006 - Ende eines Quellherren
eindrucksvoller als eine Projektion.«
Erst als sich die bis dahin unschlüssig herumstehenden Shan zu einer Gruppe zusammenballten und immer wieder den gleichen Satz schrieen, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Nun wusste er plötzlich, warum ausgerechnet in diesem Arm, in der auch seine Kuppel lag, die Energieversorgung unterbrochen worden war. Nun wusste er, wieso keine Projektionen mehr eingespielt wurden und wieso der Illu-Techniker mit ihm gesprochen hatte, als habe er niemals dem Konsortium angehört, sei nie der Vorsitzende gewesen.
Nun verstand Gasakor auch den Sinn der Worte, die die aufgebrachte Menge schrie.
Lächelnd wartete er ab. Eigentlich verlief alles genauso, wie er es geplant hatte.
»Da ist Gasakor!«, schrieen die plötzlich von jeder Versorgung abgeschnittenen Bürger dieses Armes der Station. »Nieder mit ihm! Schleift ihn zum Zentralraum!«
Gasakors Lächeln wurde breiter.
Das würde nicht notwendig sein. Er würde sie freiwillig begleiten.
*
Shabazed saß hinter dem Schreibtisch und hatte die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Er blickte wie unbeteiligt zur Decke, als Gasakor durch die zentrale Pforte eintrat.
»Du hast es also geschafft«, sagte Gasakor ruhig. »Einbüßungen in der Lebensqualität, Energieprobleme, nehme ich an. Du hast dich wirklich sehr bemüht.«
»Wie habe ich das zu verstehen?«, fragte Shabazed misstrauisch.
»Das Konsortium hat mich meines Amtes enthoben, nehme ich an?«
Shabazed nickte.
»Was du als Konsortium bezeichnest, sind fünf müde alte Männer auf strapazierten Verwaltungsstühlen, die im Grunde nur ihre Ruhe haben wollen.« Die Stimme des ehemaligen Vorsitzenden wurde herablassend. »Ich kenne sie gut. Wenn sie deinem Antrag wirklich zugestimmt haben, sind sie nur dem Druck meines Sekretärs gewichen.«
»Das ist eine Unterstellung«, empörte sich Shabazed.
»Meinst du, ich hätte dich nicht beobachten lassen? Ich kontrolliere den Computer und der Computer hat seine Sensoren in jedem Raum.«
»Du hast ihn kontrolliert«, korrigierte Shabazed. »Bis du dich entschlossen hast, dein Amt überhaupt nicht mehr wahrzunehmen und deine gesamte Zeit mit dieser Jorella in den Illu-Feldern zu verbringen.«
»Jorella.« Gasakor schüttelte den Kopf. »Dein aufwieglerisches Gerede, deine kleinen Sabotageakte und Energieabschaltungen sind mir nicht verborgen geblieben. Doch ich ließ dich gewähren. Du bist ein ungewöhnlicher Shaner. In den letzten Jahrhunderten hat sich niemand um den Posten des Konsortiumvorsitzenden bemüht. Die einzige Ausnahme bildest du.«
»Willst du mir Machtgier unterstellen?« Shabazed war blass geworden; auf seiner Stirn pulsierte dick und rot eine Ader. »Das wird dir nicht gelingen. Auch wenn deine absurden Spekulationen zuträfen, sprechen noch immer gewichtige Gründe für frisches Blut in der Verwaltungsspitze.«
»Spekulationen?«, fragte Gasakor. Unter seinem Fingerdruck sprang eine Lade im Computerterminal auf. Matrixen lagen darin, matt getönte, ovale Scheiben. Er speicherte eine in die Konsole ein, woraufhin eine Wand seitlich des Computersystems in ihr Lager zurück glitt und den Blick auf eine Stuhlgruppe zwischen den Wiedergabeplatten des Illu-Recorders freigab.
Langsam dunkelte sich der Raum ab.
»Ich habe auf gemeinsamen Empfang gestellt«, erläuterte der ehemalige Vorsitzende, während sie auf den Stühlen Platz nahmen. »Nur eine Halb-Projektion. Mehr brauche ich nicht, um meine Worte zu beweisen.«
Langsam dämmerten sie in die Projektion hinüber.
Dunkle Gestalten, die heftige Reden schwangen.
Männer und Frauen, die kleine Zeituhren an den Energieleitungen anbrachten.
Shanergruppen, die sich in Räumen trafen, deren Computeraugen sie vorher ausgeschaltet hatten, ohne zu wissen, dass jeder Raum mehrfach abgesichert war.
Gezielte Sabotageakte bei den Illu-Feldern, den Projektoren und Nahrungsspendern.
»Das reicht«, sagte Shabazed und deaktivierte die Halb-Projektion.
»Ja, das reicht«, stimmte sein ehemaliger Vorgesetzter zu und lächelte maliziös. »Du hast sorgsam darauf geachtet, dass der Zorn der Kuppelbewohner nicht verraucht, andererseits aber das Feindbild stimmt. Doch der Fehler durfte nicht am System liegen. Davon hättest du als mein Nachfolger nichts gehabt. Nein, der Sündenbock musste ich sein.«
Shabazed musterte den älteren Mann verwirrt. »Wenn du alles gewusst hast«, fragte er benommen, »warum hast du denn nicht verhindert, dass ich …?«
»Ich
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