten.
»Ist diese Stadt die Heimat der Götter?« fragte sie dann, fast atemlos.
»In dieser Stadt«, erwiderte Moss düster, »ist so ziemlich alles zu
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