0094 - Die flammende Sonne
schüttelte den Kopf. „Wir sind nicht Ihre Gefangenen, Leutnant. Ihr Kommandant hat uns völlige Bewegungsfreiheit zugesichert. Im übrigen dürfte bald jeder Widerstand auf diesem Schiff gegen seine Kommandanten streng bestraft werden - wie in alter Zeit. Geben Sie den Weg frei, Leutnant!"
Ceshals Stimme hatte den befehlsgewohnten Klang der alten Arkoniden, außerdem war sie herrisch und arrogant. Der Leutnant wich unwillkürlich ein oder zwei Schritte zurück und ließ die eigene Waffe sinken. Alos nutzte die Gelegenheit. Er trat schnell hinzu und schob sich zwischen die beiden Leutnants. Ceshal schritt vorüber, gefolgt von Tunuter. Ekral hielt den Überraschten die Mündung seiner Pistole unter die Nase.
„Meine Herren!" eröffnete er ihnen mit strenger Stimme. „Sie machen sich des Widerstandes gegen Ihre Vorgesetzten schuldig, wenn Sie uns anhalten. Gewöhnen Sie sich gefälligst an die veränderte Situation auf diesem Schiff, das ohnehin bald in eine Sonne stürzt, wenn wir nichts dagegen unternehmen."
Ceshal hatte inzwischen die Zentrale erreicht. Er öffnete die Tür und trat ein. Die anderen folgten ihm. K-1 stand vor den Kontrollen und sah ihnen entgegen.
„Wir sind gekommen", sagte Ceshal mit Würde, „um das Kommando des Schiffes zu übernehmen. Ich hoffe, Sie haben die Mannschaft von dem Wechsel unterrichtet, Kommandant."
K-1 zuckte mit keiner Miene. „Ich fürchte, Ceshal, ein Kommandowechsel ändert nichts mehr an der Situation. Von mir aus können Sie sich wieder als Kommodore betrachten. Ich habe nichts dagegen."
Verständnislos blickte Ceshal sich um. Er starrte in die ausdruckslosen Augen einiger Offiziere. Drüben in der Ecke wirkte die leere Mattscheibe des Interkoms wie ein Stück Nebel. Er fror plötzlich. „Was ist geschehen?" fragte er. „Warum ist Ihnen jetzt auf einmal alles egal? Sie wollten doch nicht ..."
„Wir haben die Kontrolle über die Mannschaft verloren, Ceshal. Die Offiziere meutern. Die Interkom-Verbindungen sind unterbrochen. Einige meiner sofort eingesetzten Melder wurden ermordet. Zwischen den Erwachten und der jetzigen Mannschaft ist es offen zum Krieg gekommen. Niemand befolgt noch meine Anordnungen."
K-1 lächelte bitter und machte eine resignierende Handbewegung. „Glauben Sie nicht auch, Kommodore Ceshal, daß es unter diesen besonderen Umständen völlig gleichgültig ist, wer das Schiff befehligt?"
Ceshal schüttelte langsam den Kopf.
„Nein, das glaube ich nicht. Im Gegenteil! Es scheint mir von äußerster Wichtigkeit zu sein, daß ich das Kommando übernehme. Wir werden den Krieg im Schiff beenden. Und zwar so schnell wie möglich. Ekral, Sie sind Wissenschaftler. Denken Sie sich eine Möglichkeit aus, die Mannschaft zwar gefügig, aber nicht arbeitsunfähig zu machen. Oder halten Sie sich an die Roboter. Das wäre vielleicht Alos Aufgabe. Auf jeden Fall muß der Antrieb untersucht werden."
K-1 trat ein wenig in den Hintergrund, als Ceshal ohne viel Umschweife seine Tätigkeit begann. Der Unterschied der Jahrtausende wurde offensichtlich. Ceshal war ein junger, tatkräftiger Mann aus einem der ersten Herrschergeschlechter des alten Arkon. Die nachfolgende Degeneration war an ihm spurlos vorübergegangen, wie sie auch an allen anderen Angehörigen der ersten Generation vorübergegangen war. Und das war ein Umstand, der sich bereits im Schiff bemerkbar machte.
Die fünftausend Männer und Frauen, die damals noch die Sonne Arkon hatten am Himmel stehen sehen, setzten sich durch. Sie übernahmen alle wichtigen Positionen des Schiffes und bemannten sie mit zuverlässigen Offizieren. Die Bekleidungsdepots wurden geräumt und ihr Inhalt verteilt. Die Lebensmittelvorräte genügten für eine erste warme Mahlzeit. Noch während sie verteilt wurde, lief die Produktion wieder an. Die Roboter gehorchten den neuen Herren.
In anderen Teilen des Schiffes trafen Angehörige der ersten und letzten Generation aufeinander und lieferten sich erbitterte Gefechte. Niemand wollte die Argumente der anderen auch nur anhören. Eine Verbindung zur führenden Kommandantenschicht gab es auf beiden Seiten nicht mehr, aber während die Leute von K-1 zu Anarchisten wurden, handelten Ceshals Untergebene so, wie die Disziplin es von ihnen verlangte und die Tradition es vorschrieb.
Aber der Hunger war mitunter stärker als jede Tradition.
Im Mitteldeck waren die Frauen zurückgeblieben. Sie erhielten Kleidung und Lebensmittel durch die Schleuse, aber der Nachschub
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