009 - Mordaugen
in diese Betäubungsphase hineinzubringen. Das ist
wichtig, für euch alle... laßt euch auf keinen Fall von ihm ansehen! Er hat
keine Augen... und doch ist sein Blick tödlich! Ich habe keine Lust, es beim
Mißlingen unserer Mission nachher mit einem Heer von Zombies aufzunehmen oder
ganz und gar dann zu ihnen zu gehören... «
Was er sagte,
klang für sie alle merkwürdig.
Aber wie er
es sagte, zeigte es ihnen den ganzen Ernst dieser brisanten Situation...
●
Eine
Viertelminute stand Linda Pokins wie gelähmt zwischen Tür und Angel und wagte
nicht mal mehr zu atmen.
Weglaufen
hatte keinen Sinn. Hinter ihr lag der kleine Korridor und mündete in dem Labor.
Das war eine Sackgasse.
Weiterlaufen
aber bedeutete - auf sich aufmerksam zu machen. Die vier fremden Frauen hatte
sie jetzt schon gesehen, aber eigenartigerweise reagierten sie nicht.
Schliefen
sie?
Der Gedanke
kam ihr blitzartig.
Ihre
Reglosigkeit, in der sie verharrten, brachte sie auf diesen Gedanken.
Waren auch
sie Opfer des Unbekannten? Hatte er etwas mit ihnen angestellt?
Zögernd kam
Linda Pokins näher. Sie ließ unwillkürlich die Tür hinter sich offen, als
brauchte sie einen Ausweg, falls etwas Unvorhergesehenes eintreten sollte.
Dabei wußte sie genau, daß der Weg zurück kein Ausweg, sondern eine Falle war.
Sie konnte
den Blick nicht von den weiblichen Gestalten wenden, die in den Sesseln um den
Tisch herum saßen.
Sie waren
alle in schöne Kleider gehüllt. Es waren altmodische Kleidungsstücke, sie
schienen aus einem anderen Jahrhundert zu stammen.
Im Schein der
roten Lampen betrachtete Linda Pokins in stummem Erstaunen die vier
schweigsamen Frauen.
Sie waren
noch alle jung, keine älter als fünfunddreißig.
»Wer seid ihr?«
hörte Linda sich flüstern. Ehe es ihr bewußt wurde, hatte sie die Frage schon
gestellt. »Wo bin ich hier? Sagt es mir...«
Die Münder
blieben stumm.
Das rote
Licht spiegelte sich auf den schönen, ebenmäßigen Gesichtern, der zarten Haut
der schlanken Hände mit den wohlmanikürten Fingernägeln.
Linda Pokins
stand jetzt dicht vor einem sehr jungen Mädchen. Es war höchstens achtzehn
Jahre alt. Die dunklen Augen glitzerten wie Diamanten in dem roten Barlicht.
Etwas an dem
Gesicht kam Linda Pokins bekannt vor. Aber sie hätte nicht zu sagen vermocht,
was es war.
Eine
nachdenkliche Falte entstand auf ihrer Stirn. Sie preßte die Lippen so stark
zusammen, daß sie einen schmalen, harten Strich in ihrem Gesicht bildeten.
Was kam ihr
an dem Gesicht vertraut vor? Sie hätte schwören können, es schon irgendwo mal
gesehen zu haben. Aber es fiel ihr nicht ein, wo das gewesen sein könnte.
Vorsichtig
streckte sie ihre Rechte aus und wollte das fremde Antlitz des jungen Mädchens
berühren.
Ihre
Fingerkuppen näherten sich langsam dem Gesicht und berührten die Haut. Sie war
zart und samten, aber kalt.
»Wie Wachs!«
entfuhr es ihr unwillkürlich im Selbstgespräch.
Sie wandte
sich der zweiten Frau zu. Diese war Ende zwanzig, auch sehr schön, hatte das
lange, weizenblonde Haar zu einem Knoten zusammengesteckt und trug farbige
Glassplitter als Verzierung darin.
Auch hier -
war die Haut kalt. Es floß kein Blut mehr durch diese Körper.
Sie waren
Wachsfiguren, lebensgroße Gestalten aus Wachs, die ein begnadeter Künstler
geschaffen hatte.
Aber sie
wirkten so echt, als lebten sie wirklich, würden nur den Atem anhalten - und
sich jeden Moment erheben und davongehen.
In Linda
Pokins’ Gesicht arbeitete es.
Die dritte
Frau! Wieder eine ganz junge... Vielleicht zwanzig oder einundzwanzig, keinesfalls
älter. Ein junges, modernes Mädchen mit einer vorwitzigen Stupsnase,
Sommersprossen an den Nasenflügeln und auf den Wangen.
Die Lippen
waren zu einem schmerzlichen Lächeln verzogen...
Dieses
Gesicht! Wieder das Gefühl des Bekannten, Vertrauten.
Und da fiel
es ihr plötzlich wie Schuppen von den Augen.
Dieses dritte
Gesicht - hatte sie erst vor ein paar Tagen gesehen. Auf dem Fernsehschirm.
In einer
Sondersendung hatte ein Industrieller einen Aufruf erlassen, sich an
vermutliche Entführer seiner Tochter »Candy« gewandt mit der Bitte, sich zu
melden und ihm ein Lebenszeichen seiner Tochter zukommen zu lassen, die auf dem
Weg zwischen Akersfield und New York verschwunden war. In ihrer Begleitung
hatte sich ein junger Manager befunden, der seit dieser Zeit ebenfalls spurlos
verschwunden war.
Linda Pokins
biß sich auf die Lippen, um nicht laut schreien zu müssen.
Die
verschwundenen
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