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0054 - Die Schlucht der Vampire

0054 - Die Schlucht der Vampire

Titel: 0054 - Die Schlucht der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F. Morland
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einfach zusammenschlagen und mitschleppen sollen?
    Aber wer… wer hätte das tun wollen? Nicht, ihn zusammenschlagen. Ihn mitschleppen. Von diesen Leuten hier konnte kaum einer selbst noch so richtig kriechen. Wer hätte Dobson schleppen sollen?
    Keiner wäre dazu imstande gewesen. Auch Zamorra nicht.
    »Wie weit noch, Monsieur Massenet?« erkundigte sich Zamorra und wischte sich den beißenden Schweiß aus den Augen.
    Der Missionar schürzte überlegend die Unterlippe. Er hob den Kopf, blickte zum grünen Baldachin hoch und verzog das Gesicht.
    »Nun?« fragte Zamorra. »Sagen Sie bloß nicht, Sie hätten die Orientierung verloren. Das wäre unser Untergang.«
    »Wenn ich mich nickt irre, haben wir noch ungefähr acht Kilometer Dschungel vor uns.«
    »Und dann?«
    »Dann kommt die Schlucht.«
    »Die, von der Bianco gelesen hat?«
    »Ja. Sobald wir das Ende des Tropenwaldes erreicht haben, werden wir rasten. Wir werden auf die Nacht warten…«
    »Weshalb das?« fragte Zamorra.
    »Überlegen Sie, Professor. Die Sonne würde unser Gehirn austrocknen. Sie würde unser Blut eindicken. Und dann fallen die Leute einfach um. Wie die Fliegen. Deshalb werden wir, sobald wir den Urwald hinter uns gebracht haben, nur noch nachts marschieren.«
    Ein Brummen ließ Zamorra aufhorchen. Sein Kopf ruckte hoch. Er hielt unwillkürlich den Atem an. Seine Augen wurden schmal. Sein Herz pochte aufgeregt gegen die Rippen.
    »Hören Sie das, Massenet?« fragte er erregt.
    »Ja.«
    »Ein Flugzeug!« sagte Zamorra.
    Modest Jurinac setzte sich jäh auf. Alle schauten jetzt zum dichten Blätterdach empor. Das Brummen kam näher.
    »Könnte ein Suchflugzeug sein«, sagte Massenet. »Aber sie werden uns nicht entdecken. Nicht in der Tiefe dieses undurchdringlichen Dschungels.«
    Jurinac sprang keuchend auf. Sein Gesicht zuckte. Seine Lippen bebten. Er starrte zu den Baumwipfeln hoch und drehte sich nervös im Kreis.
    Und dann begann er aus Leibeskräften zu schreien. »Hier sind wir! Hier!«
    Er ruderte mit den Armen durch die Luft. Zamorra schüttelte den Kopf. Was der Dirigent machte, hatte überhaupt keinen Zweck.
    Aber Jurinac war dermaßen verzweifelt, daß er nicht aufhörte, zu schreien und zu toben.
    »Hier sind wir! Hier!« Er wandte sich an die anderen. »So macht euch doch auch bemerkbar. Steht auf! Steht auf und schreit mit mir!«
    Der kleine Hoffnungsfunke, der in seiner Brust gloste, ließ ihn für wenige Augenblicke die Erschöpfung vergessen. Er hüpfte, schrie und kreischte. Sein Gesicht lief mehr und mehr rot an. Zamorra befürchtete, daß der Komponist und Dirigent sich einem Schlaganfall näherte.
    »Wir sind hier!« kreischte der Verzweifelte.
    Dann begann er zu rennen. Das Brummen nahm ab. Er weinte. Er lief den Pfad zurück, den sie gekommen waren, das Gesicht nach oben gerichtet, den Mund weit aufgerissen. Und er schrie immer noch. Er stolperte und fiel, kämpfte sich wieder hoch, rannte weiter, brüllte sich die Seele aus dem Leib.
    »Wieso hört ihr mich nicht! Hier bin ich! Hier! Hier! Hier!«
    Tito Bianco und Robert Holm kämpften sich mühsam hoch. Sie eilten hinter dem Tobenden her.
    Jurinac heulte herzzerreißend. »Wieso könnt ihr mich denn nicht hören? Ich hab doch die Sonne vom Himmel geschrien! Wieso habt ihr das denn nicht gehört? Seid ihr taub, ihr da oben? Taub und blind?«
    Holm und Bianco holten den Komponisten ein. Tränen rollten über Jurinacs Wangen. Entgeistert schaute er die beiden Männer an, die ihm nachgelaufen waren.
    Das Brummen nahm ab.
    Verdattert schaute Jurinac in Holms Gesicht. »Sie haben mich nicht beachtet. Könnt ihr das verstehen? Mein Gott, sie haben mich überhaupt nicht beachtet.«
    Jetzt wurde er schwach. Das Brummen verebbte. Und mit dem schnellen Abschwellen des Motorengeräusches verlor Jurinac alle Spannkraft.
    Er knickte in den Knien ein.
    Holm und Bianco, die selbst kaum noch auf den Beinen bleiben konnten, stützten ihn und brachten ihn zu den anderen zurück. Jurinac weinte wie ein kleiner Junge.
    Die einzige Hoffnung, die er während dieses langen Marsches durch den unbarmherzigen Dschungel gehabt hatte, war über ihn hinweggebraust, ohne von ihm Notiz zu nehmen.
    Er konnte das einfach nicht begreifen. Wo er doch so wahnsinnig laut gebrüllt hatte. Hätte man das nicht sogar im Himmel hören müssen?
    Sie ließen Jurinac dort auf den Boden sinken, wo er zuvor gelegen hatte. Er schaute sich vorwurfsvoll um.
    »Ihr hättet alle rufen müssen, dann hätten sie uns nicht

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