0039 - Ich jagte den Mörder meines Freundes
hinter uns quietschend bremste. Mein sechster Sinn schlug Alarm. Ich drehte mich um und sah eine Hand auf dem heruntergekurbelten Fenster. Die Hand hielt eine Pistole.
Ich zerrte Bud zu Boden und warf mich über ihn. Gleichzeitig riß ich meinen 38er aus der Schulterhalfter und schoß zurück.
Ich sah das Glas des noch sichtbaren Fensterteils splittern, hörte aber gleichzeitig um mich herum die Einschläge an der Mauer. Ziegelsplitter übersäten mich.
Der Wagen sprang wieder vor und raste mit Vollgas weiter. Ich jagte noch drei Kugeln hinterher. Sie trafen wohl die Karosserie, blieben aber vermutlich irgendwo in der Polsterung stecken.
Wir standen auf und klopften uns gegenseitig Staub und Splitter ab. »Hast du ihn erkannt, Jerry?« fragte Bud erstaunlich ruhig.
Ich mußte verneinen. »Der Kerl hat sich geduckt und nichts weiter als Seinen Hut sehen lassen. Aber die Nummer habe ich mir gemerkt. Wenn der Wagen nicht gestohlen wurde, können wir den Burschen schnappen.«
»Klappnummer«, erklärte Bud wichtig.
Er war stolz auf sein Wissen in bezug auf Gangsterschliche. Unter Klappnummern versteht man Nummernschilder, die durch einen Mechanismus während der Fahrt umgedreht werden können. Dieser Trick wird schwer bestraft, aber trotzdem häufig angewendet.
Bud wußte noch etwas. Es war für mich so unglaublich, daß ich es einfach nicht fassen konnte.
Er sagte nämlich: »Es war kein Mann, Jerry, es war eine Frau.«
Ich wollte ihn nicht kränken und meinte, er könnte sich geirrt haben. Aber Bud blieb dabei. Für ihn war es eben eine Frau gewesen.
»Mal versuchen, eine der Kugeln mit dem Messer herauszupulen«, sagte ich, das Thema wechselnd. Wir klappten unsere Taschenmesser auf und machten uns an die Arbeit.
Schließlich hatten wir zwei. Die eine war so platt und formlos, daß auch der gerissenste Experte sie nicht hätte identifizieren können. Aber die andere ging noch.
Sie war vorn abgefeilt wie die Kugeln, die Toby und den Mexikaner getötet hatten. Ich wickelte sie in ein Stück Papier und legte sie in meine Brieftasche.
Dem Mörder, — denn nur um ihn konnte es sich auch diesmal wieder handeln — lag viel daran, ging mir durch den Sinn, daß seine Opfer auf alle Fälle starben.
***
»Mach’s gut, Bud«, sagte ich und klopfte meinem jungen Freund auf den Rücken.
Phil und ich standen im Schatten eines Lagerhauses. Vor uns lag der breite Pier mit gigantischen Kränen, die aus den Bäuchen mächtiger Überseefrachter Waren hievten. Stauer, Zollbeamte und Neugierige hasteten umher.
Phil und ich warteten. Wie sollte Bud den mexikanischen Matrosen in diesem Durcheinander finden? Die Männer vom Rauschgiftdezernat stellten sich gewiß ebenfalls diese bange Frage.
Wir ließen Bud nicht aus den Augen. Dicht am Wasser stand ein Matrose. Dunkelbraun, die Hände bis zu den Ellenbogen in die Taschen einer glockenförmigen Hose geschoben und eine Zigarette im Mund, sah er scheinbar interessiert dem Löschen eines Frachters zu.
Über seiner Schulter hing ein prall gefüllter Leinenbeutel an einem Riemen. Das mußte der Mann sein.
Wo, zum Teufel, blieb Bud? Soeben hatten wir ihn noch wie ein Wiesel durch das Gewoge huschen sehen. Ich atmete auf, als ich ihn erspähte. Auch er hatte den Mann mit dem Beutel erspäht.
Phil und ich schlenderten wie harmlose Spaziergänger näher heran. Plötzlich tauchten auch andere Spaziergänger auf. Unter ihnen erkannte ich Captain Loveman. Er trug eine Schlägermütze und ein buntes Halstuch.
Bud spuckte neben dem Matrosen ins Wasser. Der Bengel machte seine Sache großartig. »Toller Betrieb, wie?« sagte er zu dem Nebenmann.
»Ich nicht viel von euere Sprache verstehen«, radebrechte der Mexikaner.
»La Campesina«, sagte Bud leise. Und doch nicht so leise, daß ich es nicht verstanden hätte.
»Flamengo.«
»Prima«, lachte Bud, »dann gib den Kram mal her.«
»Wo sein Juan Paredes?« fragte der Matrose.
»Steht dort hinten. Wir sind vorsichtig. Hier wimmeln überall Greifer ’rum. Wo dein Schiff?«
»Ich nicht darf sagen.«
»Auch gut. Nun mal los, gib mir die drei Pakete.«
»Ich erst Paredes sehen.«
Bud schob zwei Finger zwischen die Zähne und stieß einen Pfiff aus. So war es abgemacht.
Bevor sich der Matrose versah, war er von acht Männern umringt. Captain Loveman riß dem Verdutzten den Beutel von der Schulter und öffnete ihn. Drei in Bast eingenähte Pakete steckten in dem Beutel. Ein Beamter öffnete sie. Es kamen lauter braune
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