0051 - Horror-Kreuzfahrt
China. Von dort schimmerte ein Licht herüber, doch im Süden, wo Hongkong lag, breitete sich die Lichterflut wie ein riesiger Teppich unter den Augen des Betrachters aus.
Es war ein fantastisches Panorama, und wer dies jeden Tag genießen wollte und sein Haus in den Bergen baute, der mußte ein Vermögen ausgeben.
Suko und das Mädchen waren in Shaos kleinem Datsun hergefahren. Sie hatten das Gefährt in einer Schneise geparkt, so daß es vom Weg aus nicht so rasch gesehen werden konnte.
Der Verkehr hatte merklich nachgelassen. Nur noch vereinzelt fuhren Wagen die ins Innere des Landes führende Straße hoch. Wer hier lebte, wollte seine Ruhe haben. Meist waren es Europäer, die sich das Häuschen am Berg hingesetzt hatten, doch im Laufe der Zeit, als Hongkong sich immer mehr zu einer Film- und Industriestadt entwickelte, und die Einheimischen ebenfalls ins Geschäft mit einstiegen, hatte der Reichtum auch einige chinesische Familien überschüttet.
Klar, daß die Leute ihre Häuser in die beste Gegend hinsetzten.
Aber auch Gangster hatten hier ihre Privatdomizile. Von Shao hatte Suko einiges über die Hongkonger Unterweltszene erfahren. Sie unterschied sich kaum von der in New York oder London. Allerdings waren hier neben den reinen Profigangstern auch noch die Tongs, die Geheimbünde, am Werk. Sie trugen oft blutige Kriege untereinander aus.
Suko und das Mädchen gingen zu Fuß weiter. Bis dicht vor das Haus zu fahren, war ihnen zu risikoreich.
Es war ein Vorteil, daß Shao die Gegend hier wie ihre Handtasche kannte. Sie führte Suko nach rechts in die Büsche hinein und fand mit traumwandlerischer Sicherheit einen schmalen Pfad, der sich durch den dichten Wald zum Haus hochschlängelte, allerdings am Grundstück vorbeiführte, wie das Mädchen sagte.
Shao ging voran.
Der Blütenduft war betörend. Überall raschelte es. Die Tiere der Nacht waren erwacht und machten sich bemerkbar. Der Boden unter ihnen war weich und nachgiebig.
Hin und wieder schimmerten Lichter durch die Dunkelheit. Es waren Parklampen oder erhellte Fenster.
Li-Shen sammelte inzwischen seine Männer. Sie sollten eine Stunde später einen Ring um das Haus ziehen, um im Notfall eingreifen zu können.
Suko und Shao hofften, daß dies nicht nötig war, doch auf eine Sicherheit konnten sie nicht verzichten. Mein Freund war zusätzlich mit einem Sprechfunkgerät ausgerüstet, das eine Reichweite von fünf Meilen besaß.
Shao blieb stehen.
»Was ist?« fragte Suko.
»Wir sind da«, sagte sie und deutete nach vorn in die Dunkelheit, wo der dichte Wald begann. »Dort müssen wir noch durch, und dann erreichen wir das Grundstück.«
Suko hoffte sehr, in Huangs Haus auch Kai-tak wiederzutreffen. Er hoffte, daß seinem Partner nichts geschehen war.
Sie drangen in den Wald ein. Diesmal fanden sie keinen Weg, sondern mußten sich um die Bäume förmlich herum winden. Unter ihren Füßen knackte das Unterholz. »Hat dein Vater Wachen aufgestellt?« flüsterte Suko.
»Ich weiß nicht.«
Zehn Minuten später erreichten sie den Zaun, der das Grundstück an der Waldseite abgrenzte. Es war ein einfacher Maschendrahtzaun, der leicht zu überklettern war.
Suko ging in die Hocke und peilte erst einmal die Lage, während sich Shao hinter einem Baumstamm versteckt hielt.
Der Garten war dunkel. Keine der aufgestellten Laternen brannte, auch im Haus sah Suko kein Licht.
Es schien, als wäre niemand da.
Mein Freund machte Shao ein Zeichen.
Das Girl huschte auf ihn zu. Shao hatte sich umgezogen. Sie trug jetzt eine enge lange Hose und einen dunklen Rollkragenpullover.
Neben Suko ging sie in die Knie.
»Wir können es riskieren«, sagte der Chinese und legte Shao seine Hand auf die Schulter. »Warte bitte hier, ich mache den Anfang.«
»Okay.«
Suko erhob sich und kletterte gewandt wie eine Katze an dem hohen Zaun hoch. Der Zaun bog sich zwar durch, aber er hielt. Suko schwang sich geschickt hinüber und bedeutete Shao, ihm zu folgen.
Er half ihr dabei, doch bevor Shao es noch geschafft hatte, tauchten aus der Dunkelheit plötzlich zwei Gestalten auf. Sie hatten irgendwo im verborgenen gelauert. Es waren Diener des Gelben Satans, denn auf ihren Oberkörpern schimmerten die Fratzen. Bewaffnet waren sie mit handlichen Holzknüppeln, und sie machten auch nicht viel Federlesens, sondern schlugen sofort zu, nachdem sie Suko in die Zange genommen hatten.
Mein Freund duckte sich.
Der erste Schlag pfiff über seinen Kopf hinweg, doch der zweite traf
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