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0044 - Wir kämpften nach drei Seiten

0044 - Wir kämpften nach drei Seiten

Titel: 0044 - Wir kämpften nach drei Seiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delfried Kaufmann
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wird.«
    Ich ließ mir eine Verbindung mit der zentralen Telefonauskunft geben.
    »FBI«, sagte ich, als ich die Stelle an der Strippe hatte.
    »Stellen Sie bitte fest, wer den Anschluss LW 5 71 11 hat.«
    »Einen Augenblick, bitte«, plärrte eine Mädchenstimme.
    Ich wartete ein paar Minuten. Dann meldete sich das Mädchen wieder.
    »Hören Sie noch. Anschluss LW 5 71 11 lautet auf Edmond Kaletschew, Bronx, 57. Straße 1516. Als Beruf ist hier angegeben: Kunstmaler.«
    Ich bedankte mich, legte auf, nahm dann meinen Hut vom Haken und ging, um mir Mr. Kaletschew anzusehen.
    Die 57. Straße war in der Höhe des Hauses 1516 alles andere als eine erfreuliche Gegend. In Massen standen hier die scheußlichen Mietskasernen aus den zwanziger Jahren, riesige Steinkästen, erbaut, um den Strom der billigen Arbeitskräfte aus aller Herren Ländern aufzunehmen, der nach dem Ersten Weltkrieg in die Staaten strömte. Diese Häuser waren so weitläufig wie alte Schlösser, ebenso verwinkelt, mit Anbauten, Hinterhöfen, Aufstockungen, und in vielen von ihnen hauste eine Menschenmenge, die der Bevölkerung eines kleinen Dorfes entsprach.
    Über dem Eingang von Nr. 1516 war die Hausnummer in abgestoßenen Emailleziffern zu lesen. Als ich den Fuß auf die erste Steinstufe setzte, brach mir aus dem dunklen Hausflur eine Horde johlender und sehr schmutziger Kinder entgegen. Sie rannten auf die Straße und flitzten nach allen Seiten auseinander. Hinter ihnen tauchte eine dicke Frau mit grauen Zottelhaaren auf, schüttelte die Faust und schimpfte hinter den Kindern her.
    Ich wagte es, mich dieser Märchenbuch-Hexe zu nähern.
    »Entschuldigen Sie, Madam«, sagte ich und zog höflich meinen Hut. »Können Sie mir sagen, ob in diesem Haus ein Mr. Edmond Kaletschew wohnt?«
    Sie sah mich aus kleinen, bösen Augen an.
    »Ich kann nicht jeden von den Halunken kennen, mit denen ich in dieser Höhle zusammenwohnen muss.«
    Ich tat ihr den Gefallen und bejammerte die allgemeine Wohnungsnot, die leider auch nette und sozial hochstehende Menschen zwinge, in unwürdigen Wohnungen zu hausen.
    Ihre Augen verloren den bösartigen Ausdruck. Sie widerstand meiner freundlichen Aufgeschlossenheit nicht länger, und wir gerieten in ein angeregtes Geplauder.
    »Wen wollten Sie sprechen?«, fragte sie schließlich honigsüß.
    »Edmond Kaletschew. Er soll Kunstmaler sein.«
    Ihr ging ein Licht auf.
    »Ah, ich glaube, Sie meinen den russischen Maler, diesen ewig erkälteten Pinselquäler, der immer mit einem dicken Schal um den Hals auftaucht, wenn man ihn überhaupt einmal zu sehen bekommt. Aber sagen Sie mir, was hat ein so netter Gentleman wie Sie mit diesem ständig betrunkenen Verrückten zu tun?«
    Es dauerte noch zehn Minuten, bis sie mir mitgeteilt hatte, dass Kaletschew so etwas Ähnliches wie eine Atelierwohnung im Hinterhaus besaß, und dann hatte ich Schwierigkeiten, sie endlich loszuwerden.
    Ich ging durch den dunklen Flur, überquerte den engen und unsäglich schmutzigen Hof, um den ebenfalls dunklen und engen Flur des Hinterhauses zu betreten.
    Auf knarrenden Holztreppen, denen teilweise das Geländer fehlte, stieg ich Etage um Etage hinauf. Vom achten Stock ab hatte das Treppenhaus kein Licht mehr, und schließlich endete es auf einem Podest, das nur zwei Türen hatte.
    An der einen Tür hing über einer Klingel ohne Knopf eine Visitenkarte, die mit schwungvollen, längst verstaubten Goldbuchstaben bemalt war.
    Ich zündete ein Streichholz an.
    Edmond Kaletschew, Kunstmaler und Akademiepreisträger, Gemälde zur Auswahl und auf Bestellung.
    Ich klopfte kräftig an die Tür. Wenige Augenblicke später hörte ich ein Schlurfen. Ein Riegel rasselte, die Tür wurde geöffnet. Ein krummrückiger Mann mit spitzer Nase, schmutzig grauem Haar und einem zerfaserten Schnauzbart öffnete. Er trug tatsächlich, wie die Frau im Hausflur gesagt hatte, einen mächtigen, wenn auch nicht sauberen Wollschal mehrfach um den Hals gewickelt.
    »Sie wünschen?«, fragte er.
    »Polizei«, antwortete ich. »Ich möchte Sie sprechen.«
    Er wich in das Zimmer zurück. Ich betrat den Raum und schloss die Tür hinter mir.
    Das erste Ding, auf das mein Blick fiel, war, mitten auf dem Tisch, ein Telefon.
    ***
    Der Raum war überraschend groß und sehr hell. Die rechte Wand bestand bis zur halben Höhe aus Glas. Allerdings waren viele Scheiben zerbrochen und durch Pappe ersetzt.
    Im Übrigen bildete die Einrichtung ein schreckliches Durcheinander von Möbeln, Töpfen,

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