007 - Satans Bogenschütze
nicht weiter um Jane Jingle und Raoul Kellerman, Ballard. Halten Sie sich daran. Sonst könnte es passieren, daß Sie eines morgens aufwachen und feststellen, daß Sie tot sind.«
***
Jacqueline Skerritt goß Bourbon in ihr Glas. Die dritte Füllung.
Amanda Cox hatte vor fünfundvierzig Minuten angerufen. In längstens zwanzig Minuten hätte Craig zu Hause eintreffen müssen, aber er war immer noch nicht da. Ausgerechnet heute kam Craig so spät, wo sie so dringend mit ihm reden wollte. Sie hoffte, daß ihm nichts passiert war. Ein Autounfall war in dieser Millionenstadt keine Seltenheit.
Bang preßte Jacqueline das Glas an ihr Gesicht. Sie sah Craig Hogan vor ihrem geistigen Auge auf einer Tragbahre liegen. Man trug ihn in ein Krankenhaus. Aufgeregte Menschen umgaben ihn…
Das schwarzhaarige Mädchen trank hastig. Nein, das bildete sie sich nur ein. Mit Craig war alles in Ordnung. Er war bestimmt nur aufgehalten worden. Wenigstens anrufen hätte er können.
Jacqueline trug einen weißen Hosenanzug, der ihre atemberaubende Figur wundervoll modellierte. Sie war ein begehrenswertes, äußerst attraktives Mädchen, einundzwanzig Jahre alt, und rechnete damit, daß Craig sie eines Tages heiraten würde.
Er wußte noch nicht, daß sie schon mal verheiratet gewesen war.
Mit siebzehn. Eine ganz verrückte Ehe war das gewesen. Vier Wochen hatte sie bloß gehalten, dann war Jacqueline draufgekommen, daß sie einen schizophrenen Geisteskranken geheiratet hatte. Einen paranoiden Verbrecher. Einen Lustmörder, der vier Frauen überfallen hatte. Wahrscheinlich wäre ihm auch Jacqueline zum Opfer gefallen. Im Keller des Hauses, in dem sie mit ihm gewohnt hatte, war jedenfalls schon eine Grube ausgehoben gewesen. Aber dann war die Polizei aufgekreuzt und hatte ihn mitgenommen, und Jacqueline hatte sich monatelang vor sich selbst geekelt, wenn sie daran dachte, die Frau eines verrückten Mörders gewesen zu sein.
Irgendwann würde sie es Craig Hogan sagen müssen. Sie hatte gehofft, es heute hinter sich bringen zu können, denn am frühen Nachmittag hatte jemand aus der Nervenheilanstalt angerufen und ihr mitgeteilt, daß sich ihr ehemaliger Mann das Leben genommen hatte.
Erst jetzt war der Alptraum wirklich zu Ende.
Es gab einen Abschiedsbrief für sie. Jacqueline wußte noch nicht, ob sie ihn abholen würde.
Sie wußte nicht einmal mehr, ob sie die Kraft aufbringen würde, heute mit Craig über den Schock von damals zu reden. Sie wollte es den Umständen überlassen. Mal sehen, mit welcher Laune Craig nach Hause kam, ob er überhaupt ansprechbar war; das war er nämlich nicht immer. Die Sorgen schienen für ihn in letzter Zeit größer geworden zu sein. Er sprach mit ihr nicht darüber. Er brachte das Geld nach Hause, und sie hatte nichts weiter zu tun, als schön zu sein, eine Rolle, die sie hervorragend beherrschte.
Dämmerlicht zauberte trübe Schleier in den Garten. Jacqueline mochte diese Zeit nicht.
Motorgeräusch.
Craig, dachte das Mädchen.
Sie stellte ihr Glas weg, frisierte sich vor dem großen venezianischen Spiegel mit den Fingern und begab sich zur Tür, um Craig Hogan einzulassen. Das Motorgeräusch erstarb mit einem letzten Blubbern. Schritte kamen auf das Haus zu. Schwer, müde.
Da wird wohl nicht mit ihm zu reden sein, überlegte Jacqueline.
Sie würde Craig aufheitern müssen. Er brauchte nach der harten Arbeit zu Hause keine weiteren Probleme, sondern Entspannung.
Jacqueline setzte ein Lächeln auf, das ihm zeigen sollte, daß er willkommen war.
Dann öffnete sie die Tür.
Auf der Fußmatte stand Craig Hogan, und Jacqueline hatte sofort den Eindruck, daß er sich verändert hatte…
***
Die Wangen fahl, der Schritt schleppend, jede Handbewegung langsam. Der Tag mußte von Craig Hogan das letzte gefordert haben. Er schien restlos fertig zu sein.
»Hallo«, sagte Jacqueline nett. »Es ist schön, dich wiederzuhaben.«
Er trat ein, ohne etwas zu erwidern. Unwillkürlich verglich sie seine Bewegungen mit denen einer Marionette. Noch ein Vergleich kam ihr in den Sinn: Er geht, als wäre er aufgezogen.
Craig Hogan schien nicht richtig da zu sein. Vermutlich war er zerstreut. Wahrscheinlich war das der Grund dafür, daß er immer noch die Sonnenbrille trug, obwohl längst keine Sonne mehr schien.
Jacqueline Skerritt schloß die Tür. Hogan ging in den Living-room.
»War heute wohl ein sehr anstrengender Tag«, sagte das Mädchen.
»Ja, ziemlich anstrengend«, sagte er mit rasselnder
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