0075 - Das tödliche Tagebuch
verkehrten Richtung abspielen?«
Bill nickte eifrig. »Jetzt, wo du's sagst, fällt es mir auch auf.«
»Wenn wir das Band nun verkehrt herum abspielen, müßten wir eigentlich verstehen können, was du ins Mikrophon gesprochen hast«, sagte Nicole.
Zamorra tätschelte ihre Hand und grinste. »Ist sie nicht ein kluges Mädchen, Bill?«
Fleming arbeitete mit flinken Fingern. Und dann lief das Band verkehrt durch das Gerät. Eine dumpfe, hohle Stimme sagte: »Wer stört hier meine Kreise? Wer versucht sich mit mir anzulegen? Ich bin der mächtige Drogan! In meinen heißen Dämonenadern rollt das Blut des Satans. Ich gehöre der ersten Sippe des Teufels an, wurde vom Fürsten der Finsternis gezeugt und in die Welt gesetzt, um Übles zu verrichten! Ich warne dich, der du es gewagt hast, dich an mich heranzutasten! Tu das nicht wieder, sonst zerfleische ich dich ebenso, wie ich diese Mädchen vernichtet habe!«
Danach hätte man eine Stecknadel fallen hören können.
»Drogan. Ein Sohn des Teufels«, sagte Zamorra. Er nickte grimmig. »Jetzt wissen wir wenigstens, mit wem wir es zu tun haben.«
***
Tagebucheintragung vom 10. Dezember.
Ich bin verloren. Jetzt ist es gewiß. Jemand hat von meiner Seele Besitz ergriffen und herrscht über sie. Was ich tue, wird nicht mehr von mir entschieden, sondern von ihm. Ich bin sein Sklave. Und wenn ich gegen seine Befehle aufbegehren will, quält er mich mit fürchterlichen Schmerzen, die ich kaum aushalten kann. So macht er sich mich gefügig.
Manchmal bemerke ich, daß ich Dinge tue, die ich früher niemals getan hätte.
Ich habe den Wunsch, Böses zu tun.
O mein Gott! Was ist nur aus mir geworden? Bin ich ein Scheusal? Meine Hände. Sie sind nicht mehr die meinen. Sie beginnen sich von Zeit zu Zeit mit schwarzen Haaren zu bedecken. An meinen Fingern wachsen Krallen. Das alles entsetzt mich so sehr. Von einer Sekunde zur anderen ist das schwarze Fell dann wieder weg, und ich habe auch keine Krallen mehr. Ich flehe dich an, Herr im Himmel. Verzeih mir meine bösen Gedanken. Wenn es dich gibt, dann tu etwas für mich! Rette mich! Ich bin niemals ein schlechter Mensch gewesen! Ich will auch jetzt keiner werden! Aber ich erhalte Befehle, die ich nicht verweigern kann.
Gibt es dich überhaupt, Vater im Himmel? Oder bist du nur eine Erfindung von diesen verdammten Priestern?
Nein! O nein! Ich wollte das nicht schreiben. Ich habe das nicht geschrieben. Ich nicht. Er war es. Er verleugnet dich, o Herr. Ich glaube an dich, und ich weiß, daß du mich nicht kampflos hergeben wirst. Ich brauche dich, o Herr. Ich glaube an dich, und ich weiß, daß du mich nicht kampflos hergeben wirst. Ich brauche dich, o Herr. Noch nie hat dich ein Mensch so sehr gebraucht wie ich.
Laß mich nicht leiden. Ich halte diese Folter nicht mehr aus. Tu etwas. Befreie mich von diesen grauenvollen Todesqualen. Verhindere, daß ich Böses tue.
Tu endlich etwas, wenn du nicht willst, daß ich dich zum Teufel wünsche!
***
Auf den Schreck brauchten sie einen weiteren Drink. Zamorra leerte den Bourbon hastig in seine trockene Kehle. »Drogan«, sagte Nicole Duval. »Hast du diesen Namen schon mal gehört, Chef?«
Der Parapsychologe schüttelte bestimmt den Kopf. »Der Satan hat viele Söhne. Niemand kann sie alle kennen.«
»Weißt du, was ich mir denke?« sagte Bill Fleming aufgeregt. Er leckte sich hastig die Lippen.
»Was?« fragte Professor Zamorra und schaute den Freund erwartungsvoll an.
»Es ist dir gelungen, Kontakt mit dieser Bestie aufzunehmen. Du solltest es wieder versuchen.«
»Es ist ungemein kräfteraubend«, sagte Zamorra.
»Du müßtest ihn reizen«, sagte Bill voll Eifer. »Aus der Reserve locken müßtest du ihn, verstehst du? Ihn so wütend machen, daß er nicht mehr Jagd auf unschuldige Mädchen macht, sondern…«
»… sondern auf mich?«
»Ja«, nickte Bill Fleming hastig. »Wenn sich seine ganze Wut gegen dich richtet, wird er nicht zögern, dich frontal anzugreifen. Dann streift er den Mantel der Anonymität ab, und wir wissen, wie er aussieht und wie wir ihn bekämpfen müssen.«
Nicole Duval war sofort für Bills Vorschlag. »Das ist keine schlechte Idee!« sagte sie zu Zamorra. »Reize ihn. Mach ihn wütend. Verleite ihn zum Angriff, Chef.«
Zamorra nickte. »Okay. Ich kann's ja mal versuchen.«
Bill löschte erneut das Licht. Das Spiel begann von vorn. Aber Drogan hatte sich wirkungsvoll abgeschirmt. So sehr sich Professor Zamorra auch bemühte, an ihn
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