006 - Der Teufelskreis
griff hinter sich zum Schlüsselbrett. »Zimmer siebzehn, Sir. Es ist das beste, das noch frei ist. Mit Blick auf Greenwich Village. Allerdings sind die Wolkenkratzer davor. Ha, ha! Die Formalitäten können wir auch morgen erledigen. Macht zwanzig Dollar.«
Dorian nahm den Schlüssel an sich und zahlte. Dabei fragte er: »Gibt es hier einen öffentlichen Fernsprecher?«
»Ihr Zimmer hat Telefon, Sir.«
»Und einen öffentlichen Fernsprecher gibt es nicht?«
»Doch, Sir. In der Bar. Sie ist übrigens bis fünf Uhr früh geöffnet.«
Dorian ging durch den kurzen Korridor in die Bar. Als er an der Garderobe vorbeikam, entschloß er sich plötzlich, doch noch einen Whisky lang zu bleiben, legte seinen Mantel ab und hängte ihn auf einen Kleiderhaken.
Er bestellte beim Barmixer einen doppelten Scotch pur und suchte dann die Telefonzelle auf. Nachdem er die Nummer von Tim Mortons Büro in der Chrystie Street gewählt hatte, meldete sich eine Tonbandstimme. »Hier ist Morton Electronics. Guten Tag. Leider hat das Büro geschlossen. Wenn Sie irgendwelche Wünsche haben, dann sprechen Sie bitte auf das Band! Sprechen Sie bitte erst, wenn das Aufnahmezeichen ertönt.«
Dorian wartete das Piepsen ab, dann sagte er: »Tim, hier ist Dorian. Ich muß Sie unbedingt persönlich sprechen. Wenn es Ihnen möglich ist, dann kommen Sie morgen …« Als er mit einem Blick auf seine Armbanduhr feststellte, daß es bereits zwei Uhr früh war, berichtigte er sich: »… nein, heute um zehn Uhr vormittags in den Central Park zu Cleopatra's Needle. Wenn Ihnen die Zeit nicht paßt, dann erwarte ich Sie um zwölf Uhr vor dem UNO-Gebäude. Ende.«
Dorian wählte auch noch die Nummer von Mortons Atelier, hängte aber nach dem zehnten Läuten wieder ein. Dann ging er an die Theke, zahlte seinen Whisky und trank ihn in einem Zug aus. Als er das Glas wieder absetzte, erstarrte er. Von seinem Platz aus konnte er durch den Korridor in die Hotelhalle blicken. Dort tauchte in diesem Moment gerade ein kleiner, verwachsener Mann auf und verschwand im Lift. Dorian stellte das Glas ab und ging in die Garderobe, um seinen Mantel zu holen. Das Auftauchen des Freaks konnte kein Zufall sein. Dorian war sofort aufgefallen, daß ihn der Portier so seltsam angesehen hatte. Wahrscheinlich hatten die Freaks ihn aufgesucht und ihm Dorians Foto gezeigt, und als er erschienen war, hatte der Mann nichts Eiligeres zu tun gehabt, als die Freaks zu verständigen.
Dorian nahm seinen Mantel vom Haken, zögerte und hängte ihn wieder auf. Statt dessen nahm er einen anderen Mantel, der von dunkelblauer Farbe war und etwa seiner Größe entsprach. Er legte ihn sich über den Arm und kehrte in die Bar zurück. An der Theke saß nur eine einzige Frau. Sie war recht jung und schon ziemlich beschwipst, bot aber wahrscheinlich in nüchternem Zustand keinen viel reizvolleren Anblick.
»Hier ist nicht viel los«, sprach Dorian sie an.
»Stimmt, Mac«, lallte sie. »Ich wüßte was, wo es viel lustiger zugeht. Barney's Sado-Maso Saloon. Dort kommt jeder auf seine Rechnung. Aber ohne Partner geht man dort besser nicht hin. Ist so schon teuer genug, auch wenn man sich nicht erst noch extra einen Boy mieten muß.«
»Also, auf zu Barney!« sagte Dorian.
»Träume ich?« Sie stierte Dorian wie ein Gespenst an.
»Willst du nun zu Barney oder nicht?«
Sie rutschte vom Barhocker und fiel ihm um den Hals. »Du bist einfach süß, Mac!«
Er begleitete sie in die Garderobe und half ihr in die Pelzjacke. Bevor sie wieder hinausgingen, griff er sich schnell noch einen Hut, der ihm um gut zwei Nummern zu groß war, sich aber tief in die Stirn drücken ließ.
Auf der Straße drückte die Frau sich fröstelnd an ihn. Dorian war es nur recht. Er hatte richtig vermutet: Vor dem Hotel stand ein Wagen, in dem einige Männer saßen. Ohne Einzelheiten feststellen zu können, wußte Dorian, daß es sich um Mißgestaltete handelte.
Sie mußten nicht weit gehen, bis sie ein freies Taxi fanden. Das Mädchen nannte eine Adresse in Greenwich Village und begann dann von Barney's Maso-Show zu schwärmen, daß Dorian die Haare zu Berge standen. Besonders hatte es der Kleinen der spezielle Kundendienst des Hauses angetan, wonach es den Gästen gestattet war, aktiv in das Geschehen einzugreifen. Man konnte auspeitschen und sich selbst auspeitschen lassen. Dorian ließ den Redeschwall einfach über sich ergehen. Er war froh, daß er den Freaks in letzter Sekunde entronnen war.
Sie kamen durch eine
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