005 - Die Melodie des Todes
hoben ihn auf.
»Mein Gott«, sagte Wallis. »Er ist tot.«
Und Persh, der freundliche, blühende Mann, war wirklich tot.
»Der Einbruch in der Nordprovinzbank bildet immer noch einen aufregenden Gesprächsstoff für die City kreise«, schrieb der Berichterstatter des ›Daily Monitors »Die Polizei hat eine Reihe interessanter Entdeckungen gemacht. Darüber besteht jedenfalls kein Zweifel, daß die Verbrecher entkommen sind, indem sie ihren Weg …« Hier folgte eine ziemlich genaue Schilderung der Art ihrer Flucht. »Was die Polizei jedoch besonders interessiert, ist die erwiesene Tatsache, daß noch ein weiterer Mann in der Bank anwesend war, dessen Verhalten unerklärlich ist. Der vierte Mann war anscheinend an dem Raub nicht beteiligt und ohne Wissen oder Einverständnis der Einbrecher zugegen. Der heute morgen von unserem Berichterstatter befragte Bankwächter war begreiflicherweise im Interesse seiner Firma mit seinen Aussagen etwas zurückhaltend, er bestätigte aber das Gerücht, wonach der vierte Mann, wer es auch war, sich wenigstens gegen ihn - den Wächter -nicht feindselig verhielt. Es verlautet weiter, daß der Wächter von den Einbrechern sehr eilig gefesselt und geknebelt wurde; wahrscheinlich ohne daß es in ihrer Absicht lag, schwebte er in ernster Gefahr, da der Knebel den Unglücklichen beinahe erstickte.
Im letzten Moment erschien die vierte Person auf der Bildfläche, zog ihm den Knebel heraus und erleichterte seine Lage. Es war offenkundig, daß der Mann kein Mitglied der Einbrecherbande war.
Die Annahme liegt nahe, daß in der fraglichen Nacht zwei getrennte, voneinander unabhängige Einbrechertrupps einen Anschlag auf die Bank vorhatten. Ob dies nun zutrifft oder nicht, jedenfalls kann man der Menschlichkeit von Numero vier die Anerkennung nicht versagen.«
»So war es also.« Wallis las den Bericht in seiner Morgenzeitung, ohne sich zu ärgern. Obwohl die Nacht unheilvoll für ihn geendet hatte, glaubte er Grund zur Zufriedenheit zu haben. »Ich hätte es mir nie verzeihen können, wenn wir den Wächter getötet hätten«, sagte er zu seinem Kameraden.
Seine Augen zeigten einen müden Ausdruck, und sein Gesicht war ungewöhnlich bleich. Er hatte einen aufreibenden Abend hinter sich. Nun saß er im Büro seines Winkelbankgeschäftes, und seine einzige Gesellschaft war Callidino.
»Ich glaube fast, der arme alte Persh wird uns verraten«, meinte er.
»Wieso Persh?« fragte der andre.
»Der Chauffeur wird imstande sein, uns als die Personen zu bezeichnen, die ihn begleitet haben. Ich wundere mich, daß noch keiner gekommen ist. Es hat keinen Zweck, sich aus dem Staube zu machen. Du mußt wissen«, sagte er plötzlich, »niemand, der der englischen Polizei einmal bekannt ist, kann ihr entwischen. Es erspart einem eine Menge von Unannehmlichkeiten, wenn man die Entwicklung der Dinge abwartet.«
»Ich dachte, du wärest auf der Polizeistation gewesen«, sagte Callidino überrascht.
»War ich auch«, entgegnete Wallis. »Das habe ich als erstes getan - tatsächlich in dem Augenblick, wo ich einen Vorwand dafür hatte -, um Pershs Personalien mitzuteilen. Es hat keinen Sinn, vorzugeben, daß wir ihn nicht kannten. Das einzige, was wir tun müssen, ist, das nötige Alibi nachzuweisen. Was mich betrifft, so war ich im Bett und habe geschlafen.«
»Hat dich niemand zurückkommen sehen?« fragte Callidino.
»Nein«, sagte Wallis kopfschüttelnd, »sie hatten einen Mann zu meiner Beobachtung zurückgelassen, der natürlich die Straße auf und ab bummelte. Nichts war leichter, als ihm hinter seinem Rücken zu folgen und im geeigneten Moment in die Tür zu schlüpfen.«
Überwachen ist ein äußerst ermüdendes Geschäft, und nur sehr wenige sind sich über die körperliche Anstrengung klar, die es kostet, etwas im Auge zu behalten und immer in der gleichen Lage zu verharren. Auch ein geübter Polizist läßt sich auf die einfachste Art einlullen, und wie Wallis sagte, war es ihm nicht schwergefallen, unbeobachtet ins Haus zurückzugelangen. Die einzige Gefahr hätte darin bestanden, wenn während seiner Abwesenheit jemand bei ihm vorgesprochen hätte.
»Aber wie steht’s mit dir?«
Callidino lächelte.
»Mein Alibi ist verwickelter und doch auch einfacher«, sagte er. »Meine lieben Landsleute werden für mich schwören. Sie lügen sehr bereitwillig, diese Neapolitaner.«
»Bist du nicht auch ein Neapolitaner?«
»Sizilianer«, lächelte der andre. »Neapolitaner! Was glaubst
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