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0042 - Der Totenbeschwörer

0042 - Der Totenbeschwörer

Titel: 0042 - Der Totenbeschwörer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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eigenen Friedhof mehr. Deshalb werden die Toten bei uns beerdigt.«
    Ich schüttelte den Kopf. So etwas hatte ich auch noch nicht gehört. »Haben Sie denn keine Angst, daß Ihr Haus mal abgerissen wird?«
    »Nein, Herr Oberinspektor. Das Grundstück gehört schon seit Generationen den Hansons, und dabei bleibt es.«
    »Ihr Name hört sich nicht sehr walisisch an.«
    »Meine Vorfahren stammen aus Schweden«, erklärte mir Lester Hanson.
    Der Weg zum Haus wurde von hohen Bäumen flankiert. Zur Wetterseite hin waren die Äste mit Schnee bedeckt. Vor dem Haus gab es einen genügend großen Parkplatz.
    Ich ließ den Wagen ausrollen.
    Das Gebäude sah tatsächlich sehr alt aus. Es hatte noch zwei Stockwerke über dem Erdgeschoß und ein spitzwinkliges Dach.
    »Bewohnen Sie die Zimmer alle?« fragte ich.
    »Nein.« Lester Hanson schüttelte den Kopf. »Nicht einmal die Hälfte. Aber was man geerbt hat, möchte man nicht so rasch wieder abgeben.«
    »Wem sagen Sie das?«
    Ich stieg aus. Zur Tür hoch führte eine Steintreppe. An der Wand rechts neben der Tür lehnten Schneeschieber und Spaten. Der Weg zum Haus war geräumt worden.
    Dumpf schlugen die Wagentüren ins Schloß. Vielleicht war es das Geräusch, das den etwa elfjährigen Jungen aufgeschreckt hatte. Er riß die Haustür auf, sprang mit einem Satz die Treppe hinunter und lief mit ausgestreckten Armen auf seinen Vater zu.
    »Dad, Dad!« rief er.
    Lester fing seinen Sohn auf. »Was ist denn Gaylord? Du bist ja ganz aufgeregt.«
    »Dad, Dad, Jill ist wieder da!«
    ***
    Lester Hanson ließ seinen Sohn sinken, wandte den Kopf und schaute uns sprachlos an. In seinen Augen las ich Unverständnis, Überraschung und Sorge.
    Auch ich wußte im ersten Augenblick nicht, was ich sagen sollte. Zu plötzlich kam alles. Wir waren auf Jills Verschwinden vorbereitet gewesen, und jetzt hörten wir, daß sie sich im Haus befand.
    Die helle Jungenstimme unterbrach das Schweigen. »Was ist denn, Dad? Warum sagst du nichts?«
    Lester lächelte. Er legte seine Hände auf Gaylords Schultern und ging vor ihm in die Knie. »Du hast wirklich deine Schwester Jill gesehen, Gaylord?«
    Der Junge nickte. »Ja, Dad!«
    »Und ist sie allein?«
    Gaylord strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Er hatte rostrotes, widerborstiges Haar, tausend Sommersprossen im Gesicht und eine freche Stupsnase. »Sie ist allein, Dad. Und sie will auch allein bleiben. Das hat sie mir gesagt. Ich soll sie nicht stören.«
    Wir waren näher herangegangen, so daß wir das Gespräch verstehen konnten.
    »Wie ist es mit mir, Gaylord? Darf ich Jill stören?«
    Der Junge schüttelte mit ernstem Gesicht den Kopf. »Auch du nicht, Dad.« Dann deutete er auf uns. »Die beiden ebenfalls nicht. Niemand darf Jill stören.«
    »Warum denn nicht?«
    »Weil sie…« Der Junge zögerte.
    Lester Hanson schaute seinen Sohn durchdringend an. »Du mußt es mir sagen, Gaylord. Was ist mit Jill?«
    »Sie spricht immer mit Grandpa.«
    Lester Hanson zuckte zusammen. Er ließ seinen Sohn los, der fragend zu ihm hochschaute, und erhob sich.
    »Was meinen Sie dazu?« wandte er sich an uns.
    »Wir müssen mit Jill reden«, sagte ich schnell.
    Gaylord meldete sich. »Aber sie will mit keinem sprechen. Sie hat verboten, daß jemand zu ihr kommt. Sie will allein sein.«
    »Wo ist sie?« fragte Lester Hanson.
    »Auf ihrem Zimmer.«
    Hanson sah uns an. »Okay, Gentlemen, gehen wir.«
    »Aber das dürft ihr nicht.« Gaylord versuchte seinen Vater festzuhalten, doch Lester nahm seinen Sohn hoch und ging kurzerhand weiter. Der Junge begann zu weinen. »Ich habe es ihr doch versprochen«, schluchzte er. »Jetzt ist sie enttäuscht.«
    Auch ich kannte den Ehrenkodex der Kinder. Nichts ist für einen Jungen schlimmer als ein Wortbruch. Doch in diesem Fall ging es um Dinge, deren Ausmaße Erwachsene kaum übersehen konnten, geschweige denn Kinder.
    Nein, wir mußten mit Jill reden.
    Eine Waffe steckte ich nicht ein. Ich wollte es nicht zu einer Eskalation der Gewalt kommen lassen. Man mußte, das junge Mädchen überreden, sein Vorhaben fallenzulassen.
    Gaylord Hanson hatte die Haustür nicht zugedrückt. Sie stand sperrangelweit offen.
    Wir betraten einen breiten Hausflur. Rechts ging es in eine große Küche. Links führte eine Treppe zu den oberen beiden Stockwerken.
    Lester Hanson schritt voran. Er versuchte, so leise wie möglich zu sein, damit seine Tochter nicht schon vorher gewarnt wurde. Gaylord mußte unten bleiben. Er schaute uns aus

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