0035 - Draculas Erbe
Angstschrei aus ihrer Kehle.
Noch einmal traf der Strahl ihrer Taschenlampe das Gesicht des Unheimlichen. Aber sie erkannte, dass sie damit nichts ausrichten würde.
Unaufhaltsam kam der Dämon auf sie zu.
»Wer bist du?«, fragte Jara mit bebender Stimme. »Bist du der, welcher tötet?«
»Ja!«, rief der Unheimliche ihr zu.
Jara versuchte, sich vor dem Zugriff des wütenden Dämonen zu retten.
Schritt um Schritt wich sie zurück. Aber sie konnte die Entfernung zwischen sich und dem Geist nicht vergrößern.
»Und wo ist… der andere?«, fragte sie und bebte dabei am ganzen Körper.
»Hier!«, rief eine Stimme hinter ihr.
Und gleichzeitig fühlte sich das Mädchen gepackt und brutal herumgerissen. Sie glaubte, das Spiegelbild des ersten Geistes zu sehen.
Das gleiche Gesicht. Die gleichen, blutunterlaufenen Augen. Die gleiche Mordgier in den Blicken.
Mehr sah Jara nicht.
Zwei knochige Hände griffen nach ihr. Eine packte Jaras Hals. Die andere riss das Band auf, mit dem ihre leinene Bluse zusammengebunden war. Jäh zuckte die dämonische Greisenhand an den Kragen der Bluse, riss daran, zerrte das Mädchen bis dicht vors Gesicht des Dämons.
Dann griffen die Knochenhände wieder zu. Zogen und rissen an Jaras Kleidern. Rock und Bluse fielen zu Boden. Sekunden später hatte der Unhold das Mädchen entkleidet.
Er warf sich auf sie, dass sie unter ihm auf dem kalten Boden des Felsenschachtes zu liegen kam.
Zuerst glaubte sie, dass der Dämon sie missbrauchen wollte. Dass er seine noch nicht erloschene Mannesgier stillen und Jara schänden wollte.
Aber der Mund mit dem Modergeruch an Jaras Hals zeigte ihr seine wahren, grausigen Absichten.
Der knochige Alte hielt eine Hand auf Jaras Mund gepresst. Das Mädchen ekelte sich und würgte.
Dann nahm sie allen Mut zusammen und biss zu.
Ganz kurz und schnell. Aber heftig.
Der Alte gab keinen Schmerzenslaut von sich.
Aber seine Gier auf das Blut des Mädchens wurde durch den Biss in die magere Hand verdoppelt.
Jara spürte, dass die Kraft von vielen Männern in diesen dünnen Fingern steckte. Als die Hand des Dämons zurückzuckte, schrie sie auf, drehte sich blitzschnell unter ihm weg.
Sie kam an der Seitenwand des Schachtes zu liegen. Und schrie, was die Lungen hergaben.
Sekundenlang. Sekunden, die dem gepeinigten Mädchen wie eine Ewigkeit schienen.
Als noch der andere sich neben sie kniete und ihre Arme auf den Boden presste, war jede Gegenwehr zwecklos geworden.
Der Blutsauger begann sein scheußliches Werk.
Mit schmatzenden Lippen näherte er sich Jaras Hals.
Minutenlang dauerte es, bis der Blutrausch des menschlichen Raubtiers gesättigt war. Als der Vampir von seinem Opfer abließ, war nur noch wenig Leben in dem Mädchen.
Der zweite der unheimlichen Väter Draculas grub seine Hände in Jaras Schultern.
Er achtete nicht darauf, dass seine Hände vom Blut besudelt wurden, das noch in kräftigen Strömen aus den Bisswunden floss. Unerbittlich drückte er zu und schüttelte das Mädchen erbarmungslos.
Dann ließ er Jaras Kopf auf das harte Gestein fallen.
Er beugte sich zur linken Brust des gepeinigten Opfers.
Dann erhob er sich und sah auf den anderen.
Sein diabolisches Grinsen zeigte dem dämonischen Bruder an, dass Jara, der letzte Spross der Familie Yäntak, im Reich der Toten war.
Die Sippe der Yäntaks war für immer ausgelöscht.
***
Zamorra war mit Nicole Duval in den Schacht eingedrungen.
Sie waren aufs Äußerste gespannt. Jede Sekunde hielten sie inne, ob nicht von irgendwoher ein Laut zu hören war.
Es gab nur zwei Ursachen für Geräusche in diesem Schacht. Sie mussten von Jara stammen. Oder von den Dämonen.
Und beides war wichtig für den Professor und seine Sekretärin.
War erst Jaras Spur gefunden, so konnten sie das Mädchen vielleicht noch retten. Würden sie auf die Dämonen stoßen, so würde sich eine Möglichkeit ergeben, sie in ihre Gewalt zu bekommen und unschädlich zu machen.
Zwar trugen auch Zamorra und Nicole Taschenlampen bei sich.
Aber sie kamen, wie erwähnt, langsamer voran als das Mädchen Jara. Sie mussten jede Spalte, jede Einbuchtung im Felsenschacht genau untersuchen, ob sie nicht etwa weiterführten und deshalb ausgekundschaftet werden mussten.
Nach zwanzig Minuten hatten sie endlich den Krater erreicht.
»Müssen wir dort hinüber?«, fragte Nicole den Professor. Der Schein ihrer Lampe zeigte auf die Fortsetzung des Stollens am anderen Ende des Kraters.
»Da bin ich ganz sicher, Nicole.
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