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005 - Die Melodie des Todes

005 - Die Melodie des Todes

Titel: 005 - Die Melodie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Provinzärzten. Edith und ihre Mutter erkannte er gnädig als alte Bekannte an. Frau Cathcart war mit den Barclays, mit denen sie zusammen aufgewachsen war, eng befreundet gewesen.
    »Ihre Mutter ist eine prächtige Frau«, erklärte Dr. Barclay-Seymour, als er Edith zu Tisch führte, »eine schätzenswerte Frau.«
    Edith konnte nur mit größter Mühe der Versuchung widerstehen, die Frage zu stellen, wie er zu dieser Meinung kam.
    Der Verlauf des Dinners litt ein wenig unter der unbestreitbaren Nervosität des Generals Sir John Standerton, so daß keine recht behagliche Stimmung aufkam. Zweimal während des Essens schickte er einen der drei servierenden Diener hinaus, um, wie er sich ausdrückte, bei dem Posten vor Gewehr nachzufragen. Bis jetzt hatte sich noch nichts Verdächtiges ereignet.
    »Ich weiß nicht, was ich aus dieser Juwelengeschichte machen soll. Ich hoffe, Gilbert hält mich nicht zum Narren«, sagte er.
    Er wandte sich freundlich an Edith.
    »Hat er in der letzten Zeit Neigungen zum Witzbold entwickelt?«
    Edith mußte lächeln.
    »Es gibt kaum eine Bezeichnung, die weniger auf Gilbert paßt als das Wort ›Witzbold‹«, entgegnete sie.
    »Aber ist es nicht recht sonderbar, daß er diese Nachricht geschickt hat?« fuhr der General verdrießlich fort. »Ich weiß nicht recht, was ich anfangen soll. Ich könnte ja einen Schutzmann anfordern, aber die hiesigen Polizisten sind ganz schauderhafte Idioten. Ich habe nicht übel Lust, mein Nachtlager in der Bibliothek aufzuschlagen und selbst die Nacht dort zu verbringen.«
    Er erwärmte sich ordentlich für den Gedanken, obwohl er ein Lebensalter erreicht hatte, wo das Nächtigen in einem andern als dem gewohnten Raum eine Art von Heldentum darstellt.
    Nach dem Essen begab man sich in das Empfangszimmer.
    Der General verriet große Unruhe; und auch Edith, obgleich sie anscheinend ohne jede Aufregung Klavier spielte und ein kleines französisches Lied sang, war nicht weniger nervös als der General.
    »Ich werde euch sagen, was wir tun«, sagte Sir John plötzlich, »wir werden uns in die Bibliothek verziehen. Es ist ein nettes, gemütliches Zimmer, falls Sie, meine Liebe, nichts dagegen haben, wenn wir rauchen.«
    Es war ein ausgezeichneter Vorschlag, auf den sie mit großem Vergnügen eingingen. Als sie mit Sir John die Treppe hinaufstieg, machte sie eine Bemerkung darüber, daß sie die einzige Dame der kleinen Gesellschaft sei.
    Er blickte sich hastig um.
    »Einen Arzt habe ich schon immer als eine passende Garde für jede Dame betrachtet«, sagte er kichernd.
    Nachher spann er diese witzige Bemerkung noch weiter aus, indem er sich laut über alte Weiber in allen Berufen äußerte, bis er in dieser Unterhaltung durch das Erscheinen des Doktors und Jack Frankforts gestört wurde.
    Die Bibliothek, ein großer Raum, zeichnete sich besonders dadurch aus, daß sie keine weiteren Beweisstücke für Sir Johns literarischen Geschmack enthielt, als eine Anzahl von Bänden der ›Britischen Enzyklopädie‹ und ein Büchergestell voll ›Ruffs Führer für die Rennbahn‹.
    Es war ein schöner eichengetäfelter Raum mit großen Fensternischen, die, wie Sir John erklärte, auf eine Terrasse hinausführten - eine treffliche Begründung für seine Befürchtungen.
    »Zieh die Vorhänge zu, William«, sagte Sir John zu dem wartenden Diener, »und dann kannst du verschwinden. Sorg dafür, daß der Kaffee hier hereingebracht wird.«
    Der Mann zog die schweren Samtvorhänge über die großen Nischen, stellte der jungen Frau einen Stuhl zurecht und zog sich zurück.
    »Verzeihen Sie«, murmelte Sir John.
    Er ging zu dem Geldschrank hinüber und öffnete ihn wieder. Die Prüfung der Etuis ergab, daß alles in Ordnung war.
    »Ah«, atmete er auf - es war ein Seufzer unendlicher Erleichterung.
    »Diese Depesche von Gilbert geht mir auf die Nerven«, entschuldigte er sich gereizt. »Warum, zum Teufel, hat er depeschiert? Gehört er vielleicht zu der Sorte von Leuten, die telegrafieren, um sich die Mühe, einen Briefumschlag zuzukleben, zu ersparen?«
    Edith schüttelte den Kopf.
    »Ich tappe ebenso im dunkeln wie Sie«, erwiderte sie, »aber ich kann Ihnen versichern, daß Gilben kein Mensch ist, der unnötig Alarm schlägt.«
    »Wie kommen Sie mit ihm aus?« fragte er.
    Die junge Frau errötete leicht.
    »Ich komme sehr gut mit ihm aus«, sagte sie und bemühte sich, das Gespräch auf etwas anderes zu bringen. Aber es war eine allgemein bekannte Tatsache, daß es noch keiner

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