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0043 - Der Vampir von Manhattan

0043 - Der Vampir von Manhattan

Titel: 0043 - Der Vampir von Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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zerkratztes Gesicht behandelt. Komplikationen waren nicht aufgetreten. Es war ein sonniger Oktobertag, doch unterschwellig spürte ich die Bedrohung, die über New York City lag.
    Im Lauf meiner Karriere als Geisterjäger hatte ich dafür einen feinen Instinkt entwickelt.
    Wir marschierten ins Verwaltungsgebäude, wo ein spätes Mädchen an der Anmeldung saß. Ich nannte meinen Namen und zeigte auch meinen Scotland-Yard-Dienstausweis. Frank Harpers Vater hatte uns avisiert.
    Der Vorzimmerdrachen verständigte den Klinikleiter Dr. Ruben Lorrimer über die Gegensprechanlage. Sie lächelte uns alle an.
    »Dr. Lorrimer kommt sofort.«
    Da eilte auch schon ein baumlanger Weißkittel den Korridor entlang. Dr. Ruben Lorrimer erinnerte mich an eine Giraffe. Er maß annähernd zwei Meter zehn, hatte einen langen Hals und einen kleinen Kopf.
    Seine Augen blinzelten hinter einer grünlichen Brille. In der Brusttasche seines weißen Kittels steckten ein halbes Dutzend Kugelschreiber. Ein Taschen-Funkgerät, über das er jederzeit überall auf dem Klinikgelände zu erreichen war, hatte er auch noch darin.
    Bei uns angekommen, sah er zunächst mal auf die Armbanduhr, wobei er mir fast auf die Nase schlug.
    »Äh ja, äh ja, ich weiß Bescheid. Mister Sinclair, wenn ich recht vermute? Ich bin vollständig informiert. Meine Zeit ist leider knapp bemessen.«
    »Wir wollen Sie nicht lange in Anspruch nehmen, Dr. Lorrimer. Wir haben vor, mit Frank Harper zu sprechen.«
    »Äh ja, äh ja. Der Patient Harper. Dementia praecox mit Verfolgungswahn, vermute ich. Sind Sie auch Psychiater, Mister Sinclair?«
    Sehe ich so aus? hätte ich fast gefragt.
    »Das nicht gerade. Aber Spezialist für Fälle von der Art, wie Frank Harper einer ist. Können wir jetzt zu ihm?«
    »Äh ja, äh ja. Miß Tippington, Sie wissen, wo ich zu erreichen bin. Wer sind Ihre Begleiter, Mister Sinclair?«
    Ich stellte vor, die Damen zuerst, dann Suko.
    »Äh ja, äh ja, angenehm. Gehen wir.«
    Dr. Lorrimer hatte einen Tic, der seinen linken Mundwinkel öfters zucken ließ. Seine Hände waren ständig in Bewegung.
    Dr. Lorrimer stürmte mit wehendem Kittel vor uns her, daß wir Mühe hatten, ihm zu folgen. Wir hetzten aus dem Gebäude und über den Parkweg auf ein anderes zu. Dr. Lorrimer sah noch zweimal auf die Uhr.
    Im andern Gebäudetrakt rief der Klinikleiter einen Pfleger herbei. Frank Harper hatte im zweiten Stock ein Einzelzimmer, das bestimmt nicht billig war. Als wir eintraten, lag der junge Mann auf dem Bett, die Hände hinterm Kopf, und schaute zur Decke.
    Er trug einen blauen Overall. Dr. Lorrimer schoß auf ihn zu, zog ein Gummihämmerchen aus der Kitteltasche und schlug ihm auf die Knie. Die Unterschenkel schnellten nach oben. Mit einem Drehspiegel, den er aus einer anderen Tasche holt, fuhrwerkte Dr. Lorrimer vor Frank Harpers Augen herum.
    Der junge Mann ließ willig alles mit sich geschehen.
    »Welches Datum haben wir heute?« fragte Dr. Lorrimer.
    Wir andern hielten uns zurück. Der kräftige Pfleger stand im Hintergrund. Frank Harper hatte uns bisher nur mit einem gleichgültigen Blick gemustert, sicher stand er unter Psychopharmaka.
    »Den 21. Oktober 1978«, sagte Frank Harper wie aus der Pistole geschossen.
    »Wer ist der Präsident der Vereinigten Staaten?«
    »Jimmy Carter.«
    »Was ist Ihr Lieblingsgericht?«
    »Ich bin bisher nur einmal wegen zu schnellen Fahrens verurteilt worden, da habe ich nicht genug Erfahrung, um das beurteilen zu können.« Frank Harper grinste schwach. »Ich nehme an, Sie wollen wissen, was ich am liebsten esse, Doc. T-Bone Steak Medium.«
    »Gut, sehr gut.« Dr. Lorrimer schaute uns an. Paßt mal auf, was jetzt kommt, bedeutete sein Blick. »Was halten Sie vom Vampirismus, Mister Harper? Wer sind der alte Montague und seine grauenvolle Gefährtin Asenath?«
    Frank Harper zuckte zusammen, als ob er einen Elektroschock erhalten hätte. Er richtete sich abrupt auf, kerzengerade saß er da, und sein Gesicht zeigte den Ausdruck größten Schreckens.
    »Ihr Narren!« schrie er. »Warum glaubt ihr mir denn alle nicht? Ich bin nicht verrückt! Vampyrodam, das Reich der Vampire, wird kommen, wenn ihr nicht endlich alle nötigen Maßnahmen ergreift. Die Zeit im Grab hat die Ungeheuer nur gestärkt und ihre Macht vergrößert. Die Menschheit wird untergehen. Blutsauger werden die Erde bevölkern. Das Grauen hält Einzug in New York City. Bald werden sich auf unseren nächtlichen Straßen die entsetzlichsten Szenen abspielen.

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