0050 - Der Mörder aus der Bronx
vorbeiging. Ich drehte mich um.
Vom Stahlwerk her flackerte genug Licht, um Gesichter zu erkennen.
»Ach, sieh da«, sagte Mant. »Der G-man. Gute Maskerade! Ich habe Sie tatsächlich für Tom Faster gehalten. Hat der gute Tom mich an die Polizei verpfiffen? Dann hat er also den Kinnhaken noch nicht verschmerzt.«
»Ergeben Sie sich, Mant«, sagte ich. »Geben Sie das Ding her und kommen Sie mit!«
Er lachte leise. »Aber Agent Cotton, Sie verkennen die Situation. Ich habe die Kanone in der Hand, nicht Sie!«
Ich stürzte nach vorn. Ich brach so plötzlich los wie ein Tornado. Nicht das Zucken eines Augenlides verriet meine Absicht auch nur einen Sekundenbruchteil vorher. Trotzdem wich Mant mit einer Geschmeidigkeit zurück, die einem Panther alle Ehre gemacht hätte. Er brachte vier, fünf Schritte zwischen uns, und damit war meine letzte Hoffnung gescheitert. Denn nun war der Abstand zu groß, um ihn in der Zeit zu überwinden, die ein Mann braucht, um den Finger zu krümmen.
Der Henker wollte es, dass sich außerdem meine Füße in irgendetwas verfingen, was auf der Straße herumlag. Ehe ich mich versah, lag ich lang auf dem Asphalt, und nun blieb nur noch die Frage offen, ob ich den Knall des Schusses noch hören würde, mit dem Francis Mant mich ins Jenseits beförderte.
Der Schuss blieb aus. Stattdessen hörte ich über mir ein schallendes Gelächter.
»Sind Sie aufs Glatteis geraten, G-man? Stehen Sie auf! Sie machen eine unglückliche Figur.«
Ich knirschte vor Wut mit den Zähnen, denn ich fühlte mich bis in die Zehenspitzen hinein blamiert.
»Los«, schrie ich wütend. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können.«
»Ich erschieße nie selbst einen G-man«, antwortete Mant. »Das ist mir viel zu gefährlich. Gehen Sie zurück bis an die Hauswand. Noch weiter! So ist es gut. Wiedersehen, Agent Cotton.«
Er ging um den Wagen herum, öffnete den Schlag, stieg ein, startete, aber er tat das alles mit einer Hand. Die andere richtete weiterhin den Pistolenlauf auf mich.
Der Wagen rollte an, erst langsam, dann schoss er mit heulendem Motor davon. Er bog in die nächste Seitenstraße ein, und damit war die Angelegenheit zunächst erledigt.
Mit langen Schritten, voller wütender Gedanken, aber dafür ohne Kanone ging ich nach Hause.
***
So gewöhnlich gegen elf Uhr morgens pflegten Juan Serveros und Roc Hamil in Al Raskins düsterer Wohnung einzutrudeln. Heute fanden sie Raskin mit Seifenschaum im Gesicht vor dem Spiegel, während Teddy Leggers noch im Bett lag und eine Zigarette rauchte.
»Hallo, Leute!«, grüßte Hamil, das Schiefmaul, vergnügt. »Boys, ich habe mir gestern für meine Dollars eine Buchmacherwette erlaubt, die wunderbar hingehauen hat. Eins zu zehn wurde gezahlt, und ich kassierte fünfhundert für meinen Fünfziger.«
»Du sollst nicht spielen«, grunzte Raskin, während er sich rasierte. »Wenn du auffällst, sind wir an der Reihe.«
»Aber Al«, beschwichtigte Hamil. »Ich habe doch nur fünfzig Dollar gesetzt. Einen Fünfziger kann auch der bravste Bürger mal riskieren.«
»Einerlei! Der Chef will es nicht, und ich will es auch nicht.«
»Hast du ihn gesprochen?«, erkundigte sich Serveros.
»Gestern Nacht noch! Sehr spät!«
»Neue Arbeit!«
Vom Bett her lachte Leggers ironisch auf. Raskin wischte mit wütenden Bewegungen den Rest des Seifenschaums in ein Handtuch.
»Ja«, brummte er. »Neue Arbeit, aber was für eine Arbeit!«
»Schieß schon los!«, verlangte Hamil.
Raskin klemmte sich eine Zigarre zwischen die dicken Lippen.
»Es gilt einem Polizisten!«
Serveros stieß einen langen Pfiff aus. Hamil zog verächtlich seinen Mund noch schiefer.
»Na, wenn schon«, sagte er großartig.
»Einen G-man«, ergänzte Raskin.
Jetzt verlor auch Hamil seine Großspurigkeit.
»Und außerdem muss es wie ein Unfall aussehen.«
»Das Ding soll der Chef selber drehen!«, schrie Serveros unbeherrscht.
»Shut up!«, fuhr ihn Raskin an. »Das ist ein Auftrag so gut wie jeder andere, und er wird ausgeführt. Dicke Dollars für harmlose Fälle kassieren, das kann jeder, aber dafür muss er auch bereit sein, mal eine harte Nuss zu knacken.«
»Das muss aber dann auch gut bezahlt werden«, sagte Hamil. »Wie hoch ist denn der Preis für den G-man?«
»Steht noch nicht fest. Wir werden erst bezahlt, wenn wir Erfolg gehabt haben, aber der Chef wird nicht kleinlich sein. Setzt euch!«
Sie setzten sich um den runden Tisch, Leggers in seinem schreiend bunten Schlafanzug.
»Der
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