0052 - Der doppelte Dämon
kann. Das geht so vor sich: Ich breite eine Landkarte aus und halte das Lot über ein Planquadrat nach dem andern. Dort, wo mein magisches Lot zu pendeln anfängt, befindet sich mit absoluter Sicherheit eine dämonische Strahlung. Über dem Gebiet, auf dem sich die Farm Ihres Bruders befindet, hat mein Lot wie verrückt ausgeschlagen…«
»Das beweist doch höchstens, daß sich Sardo im Bereich von Nicos Farm aufhält.«
»Erinnern Sie sich daran, was ich vorhin sagte, Mr. Nantwick: Sardo versteckt sich in einem Wirtskörper. Ich kann verstehen, daß Sie sich dagegen auflehnen, wenn ich Ihnen sage, daß Sardo sich für den Leib Ihres Bruders entschieden hat. Aber leider ist das eine Tatsache, auch wenn Sie sich weigern, sie zu akzeptieren.«
»Sardo – im Körper meines Bruders? Das ist unmöglich. Das glaube ich nicht.«
»Sie wollen es nicht glauben. Ich habe Ihren Bruder beobachtet, Mr. Nantwick. Es besteht nicht der geringste Zweifel darüber, daß er Sardo in sich hat.«
Noah schüttelte wild den Kopf. »Das ist nicht wahr!« schrie er. »Ich glaube Ihnen kein Wort, Grizzard!«
»Ihr Bruder hat zahlreiche Beweise geliefert, Mr. Nantwick.«
»Was für Beweise?«
»Neonröhren, an denen er vorbeiging, zerplatzten. Fensterscheiben zersprangen. Sogar ein Wagen kippte um, ohne daß ihn irgend jemand berührte. Sie müssen es mir glauben: Ihr Bruder hat den Teufel im Leib. Er ist von Sardo besessen…«
Noah schluckte schwer. Er dachte an den Spaziergang mit Nico. Der Bruder war plötzlich verschwunden gewesen. Später war er völlig verändert.
»Kann man Nico nicht retten?« fragte Noah Nantwick krächzend.
Addison Grizzard schüttelte langsam den Kopf. »Ich sehe keine Möglichkeit. Ihr Bruder muß sterben. Dadurch wird Sardo seines Verstecks beraubt, und dann muß man blitzschnell zuschlagen…«
»Selbst wenn es stimmt, was Sie mir sagen, ist es mir unmöglich, meinen Bruder zu töten.«
»Denken Sie an die schrecklichen Taten, die Sardos Werk waren. Es werden noch mehr Menschen grauenvoll zugrunde gehen. Sardo wird Melbourne in Schutt und Asche legen!«
»Hören Sie auf!« schrie Noah Nantwick heiser. »Ich kann das nicht mehr hören!«
»Sie sind sein Bruder«, bohrte der Parapsychologe weiter. »Wenn Sie sich ihm nähern, wird er keinen Verdacht schöpfen.«
»Ich kann es nicht!«
»Sie retten Melbourne damit vor dem sicheren Untergang!«
»Ich kann es nicht und ich werde es nicht tun!« brüllte Noah Nantwick. »Nico ist trotz allem mein Bruder!«
Addison Grizzard erhob sich ächzend. »Ich habe befürchtet, daß Sie so reagieren würden.«
Der Parapsychologe wollte die Atelierwohnung des Malers verlassen. Noah Nantwick hielt ihn am Arm zurück.
Er sah dem Wissenschaftler verzweifelt in die Augen. »Was wird nun geschehen?«
Addison Grizzard hob die Schultern. »Wenn Sie nicht bereit sind, diese Stadt zu retten, muß ich es tun.«
***
Wir trafen uns, wie verabredet, in der Hotelbar. Suko war schon da, als ich eintrat. Er saß in einer kleinen Nische an einem Tisch für vier Personen und hatte einen Reisschnaps vor sich stehen.
Ich bestellte beim Kellner Scotch.
Die Bar war gut besucht. Am hufeisenförmigen Tresen saß eine Touristengruppe aus Holland. Die Leute hatten alle schon einen mächtigen Zacken weg und lärmten so heftig, daß man sein eigenes Wort nicht verstehen konnte.
Ich bekam meinen Scotch. Der Kellner wies mit einem um Entschuldigung heischenden Lächelnd auf die Gruppe.
»Sie feiern Abschied, und sie lassen sich nicht bremsen.«
»Wenn sie heute Abschied feiern, werden wir die Ruhe morgen abend um so mehr genießen«, erwiderte ich.
Dann wandte ich mich Suko zu und bat ihn, zu berichten.
Mein chinesischer Partner sagte: »Den Beschreibungen von Sardo, die in den Polizeiprotokollen stehen, habe ich nichts hinzuzufügen. Sowohl Gig Plummer als auch Clyde Cook haben den Dämon als einen Titanen mit dem furchterregenden Kopf eines Gorillas beschrieben. Er hat die Fähigkeit, sich zu teilen. Dann hast du’s mit ihm in doppelter Ausführung zu tun. Ich kann mich nicht entsinnen, daß ein Dämon schon mal gefährlicher gewesen wäre als Sardo.«
»Was hast du vor?« fragte ich. »Willst du mir Angst machen?«
»Ich möchte nur darauf hinweisen, daß es schwierig werden wird, dieses Ungeheuer zur Strecke zu bringen.«
»Keine Sorge, ich mache mir keine falschen Illusionen, Suko.« Ich erzählte meinem Freund und Kampfgefährten von meinem Besuch bei Natalie George.
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